Ausbildung und Integration Emder sind die Besten in Niedersachsen

| | 17.06.2023 06:59 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Laura Iken (von links), Jost van Züren, Karyn Kalashian, Dennis Berg, Ardi Tusha, Sabine Noetzel und Fabian Ites haben in Hannover nicht nur den Preis abgeholt. Auch das Gästehaus der Landesregierung dürften sie besichtigen. Foto: Niedersächsisches Kultusministerium
Laura Iken (von links), Jost van Züren, Karyn Kalashian, Dennis Berg, Ardi Tusha, Sabine Noetzel und Fabian Ites haben in Hannover nicht nur den Preis abgeholt. Auch das Gästehaus der Landesregierung dürften sie besichtigen. Foto: Niedersächsisches Kultusministerium
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Zwei Projekte der Emder BBS I wurden vom Kultusministerium ausgezeichnet. Wie die Projekte aussahen, was den Schülern vermittelt wurde und welchen Preis die Schule in Hannover überreicht bekommen hat.

Emden - Karyna Kalashian (18 Jahre) kommt aus dem Süden der Ukraine und besucht seit neun Monaten die Berufseinstiegsschule (BES) Sprache und Integration in Emden. Julian Ulrich (21) ist im ersten Ausbildungsjahr zum Physiotherapeuten. Was haben die zwei gemein? Beide waren an Projekten beteiligt, die kürzlich vom niedersächsischen Kultusministerium ausgezeichnet wurden.

Was und warum

Darum geht es: wie Ausbildungsberufe Emder Schülerinnen und Schülern näher gebracht werden

Vor allem interessant für: alle, die sich für (Aus-)Bildung und Projekte interessieren

Deshalb berichten wir: Eine Pressemitteilung zur Preisverleihung flatterte in unser Postfach, da wollten wir mehr über die Ideen hinter den Projekten erfahren.

Die Autorin erreichen Sie unter: j.oltmanns@zgo.de

Bei den beiden Projekten standen allerdings unterschiedliche Schwerpunkte im Fokus: Zum einen sollten die ukrainischen Schülerinnen und Schüler der BES besser über das Ausbildungssystem in Deutschland informiert werden. Zum anderen wollten die angehenden Physiotherapeuten für ihren Beruf werben und so aktiv dem Mangel von Fachkräften entgegenwirken.

Möglichkeiten aufzeigen

Die Sprach- und Integrationsklasse, bestehend aus 15 ukrainischen Schülern und Schülerinnen und hauptsächlich betreut von Maria Oelrich und Dennis Berg, besuchte in einem Zeitraum von einigen Wochen vier verschiedene Emder Betriebe. Dort wurde sie von 25 Auszubildenden im Groß-, Außenhandel und E-Commerce herumgeführt und erhielt so Einblick in das Ausbildungssystem.

Die Schüler und Schülerinnen der BES bei der Besichtigung eines Emder Unternehmens. Foto: Privat
Die Schüler und Schülerinnen der BES bei der Besichtigung eines Emder Unternehmens. Foto: Privat

Ende Juni haben die Auszubildenden im Großhandel ihre letzten Prüfungen. „Das Projekt kurz vor Ende der Ausbildung hat ihnen aber nochmal die Möglichkeit gegeben, zurückzuschauen auf die vergangenen drei Jahre“, erzählt Berg. „Vor allem sollte das Projekt zeigen, was die duale Ausbildung in Deutschland zu bieten hat. In der Ukraine gibt es das System ja so gar nicht.“

Was vermittelt wurde

Auch Karyna hat viel aus dem Projekt mitgenommen: „Es war interessant, weil wir verschiedene Unternehmen kennengelernt haben. Auch wenn es zwischendurch viele Informationen waren.“ Im Februar hat die Klasse dann Praktika gemacht, unter anderem in den beteiligten Unternehmen. „Ich war in einem Restaurant in Emden. Das hat mir auch sehr gut gefallen“, sagt Karyna.

