Cineasten auf der Insel Warum ein Norderneyer Paar ganz verrückt auf das Filmfest ist
Die Eheleute Günther und Ilse Kaput sind begeisterte Kinogänger. Beim Filmfest auf ihrer Heimatinsel gucken beide aber nicht nur Filme.
Norderney/Emden - Wenn es auf Norderney um das Filmfest geht, kommt man an ihnen nicht vorbei: Günther und Ilse Kaput sind so etwas wie Urgesteine des Festivals auf der Insel. Seitdem das Kino-Ereignis 1999 - dem neunten Jahr nach der Gründung - eine Brücke vom Festland auf das ostfriesische Eiland schlug, sind die filmverrückten Eheleute buchstäblich in der ersten Reihe dabei. Sie gucken aber nicht nur Filme, sondern helfen auch bei der Organisation.
Was und warum
Darum geht es: um ein filmverrücktes Ehepaar von der Insel Norderney, das sich für das Filmfest Emden-Norderney engagiert
Vor allem interessant für: alle, die Geschichten über Menschen mögen, und diejenigen, die sich für das Filmfest interessieren
Deshalb berichten wir: Wir hatten nach Filmverrückten gesucht, die das Filmfest schon lange begleiten. Fündig geworden sind wir auf Norderney. Den Autor erreichen Sie unter: h.mueller@zgo.de
Günther Kaput ist überzeugt davon, „dass ein solches Festival ohne ehrenamtliche Helfer nicht läuft“. Der 79-Jährige verbringt schon seit 20 Jahren die Woche vor der Eröffnung stets am Festival-Schalter im Conversationshaus der Insel. Dort unterstützt er das Team der Kurverwaltung und spricht Gäste an. Er macht ihnen das Filmprogramm auf der Insel schmackhaft und erläutert ihnen wortreich, welche neue Streifen sie nicht verpassen sollten. Dabei sei er „sehr erfolgreich“, sagt der Senior mit spitzfindigem Humor in der Stimme. Denn die meisten Leute würden nach dem Gespräch mit ihm gleich Karten kaufen.
Das Programm kennen sie aus dem Effeff
Das aktuelle Programm des Filmfestes beherrschen Günther und Ilse Kaput aus dem Effeff. Und nicht nur das. Sie wissen auch, worum es in den Filmen geht, wer Regie führt, wer die Hauptdarsteller sind und welche Filme in der Vergangenheit beim Filmfest besonders erfolgreich waren. Spricht man mit beiden, sprühen sie nur so vor Begeisterung. Der 79-Jährige und seine sechs Jahre jüngere Frau sind seit ihrer Kindheit begeisterte Kinogänger, echte Cineasten also. Sie sind so filmverrückt wie wohl kein anderer auf der Insel.
Die Eheleute wurden beide auf Norderney geboren. Seine ersten Berührungen mit der schillernden Welt des Films hatte Günther Kaput als Steppke. „Damals war die Insel noch von den Briten besetzt“, erinnert er sich. Die Soldaten hätten teils mit ihren Familien auf Norderney gelebt. Für die Kinder seien mittwochs Filme im Kurtheater gezeigt worden. „Damals habe ich einfach gefragt, ob ich mit gucken könne“, erzählt Günther Kaput.
Sie saßen schon als Kinder oft im Kino
Später seien stets sonntagnachmittags Filme für Kinder im Kino gelaufen. Der Eintritt habe 50 Pfennig gekostet. „Das Geld hatte ich mir immer schon immer eine Woche vorher dafür zurückgelegt“, so der 79-Jährige. Auch für seine spätere Frau war der Kinobesuch während der Kindheit ein sonntägliches Ritual. Kennen und lieben gelernt hat sich das Paar allerdings nicht im Kino, sondern beim Theaterspielen. Das war Mitte der 1960er Jahre. Damals stießen beide zum Norderneyer Laientheater.
Das Kino hat sie aber nie losgelassen. Es ist stets ihre große Leidenschaft geblieben. Deshalb gehört das Filmfest für die Kaputs zu den Höhepunkten des Jahres. Sie lassen kaum einen Film aus, helfen aber bei den Einlasskontrollen.
Wenn die Filmprojektoren Schatten werfen
Günther Kaput betätigt sich zudem auch als eine Art Platzanweiser im Kurtheater. Diese Spielstätte hat nämlich eine Besonderheit. Auf der Empore des Saals dürfen nicht alle Plätze besetzt werden, weil die Filmprojektoren sonst Schatten auf die Leinwand werden. Der 79-Jährige bittet das Publikum deshalb auch freundlichst darum, dort während der Vorführung möglichst nicht hin- und herzulaufen.
Einmal, erinnert sich Günther Kaput, habe der Schauspieler Jan-Josef Liefers („Tatort“, „Die Sturmflut“, „Der Untergang der Pamir“) auf einem Sitz vor den Projektoren Platz genommen, der eigentlich nicht besetzt werden durfte. Ihm habe er nur einen Satz gesagt: „Lieber Herr Liefers, wenn Sie gleich Jan-Josef Liefers auf der Leinwand sehen wollen, sollten Sie sich hier nicht hinsetzen.“ Der Darsteller folgte dem Rat prompt und sah sich von anderer Stelle in dem Streifen „Es liegt mir auf der Zunge“ in der Hauptrolle des ersten deutschen Fernsehkochs Clemens Wilmenrod, der Klassiker wie den Toast Hawai erfand.
Freundeskreis hält die Norderneyer Fahne hoch
Das ist nur eine von vielen Anekdoten, die Günther und Ilse Kaput in 24 Jahren bei den Filmfestivals auf der Insel erlebt haben. Seit 1999 gibt es auch den Freundeskreis Norderney des Filmfestes. Es ist eine Art Fan-Club, der sich nach den Kinotagen in gemütlicher Runde im Stammlokal „Old Smuggler“ zur Manöverkritik trifft oder auch mit Regisseuren und Schauspielern zusammenkommt.
Dem losen Zusammenschluss kann beitreten, wer schon dreimal eine Veranstaltung des Festivals auf der Insel besucht hat. „Mittlerweile haben wir etwa 40 Mitglieder, von denen etwa 20 bis 30 zu den Treffen kommen“, sagt Günther Kaput. Es seien sowohl Insulaner als auch Gäste. Er und seine Frau sind natürlich von Anfang an dabei. Dreimal waren sie auch mit dem Freundeskreis schon bei der Preisverleihung in Emden, um die Fahne der Insel hoch zu halten.
Einen Film empfehlen die Norderneyer besonders
Der pensionierte Postbeamte und seine Frau, die früher auch ein Gästehaus führten, geraten immer wieder ins Schwärmen, wenn sie vom Filmfest sprechen. „Es bietet viele Perlen“, sagt der 79-Jährige. In den kommerziellen Kinos liefen hingegen meist nur Action-Filme. „Die müssen wir uns aber nicht mehr antun“, fügt er hinzu. Er mag dieses Festival vor allem auch, „weil es fürs Publikum gemacht ist“.
Für die 33. Ausgabe des Kino-Ereignisses empfehlen Günther und Ilse Kaput mehrere Streifen, die man sehen sollte. Der Eröffnungsfilm „Divertimento - Ein Orchester für alle“ gehört ebenso dazu wie „Die Rumba-Therapie“ oder „Letzter Abend“. In der Aufzählung darf der Streifen „Eleha“ von Milena Aboyan nicht fehlen. Denn die Regisseurin erhält in diesem Jahr den „Norderneyer Engel“, den Integrationspreis der Insel.
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