Urlaub im Grünen Hilft der Camping-Boom dem Klima?
Urlauber wollen in die Natur, das zeigt der aktuelle Campingtrend. Mit besserem Klimaschutz hat das wohl nichts zu tun, ergaben Umfragen in Aurich. Dabei kann man einiges dafür tun.
Aurich - Stippvisite in einem Auricher Reisebüro in der Innenstadt, um ein Gefühl für das Umweltbewusstsein der Urlauber zu bekommen: „Fragen die Kunden eigentlich nach umweltfreundlichem Reisen?“ Die beiden Frauen, die gerade noch gemeinsam auf einen Monitor schauten, blicken sich fragend an. Eine bläst die Wangen auf und zieht die Schultern hoch: „Nee, eigentlich nicht“, sagt sie ehrlich. Klimafreundliche Reisen habe man eh nicht speziell im Angebot. Nach einem Ausgleich durch Bäumepflanzen frage auch niemand, fügt sie hinzu.
Was und warum
Darum geht es: Der Camping-Trend ist ungebrochen, doch was bringt der Urlaub in der Natur dem Klima?
Vor allem interessant für: Camper und alle Urlauber, die sich Gedanken über den Umwelt- und Klimaschutz machen
Deshalb berichten wir: Bei der Recherche zum Thema stießen wir auf den Aspekt des Klimaschutzes beim Campingurlaub.
Die Autorin erreichen Sie unter: n.boening@zgo.de
Mit dieser Aussage will sie natürlich nicht in die Öffentlichkeit. Auch ein angerufener Anbieter von Wohnmobilen möchte über das Thema Klimaschutz im Urlaub und über klimafreundliche Wohnmobile lieber nicht reden. Für ihn schließen sich Urlaub und Klimaschutz generell aus. „Wenn Sie das Klima schützen wollen, bleiben Sie zu Hause“, ist seine Meinung. Die ist nicht zur namentlichen Erwähnung in der Presse gedacht, versteht sich. Schalten die Menschen also im Urlaub nicht nur ab, sondern auch ihr ökologisches Gewissen aus?
Trend zur Natur und gegen den Klimaschutz?
Seltsam, denn eigentlich gibt es einen Trend zur Natur. Denn die zunehmende Nachfrage nach Campingurlaub bringt die Menschen der Natur immerhin räumlich näher, auch wenn Umwelt und Klima davon erst einmal nichts haben. Denn viele Urlauber kommen motorisiert ans Ziel. Immerhin ist Urlaub im eigenen Land weiter im Trend, vor allem auf Campingplätzen. Dort haben im vergangenen Jahr so viele Menschen übernachtet wie noch nie zuvor. Es waren rund 40 Millionen Übernachtungen und damit etwa 22 Prozent mehr im Vergleich zum Vorjahr, wie eine Auswertung des Portals camping.info ergab.
Dass der Campingurlaub so gut ankommt, dafür gebe es zwei Gründe, sagte eine Sprecherin des Portals der Deutschen Presse-Agentur. Einerseits einen Trend zum naturnahen Urlaub. Auf der anderen Seite nutzen viele Menschen die in der Corona-Pandemie gekauften Wohnmobile weiter. Niedersachsen hatte im Jahr 2022 als Reiseziel bei ihnen nach Bayern die Nase vorn. Auf den Freistaat folgt das norddeutsche Bundesland mit etwas mehr als 5,7 Millionen Übernachtungen. Damit verzeichnet es einen Zuwachs von fast 19 Prozent im Vergleich zu 2021.
Das Gute liegt nah
Allein auf eine Flugreise und lange Anfahrtswege zu verzichten und in Deutschland zu bleiben hilft dem Klima, heißt es auf der Internetseite des Umweltbundesamtes (UBA). Das ist schon einmal ein Pluspunkt für den Campingurlaub in Deutschland. „Im Umkreis von nur 1000 Kilometern liegen Urlaubsziele, die das bieten, was die meisten im Urlaub suchen: Erholung, Wälder, Berge, Strand und jede Menge Sehenswürdigkeiten“, heißt es dort. Warum also in die Ferne schweifen? Laut UBA belasten vor allem die An- und Abreise die Umwelt. Dabei spielt nicht nur die Entfernung, sondern auch die Wahl des Verkehrsmittels eine große Rolle. Da fängt das Problem an.
Mit der Nachfrage des Camping-Urlaubs nahm vor allem die Zahl der Reisemobile und Wohnwagen zu. 2022 waren fast 1,6 Millionen dieser Fahrzeuge zugelassen, 2021 waren es noch rund 1,5 Millionen und 2015 lediglich knapp eine Million. Ein deutlicher Trend zurück zur Natur und dafür weg vom Klimaschutz? Es scheint so. Ein Wohnmobil, das mit zwei Personen für einen mobilen Urlaub durch Deutschland fährt, ist schließlich kein Umweltengel. Aber wie schlimm ist es wirklich?
So wird Campingurlaub klimafreundlicher
Die Emissionen von Reisemobilen und ihr Energieverbrauch sind hoch, hatte der Naturschutzbund Deutschland schon vor einem Jahr gewarnt. Fabian Bergk vom Institut für Energie- und Umweltforschung (ifeu) hat beides für verschiedene Reisetypen im Jahr 2020 in der Studie „Klimabilanz von Reisen mit Reisemobilen und Caravans“ für den Caravan Industrie Verband miteinander verglichen. Demnach ist Caravaning zwar gegenüber Kreuzfahrten und Flug-Fernreisen etwas vorteilhafter. Jedoch beträgt der verringerte CO₂-Ausstoß – je nach Typ und Größe des Wohnmobils – gegenüber einer Flugreise nur etwa 10 Prozent.
Gegenüber Reisen mit dem Auto sind Fahrten mit Reisemobilen oder Wohnwagen nur dann besser für Klima und Umwelt, „wenn sie als langsames Reisen verstanden werden“. Also wenn wenige und lange Urlaube mit möglichst kurzen Strecken unternommen werden. Die Bilanz verbessere sich weiter, je mehr Personen mitreisen oder wenn die Reisenden ihr Gefährt erst am Zielort mieten, aber mit Bahn oder Fernbus anreisen. Besonders der Trend zu immer größeren Mobilen steht dem Klimaschutz im Weg.
Die Fahrweise macht den Unterschied
Am klimafreundlichsten sind natürlich die kleinen Modelle. Aber beim Urlaub mit dem Wohnmobil oder Wohnwagen spielt nicht nur eine Rolle, was man fährt, sondern auch wie. Laut Fabian Bergk vom ifeu-Institut verbessert sich die Bilanz beim Campen, wenn man weniger weit, weniger schnell und weniger oft fährt.
Auch die Fahrweise beeinflusst den Kraftstoffverbrauch und den Ausstoß von klimaschädlichem CO₂. Deshalb gilt laut Umweltbundesamt: Langsam, besonnen und vorausschauend fahren. Denn bei höherem Tempo steigt auch der Spritverbrauch deutlich an. Wer niedertourig, vorausschauend und gleichmäßig fährt, kann seinen Spritverbrauch deutlich drosseln und damit seinen Geldbeutel schonen. Auch der richtige Reifendruck ist wichtig, denn ein falscher ist nicht nur ein Sicherheitsrisiko, sondern leert auch schneller den Tank – ebenso wie das Einschalten der Klimaanlage. Auch wer nicht umweltfreundlicher mit der Bahn, dem Kanu, per Fahrrad oder zu Fuß Urlaub macht, kann also noch ein wenig für das Klima herausholen.
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