Würdigung eines Lebens Stadt Leer will Albrecht Weinberg Ehrenbürgerrecht verleihen

Michael Kierstein
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Von Michael Kierstein
| 06.07.2023 10:57 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Albrecht Weinberg wird eine hohe Ehrung in Leer zuteil. Foto: Ortgies/Archiv
Albrecht Weinberg wird eine hohe Ehrung in Leer zuteil. Foto: Ortgies/Archiv
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Albrecht Weinberg hat den Holocaust der Nationalsozialisten überlebt und berichtet davon. Dafür will ihn die Stadt Leer besonders ehren.

Leer - Albrecht Weinberg hat eine Mission: Der Schrecken der Nationalsozialisten darf sich nicht wiederholen. Mit 98 Jahren tritt er mit seiner Geschichte als Mahner und Warner auf. Erst Anfang der Woche besuchte er die Freie Christliche Schule Ostfriesland in Moormerland.

Was und warum

Darum geht es: Albrecht Weinberg soll das Ehrenbürgerrecht der Stadt Leer erhalten.

Vor allem interessant für: Alle, die sich für die Geschichte interessieren

Deshalb berichten wir: Im Rat wurde über die Ehrung gesprochen.

Den Autoren erreichen Sie unter: m.kierstein@zgo.de

Hautnah hat er die Schrecken der Nationalsozialisten erlebt. Und er erinnert sich an vieles aus der Zeit. Nun hat die Stadt Leer beschlossen, seine Leistungen entsprechend zu würdigen. Den Antrag dazu brachten alle Ratsfraktionen sowie der Bürgermeister ein.

Bewegende Geschichte

„Es ist ein sehr bewegender Moment. Wir wollen einem Mann, der durch unsere Straßen getrieben wurde, das Ehrenbürgerrecht verleihen“, sagt Leers Bürgermeister Claus-Peter Horst in der Ratssitzung. Der 1925 geborene Weinberg wurde im Jahr 1939 zusammen mit seiner Schwester Friedel verhaftet und in das zentrale Arbeitslager nach Großen Breesen verschleppt. Nach Auflösung des Arbeitslagers wurde er in das zentrale Arbeitslager Wulkow und dann, im Jahre 1943, in das Lager Monowitz Auschwitz III deportiert.

„Es ist ein Mann, der die Stadt Leer hassen müsste und doch lebt er seit 2012 wieder hier“, so Horst. Nun setze sich Weinberg für die Erinnerung ein. Nach der Sommerpause wolle man ihm im Rahmen eines Festakts das Ehrenbürgerrecht verleihen. Im Rat wurde dies einstimmig beschlossen. Der Geehrte freute sich über die Ehre, die ihm nun zuteil wird. „Es ist unglaublich, dass ich Ehrenbürger werde“, sagt Weinberg. Er fügt aber auch hinzu: „Ich bin ja schon Ehrenbürger von Rhauderfehn. Ich weiß, wie der Hase läuft.“ Dennoch sei die Ehrung durch die Stadt etwas sehr schönes für ihn. „Ich habe so viele tolle Leute kennengelernt, die in Stadt und Rat aktiv sind“, sagt er. Die Ehrenbürgerrechte zu erhalten, sei für ihn nicht zu glauben. „Gerade weil meine Schwester und ich ja eigentlich nie zurückkommen wollten. Es gibt keine Worte. Ich bin einfach stolz.“

Aus dem Leben eines Verfolgten

Albrecht Weinberg wurde am 7. März 1925 in seinem Elternhaus am Untenende in Rhauderfehn geboren. Zu den meisten Nachbarn hatten die Weinbergs ein gutes Verhältnis. Doch mit der Machtübernahme wurde das Leben für die jüdische Familie in Rhauderfehn beschwerlicher, unangenehmer und auch brutaler. 1936, Weinberg war elf Jahre alt, durfte er von einem auf den anderen Tag die Sundermannschule in Rhauderfehn nicht mehr besuchen. So kam er zur Jüdischen Schule nach Leer.

Seine Eltern, Flora und Alfred Weinberg, kamen im März 1943 zunächst nach Theresienstadt. Im Oktober 1944 wurden sie nach Auschwitz deportiert, wo sie vermutlich gleich nach ihrer Ankunft umgebracht wurden. Auch ihre Kinder Dieter, Friedel und Albrecht Weinberg kamen ins Vernichtungslager Auschwitz. Sie überlebten das Martyrium.

Gang in die USA

Am 17. Januar 1945 begann die Räumung des Lagers Auschwitz III/Monowitz. Auch Albrecht Weinberg begab sich auf den 62 Kilometer langen „Todesmarsch“ nach Gleiwitz. Später ging es im Güterwaggon in den Tunnel des KZ „Mittelbau-Dora“, anschließend wurde Weinberg nach Bergen-Belsen transportiert. Nach der Befreiung wanderten Friedel und Albrecht Weinberg im Januar 1947 in die USA aus.

Die Geschwister blieben ihr Leben lang zusammen. „1985 bekamen sie einen Brief aus Leer mit der Frage, ob sie die Stadt besuchen wollen würden“, erinnert sich Bruno Schachner im Rat der Stadt. Sie hätten den Brief zur Seite gelegt, dann aber doch zugesagt, da sie die Menschen wiedersehen wollten. 2011 zogen die Geschwister dann wieder zurück nach Leer. Friedel ist mittlerweile allerdings verstorben. Sie hatten nur selten mit anderen über ihre Erlebnisse gesprochen. Das änderte sich. Immer wieder ist Albrecht Weinberg an Schulen in der Region und erzählt von seinem Leben. „Es ist ein emotionaler Zugang zur Geschichte“, betont Schachner.

Weinberg wurden in seiner Geburtsgemeinde schon mehrere Ehrungen zuteil. Am 20. April 2006 wurde in Rhauderfehn eine Straße nach den Geschwistern Weinberg benannt. Das Gymnasium trägt seinen Namen und er wurde zum Ehrenbürger Rhauderfehns ernannt. Nun folgt das Ehrenbürgerrecht Leers.

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