Ihre Pläne für die Zukunft wurden durch das Projekt und das aktive Kennenlernen der deutschen Ausbildungsstruktur konkreter: „Nächstes Jahr besuche ich in die Höhere Handelsschule im Bereich Büromanagement“. Interkulturelle und sprachliche Hürden zu überwinden, sei für die Auszubildenden ein ganz neuer Aspekt gewesen, so Berg. „Sie haben zum Abschluss gesagt, dass es mal etwas anderes war, ihren Betrieb so vorzustellen und auch Ukrainer zu treffen.“

Deutsch als Fremdsprache

Die Sprache ist nicht nur im Alltag wichtig, sondern eben auch für die berufliche Zukunft der Ukrainer. Karyna lernt erst seit neun Monaten Deutsch, aber in Hannover bei der Preisverleihung beschrieb sie das Projekt aus ihrer Perspektive. „Da waren viele Leute, die ich nicht kannte. Nach der Präsentation sind welche zu mir gekommen und haben mir gesagt, dass ich gut deutsch spreche“.

In den ukrainischen Farben zeigte sich die BBS Emden. Foto: Privat
In den ukrainischen Farben zeigte sich die BBS Emden. Foto: Privat

Auch die Freundschaft mit einer Klassenkameradin ist dank ihrer neuen Sprachkenntnisse erst möglich geworden: „Harleen kommt aus Indien und sprach nur Englisch“, was in der Ukraine kaum unterrichtet wurde. Inzwischen sind die beiden gute Freundinnen, auch wenn sie sich nur auf Deutsch unterhalten können.

Idee der Schüler

Bei den Physiotherapeuten kamen die Schülerinnen und Schüler auf die Idee einen Infotag zu ihrer Ausbildung zu organisieren. Julian und andere Auszubildende fragten sich, wie man den Beruf vorstellen kann und Lust auf eine Ausbildung in dem Bereich erweckt. „Wir haben uns halt gefragt, was uns begeistert hätte, was hätte uns interessiert und so haben wir schonmal Themenbereiche festgelegt, die wir präsentieren wollten.“

Viele Interessierte kamen zu dem Infotag der Physiotherapeuten. Foto: Privat
Viele Interessierte kamen zu dem Infotag der Physiotherapeuten. Foto: Privat

Mitte Februar war es dann soweit: „Wir haben mehrere Stände aufgebaut mit unterschiedlichen Themen. Ich war zum Beispiel bei dem Maximalkrafttest vom Bizeps“, so Julian. „Die meisten Ideen kamen von den Auszubildenden“, erzählt Jost van Züren, Klassenlehrer in der Physiotherapie.

Von Schulterverletzungen zum Matjeslauf

Julian ist im zweiten Jahrgang, der an der BBS I Emden den Beruf Physiotherapeut erlernt. Auf diesen Weg hat ihn eine wiederkehrende Schulterverletzung gebracht: „Ich wurde physiotherapeutisch behandelt und da fand ich das schon cool. Nach meinem Freiwilligen Sozialen Jahr hab‘ ich dann wieder behandelt werden müssen. Da hab‘ ich mich dann dafür begeistert und hab auch mitbekommen, dass man das jetzt auch hier ausgebildet wird“.

Beim Projekttag wurde auch die Kraft der Bizeps von Julian Ulrich getestet. Foto: Privat
Beim Projekttag wurde auch die Kraft der Bizeps von Julian Ulrich getestet. Foto: Privat

Wegen des Fachkräftemangels überlegen sich die Auszubildenden immer mal wieder etwas neues, um für den Beruf zu werben. „Beim Matjeslauf waren wir letztens auch dabei und haben den Läufern Massagen angeboten. Die Nachfrage war da auch sehr hoch“, erzählt Julian.

In Hannover geehrt

Eine Delegation der Schule, unter anderem mit Schulleiterin Sabine Noetzel und den beteiligten Auszubildenden Laura Iken, Fabian Ites (beide Großhandel) und Ardi Tusha (Physiotherapie), hat in Hannover das Preisgeld für den ersten Platz im Landeswettbewerb „Eine Stunde für ... - Auszubildende informieren über ihre Ausbildung“ von Kultusministerin Julia Willie Hamburg erhalten.

Julia Willie Hamburg (links, Grüne), niedersächsische Kultusministerin überreichte den Preis an die Emder Delegation. Foto: Privat
Julia Willie Hamburg (links, Grüne), niedersächsische Kultusministerin überreichte den Preis an die Emder Delegation. Foto: Privat

Was passiert mit den 1500 Euro Preisgeld? Die Klassenkassen werden gefüllt. „Für die Abschlussfahrt zur Insel oder die nächste Sprach- und Integrationsklasse wird das Geld schon irgendwie gut verwendet werden“, so Berg.

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