Esens feiert Schützenfest Sie machen Nachtschicht, während andere Spaß haben
Beim Esenser Schützenfest machen viele die Nacht zum Tag. Aber was wäre diese Party ohne die, die hinter dem DJ-Pult oder Tresen stehen, für Ordnung sorgen und Betrunkene sicher nach Hause bringen?
Esens - Ein Bier nach dem anderen geht über den Tresen. Die fleißigen Servicekräfte bedienen, kassieren, räumen ab. Dann spülen sie die Becher für die nächste Runde. Einige von ihnen legen im Laufe einer Schicht unter Garantie mehrere Kilometer Strecke zwischen den Tischen zurück. Je später der Abend, desto ausgelassener und feuchtfröhlicher ist die Stimmung im Festzelt. Wenn Esens ab Freitag, 7. Juli, sein 446. Schützenfest feiert, wird für viele Festbesucher die Nacht zum Tag. Vor allem die Nacht von Sonnabend auf Sonntag ist die Partynacht schlechthin. Bis 3 Uhr darf dann gefeiert werden. Und das lässt sich hier niemand zweimal sagen.
Was und warum
Darum geht es: Esens feiert das 446. Schützenfest. Damit das reibungslos funktioniert, läuft im Hintergrund einiges ab. So manche Nachtschicht macht die Party des Jahres erst möglich – oder sicher.
Vor allem interessant für: Schützenfestbesucher und andere Partylöwen
Deshalb berichten wir: Das Schützenfest ist die Sause des Jahres für viele Esenser. Doch es ist längst kein Selbstläufer. Die Redaktion schaut hinter die Kulissen, was dort – auch nachts – geleistet wird. Die Autorin erreichen Sie unter: s.ullrich@zgo.de
Auf dem Schützenplatz und drum herum machen am verlängerten Festwochenende Hunderte von Menschen Nachtschichten, damit andere ausgelassen und sicher feiern können. Neben den Servicekräften und Schaustellern in den Gastronomiebetrieben sowie Fahrgeschäften sind das beispielsweise die Mitarbeiter im Bereich Security und Einsatzkräfte der Polizei, die für Ordnung sorgen. Dazu ein Team aus Sanitätern, Musikern oder aber Taxi- und Busfahrern, die am Ende der Sause dafür sorgen, dass alle sicher nach Hause kommen. Diese Arbeitszeiten liegen nicht jedem, weiß Platzmeister Dieter Kramer, genannt Buddy. „Viele Schausteller haben mit Personalengpässen zu kämpfen“, sagt er. „Die kriegen kein Personal für die Abendstunden und nachts.“ Am Freitag wird zum Beispiel nach der Eröffnung am frühen Nachmittag noch bis 2 Uhr bei Musik weitergefeiert. „Der Platz ist dann auch noch voll.“ Insgesamt bis zu 100.000 Menschen kommen den Schätzungen der Compagnie zufolge an den fünf Tagen zusammengenommen nach Esens.
Elektronische Klänge im Festzelt
Wer mit Begeisterung die ein oder andere Nachtschicht macht, ist DJ Fama. Der steht in der sogenannten Sängerhalle samstags und montags an seinem Pult. Und das bis zum Ende der Party. Schon als Jugendlicher, verrät der 31 Jahre alte Mann aus Moorweg im Gespräch mit der Redaktion, wollte er Musik machen. Bürgerlich hört der Discjockey auf den Namen Manuel Tammen. Erste Erfahrungen sammelte er mit geschätzten 16 Jahren bei Feten im Freundeskreis. Und irgendwann fragte der begeisterte Schützenfestgänger einfach nach, ob er nicht auch mal in Fleßners Festzelt für Stimmung sorgen dürfe. Er durfte. Das war vor einigen Jahren. „Damals durfte ich eine Stunde lang Musik machen.“ Heute rockt er einen Schützenfestabend entweder allein oder samstags in Zusammenarbeit mit DJ-Kollege Chris Buhl: „Wir bringen das Club-Feeling auf das Schützenfest in Esens.“
