Interview Die Krummhörn hat eine neue Pastorin
Barbara Wündisch-Konz hat im Rheiderland die Koffer gepackt, nachdem es dort Reibereien mit dem Kirchenrat gegeben hatte. Ein Interview über moderne Gemeindearbeit und Zukunftspläne.
Krummhörn - Die Reibereien in der 1700-Seelen-Kirchengemeinde in Stapelmoor (Landkreis Leer) machten überregionale Schlagzeilen. Am Ende wollten Pastorin Barbara Wündisch-Konz und der Kirchenrat nicht mehr zusammenarbeiten und traten zurück. In einem Interview sagte die Pastorin damals, dass sie nichts erneuern oder verändern konnte, weil der Kirchenrat das nicht gewünscht habe - der Kirchenrat wies diese Vorwürfe zurück. Seit dem 18. Juni ist die 52-Jährige nun die neue Pastorin der Krummhörner Kirchengemeinden Visquard, Groothusen und Uttum, Manslagt kommt hinzu, sobald die dortige Stelle ausläuft.
Was und warum
Darum geht es: ein Interview mit der neuen Krummhörner Pastorin, Barbara Wündisch-Konz
Vor allem interessant für: alle, die der Kirche angehören oder sich für die Gemeindeentwicklung in der Krummhörn interessieren
Deshalb berichten wir: Barbara Wündisch-Konz war zuvor im Rheiderland tätig und ist nun in die Krummhörn gewechselt. Wir wollten sie einmal vorstellen. Die Autorin erreichen Sie unter: h.weiden@zgo.de
Wündisch-Konz stammt aus Oldenburg, hat Theologie in Tübingen, Jerusalem und Berlin studiert und war danach viele Jahre in der Pressearbeit für diakonische Einrichtungen tätig. Vor fünf Jahren fasste sie den Entschluss, als Pastorin zu arbeiten. Wir haben uns mit ihr über die Krummhörn, moderne Gemeindearbeit und ihre Pläne für die Zukunft unterhalten.
Moin Frau Wündisch-Konz. Schon gut angekommen und nett in Empfang genommen worden?
Barbara Wündisch-Konz: Ich bin sehr herzlich in Empfang genommen worden. Die Menschen sind total freundlich und offen. Sie freuen sich, wieder eine Pastorin zu haben. Das ist eine echte und aufrichtige Freude, glaube ich. Insgesamt ist es hier ganz offen und nett, das finde ich wirklich schön.
Offener als im Rheiderland?
Wündisch-Konz: Es war in Stapelmoor vor allem ein Konflikt mit dem Kirchenrat. Das mit dem Knatsch am Ende hätte nicht sein müssen. Es gab eine Whatsapp-Gruppe mit 300 Mitgliedern, die hinter mir standen aus der Gemeinde. Die wollten, dass ich bleibe. Aber dort war für mich wirklich kein Bleiben mehr. Die Arbeitsgrundlage war schlecht. Da gab es einen sehr dominanten und autokratisch patriarchalen alten weißen Mann. Es war unangenehm - und da man die Wahl hat, dachte ich, verändere ich mich lieber noch einmal. Für meinen Mann war klar, dass er überall mit hingeht. In Ostfriesland fühlten wir uns aber grundsätzlich wohl.
Warum fiel Ihre Wahl dann auf die Krummhörn?
Wündisch-Konz: Ich hatte noch andere Stellenangebote und hätte mich eigentlich bundesweit umschauen können. Ich finde die Krummhörn aber mit den Warfendörfern und den Gemeinden als Gegend kulturell sehr spannend. Die Menschen sind immer noch kirchlich und engagieren sich auch. Es gibt verschiedene Kreise - etwa Gesprächskreise, einen Frauenkreis oder auch den Posaunenchor in Uttum. Da bin ich jetzt auch beigetreten, ich spiele Posaune. Das ist hier alles sehr lebendig und daran möchte ich gern mitwirken. Und ich finde es hier etwas aufgeschlossener.
Welche Themen bringen Sie mit? Was ist Ihnen besonders wichtig?