Nicht zuletzt durch diesen Wechsel hat sich das Zelt dank elektronischer Partyklänge in einen Treffpunkt für die jüngeren Schützenfestbesucher entwickelt. „Unser Hauptaugenmerk ist die jüngere Generation. Aber es gibt auch viele ab 30, die die Musik feiern.“ Tammen ist nebenberuflicher DJ. Für seine Auftritte auf dem Esenser Schützenfest nimmt er sich Urlaub. „Das ist Pflicht“, stellt er klar. Und er hätte auch frei von seinem Hauptjob als Servicemonteur für Windkraftanlagen, wenn er nicht am Mischpult stehen würde: Denn wenn das traditionsreiche Fest gefeiert wird, geht kaum ein Esenser freiwillig zur Arbeit. „Man trifft viele aus der Jugend – weil die fürs Schützenfest nach Hause kommen.“ Wenn er nicht für die passende Beschallung der Gäste sorgt, feiert Tammen selbst mit. Eine Menge Spaß hat er aber auch beim Auflegen: „Das ist ein Traumjob. Ich bin dankbar, dass ich das machen kann. Man bekommt sehr viel Energie zurück“, schwärmt er. „Wenn ein paar Hundert Leute vor dir stehen, ist das was Besonderes.“
Polizei ist rund um die Uhr vor Ort
Bei aller Freude der Festbesucher und guter Laune: Kein Schützenfest vergeht ohne Reibereien, gelegentliche Schlägereien oder Diebstähle. „Wenn Alkohol getrunken wird, dann gibt es Streitereien. Und dann eskaliert das auch mal“, sagt der Chef der Wittmunder Polizei Andreas Jacobs. Neben seinen Mitarbeitern sind beispielsweise auch Sicherheitskräfte und Sanitäter ständig unterwegs, um zu verhindern, das etwas ernsthaft aus dem Ruder läuft. „Wir sind grundsätzlich 24/7 da“, unterstreicht Jacobs. Immer mindestens zwei Beamte gehen gemeinsam auf Streife, zeigen Präsenz und sind im Problemfall ansprechbar. Vor allem zum Ende des jeweiligen Schützenfesttages sei das wichtig.
Aus der gesamten Polizeiinspektion Aurich/Wittmund kommen die Beamten an diesem Wochenende nach Esens: Schließlich sei die Sause mindestens mal das zweitgrößte Schützenfest in Niedersachsen, vielleicht sogar Deutschlands. Alle Einsatzkräfte kennen den Termin weit im Vorfeld. Urlaub nehme da im Normalfall nur, wer beispielsweise selbst in einem der vielen Vereine aktiv ist und auch mal mitfeiern will. „Für Esens ist das Fest etwas ganz Besonderes.“ Auch darauf nehme der Dienstplan Rücksicht. Die Anderen müssen ran. Und sie tun es gern, meint Jacobs. „Alle haben großes Interesse daran, dass das Fest gut läuft.“ Er bescheinigt der Compagnie sowie der Stadt- und Kreisverwaltung, dass die stimmige Konzepte hätten. Auch Krawalle gebe es kaum: „Die Leute wollen friedlich feiern.“
Er bringt sie alle sicher heim
Und am Ende einer rauschenden Partynacht stehen Thorsten Gosselink und seine dann noch immer putzmunteren Kollegen parat, um die ausgepowerten und teilweise stark betrunkenen Partylöwen sicher nach Hause zu bringen. Entlang der Hauptstraße, direkt am Eingang zum Festplatz, warten das gesamte Festwochenende über zu später Stunde Taxifahrer geduldig auf ihren Einsatz. Wenn aber am Sonnabend nach um 3 Uhr die Musik ausgeht, dann wollen kurz darauf so viele Besucher zeitgleich nach Hause, dass die Autos den Ansturm nicht bewältigen könnten. Drei Sonderbusse der Firma Edzards übernehmen das. Um 3.30 Uhr starten Gosselink und seine Kollegen zeitgleich in Richtung Aurich, Wittmund und Carolinensiel. „Das ist die beste Möglichkeit, um den Platz leer zu kriegen“, weiß der erfahrene Busfahrer. „Denn Samstag ist meistens der Haupttag.“ Auch für die Gäste liegen die Vorteile klar auf der Hand: Sie kommen für 7 Euro nach Hause, auch in größeren Gruppen. „Man kann mit mehreren Freunden zusammen fahren.“ Und: Alle können mitfeiern.
Seit 24 Jahren fährt Gosselink schon für die Esenser Firma. Die Nachtschicht beim Schützenfest übernimmt er zum ersten Mal. Nervös sei er dennoch nicht: Die Fahrgäste seien normalerweise alkoholisiert und müde, die Party mit dem Einstieg in den Bus für die meisten auch vorbei. Das wisse er aus den Erzählungen seiner Kollegen. „Wir haben in den Jahren zuvor nie Stress gehabt.“ Außerdem, ergänzt er, sei er schon oft die „Nachteule“ gefahren. Die Nachtbusse von Weser-Ems-Bus sind dafür da, Diskobesucher und andere Feiernde nachts sicher ans Ziel zu bringen. Und der Nachtbus sei in den frühen Morgenstunden auch eher ein Schlafwagen als ein Partybus, verrät er.