Wündisch-Konz: Neben der klassischen Gemeindearbeit ist mir das Thema Bildung besonders wichtig. Mehr Menschen zum Lektorendienst oder zum ehrenamtlichen Pastorendienst zu befähigen. Die Fähigkeit, die Schrift und die Bibel auszulegen und das unters Volk zu bringen. Die Kanzel gehört nicht allein den Pastorinnen und Pastoren. Die zehn Gebote oder generell die Gebote weiterzugeben. Respekt vor den Menschen und vor seinem Nächsten. Was heißt Nächstenliebe? Da möchte ich auch den Kindern und Jugendlichen im Konfirmandenunterricht auf jeden Fall was mit auf den Weg geben.
Mir ist das grundsätzlich auch ganz wichtig, für Jüdinnen und Juden einzutreten und auch für andere Minderheiten. Für mehr Respekt und Toleranz und Menschenwürde - auch für Geflüchtete. Wer weiß, ob wir irgendwann Kirchenasyl bräuchten. Die Kirche hat sehr viele Räume, Gemeindehäuser und Pfarrhäuser, die leer stehen. Die Kirche sollte nicht für sich bleiben und nur um sich kreisen, sondern eher rausgehen und für die Menschen da sein.
Ein Nutzer, nach eigenen Angaben Ostfriese, schreibt unter einem Artikel über Sie in der taz, dass man in der Krummhörn wohl auch keine Weltoffenheit, Toleranz und Aufgeschlossenheit erwarten sollte. Ist zum Beispiel das Thema Traditionskonflikt, das sie in Stapelmoor ja kritisierten, nicht ein generelles kirchliches Problem und somit auch in der Krummhörn zu erwarten?
Wündisch-Konz: Ich glaube, dass hier schon eine bestimmte Verjüngung stattgefunden hat. So, wie ich die drei Gemeinden wahrnehme, sind die insgesamt schon im Umbruch gewesen. Als wir uns kennengelernt haben, war ich im Umbruch und wollte die Stelle wechseln und wusste nicht, was kommt. Da haben die gesagt: ‚Das passt zu uns, wir sind auch gerade im Umbruch.‘ Andererseits sehe ich natürlich auch die alten, treuen Gemeindemitglieder, die es verdient haben, dass ich sie ganz traditionell besuchen gehe. Das sind regelmäßige Kirchgänger, die an der Kirche und an ihrem Gottesdienst hängen. Da bin ich keine Rebellin, die alles verändern will. Aber ich muss eben sehen, dass man auch die Jüngeren anspricht, dass man Geschichten spannend erzählt. Trotzdem bleibt die biblische Botschaft ja unsere Grundlage. Ich habe große Sympathie für Traditionen, wenn die lebendig sind und sich gleichzeitig erneuern. Wenn man etwas nur der Tradition willen erhält, ist es tot.
Sie waren viele Jahre in der Pressearbeit tätig. Lässt einen das anders auf Dinge gucken?
Wündisch-Konz: Ja, auf jeden Fall. Ich frage mich zum Beispiel immer, wie unsere Kirche nach außen wirkt und was interessant an uns ist. Was ist berichtenswert? Sind wir relevant und wichtig für andere? Wie einladend wirken wir auf andere? Was stellen wir auf unsere Homepage? Die möchte ich demnächst gern für unsere Gemeinden zusammenlegen und erneuern.
Auf welche Projekte freuen sie sich besonders?
Wündisch-Konz: Im Sommer auf jeden Fall die Konzertreihe ‚Innehalten‘. Das ist eine ganz schöne Reihe, die kommt auch von Ehrenamtlichen aus der Gemeinde. Da gibt es einmal im Monat eine Andacht mit ganz toller Orgelmusik. Das finde ich super - auch, im Sommer dann Touristinnen und Touristen einzuladen. Ansonsten freue ich mich auf die Krummhörner Kirchturm-Tour am 2. September, da radeln ja Hunderte durch die Krummhörn, das muss mega sein. Ich glaub aber, ich radel gar nicht ganz mit, weil ich lieber in unseren Gemeinden mitbekommen will, wer uns besuchen kommt. Komischerweise freu ich mich auch schon total auf den Advent - und das mitten im Sommer.
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