In eigener Sache Wir wurden betrogen – und auch Sie könnten in die Falle tappen

| | 18.07.2023 17:01 Uhr | 2 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Diese Anzeige ist bei uns erschienen – und sollte unbedingt ignoriert werden. Foto: Ortgies
Diese Anzeige ist bei uns erschienen – und sollte unbedingt ignoriert werden. Foto: Ortgies
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In unseren Zeitungen sind Anzeigen mutmaßlicher Betrüger erschienen. Auf einem angeblichen Ferien-Portal gibt es Angebote, vor denen wir eindringlich warnen. Lesen Sie hier die Hintergründe.

Ostfriesland - Wer sich auf der Webseite www.ferien-direkt.com umschaut, dürfte verblüfft sein: Dort gibt es traumhafte Ferienwohnungen und Villen, etwa in Spanien, für nicht einmal 100 Euro pro Nacht. Das Angebot klingt fast zu schön, um wahr zu sein. Und aller Wahrscheinlichkeit nach ist es das auch nicht: Viele Indizien deuten darauf hin, dass es sich bei den Betreibern der Webseite um Betrüger handelt. Und wir, die Zeitungsgruppe Ostfriesland, sind Opfer ihrer Machenschaften geworden: Anfang Juli druckten wir Werbeanzeigen der Firma ab, für die wir niemals bezahlt wurden. Wir möchten Sie, liebe Leserinnen und Leser, davor warnen, auf www.ferien-direkt.com Ihren Urlaub zu buchen. Und falls Sie es schon getan haben: Informieren Sie besser die Polizei.

Der Vertrag über die Anzeigen hatte sich angebahnt, wie es üblich ist – mit einer E-Mail: Das vermeintliche Unternehmen hatte bei uns eine „Stellenausschreibung“ angefragt, was, im Nachhinein betrachtet, offensichtlich der Fehler einer automatischen Übersetzungssoftware gewesen sein dürfte. Denn eigentlich, so stellte es sich im weiteren Schriftverkehr heraus, wollte www.ferien-direkt.com in der Zeitung keine Jobs anbieten, sondern Menschen zur Buchung von Ferienunterkünften animieren. Die Anzeigen sind am 1. und 8. Juli in Ostfriesen-Zeitung, General-Anzeiger, Ostfriesischen Nachrichten und Sonntagsreport erschienen. Die von uns am 13. Juli versandte Rechnung über mehrere Tausend Euro wurde allerdings nicht bezahlt – stattdessen bekamen wir Post von einer Hamburger Reederei.

„Haben schon über 20 Rechnungen bekommen“

„Die Firma ‚Ferien-Direkt.com‘ existiert nicht, die Betrüger haben sich unsere Adresse als Fake-Adresse ausgesucht“, heißt es dort. Und tatsächlich: An der angegebenen Anschrift ist die Reederei ansässig, von einem Ferien-Anbieter keine Spur. „Wir haben schon über 20 Rechnungen von Zeitungsverlagen bekommen“, sagt eine Reederei-Mitarbeiterin am Telefon. Wieso die mutmaßlichen Betrüger sich ausgerechnet diese Anschrift ausgesucht hätten, wisse sie nicht. Aber: „Wir vermieten einen Teil der Gebäude, möglicherweise klang es für die Betrüger plausibel, dass theoretisch auch andere Unternehmen ihren Sitz bei uns haben könnten.“ Doch Fakt ist: Außer aus den immer wieder eintrudelnden Rechnungen hat das Hamburger Unternehmen noch nie etwas von dem vermeintlichen Buchungsportal gehört.

Dabei wirbt „Ferien Direkt“ doch etwa hier mit: „Wir sind ein etabliertes Tourismusunternehmen und stolzes Mitglied des Deutschen Reiseverbandes.“ Zwei angebliche Fakten, die sich leicht widerlegen lassen. „Diese Firma ist kein Mitglied bei uns, es handelt sich also um eine absolute Falschbehauptung“, sagt ein Sprecher des Deutschen Reiseverbands (DRV) am Telefon. Die Rechtsabteilung des DRV habe sich der Sache bereits angenommen und erste Maßnahmen eingeleitet. „In der Regel ist das eine Mahnung“, sagt der Pressesprecher. Die wird in diesem Fall wohl aber ins Leere laufen: An der angegebenen Anschrift existiert das angebliche Unternehmen schließlich nicht, unter der im Impressum angegebenen Telefonnummer erreichen wir nur einen Anrufbeantworter.

Wir stellen Strafantrag

Auch dass „Ferien Direkt“ ein „etabliertes Tourismusunternehmen“ sei, lässt sich leicht ausschließen. Mit einer sogenannten Whois-Abfrage lassen sich diverse Informationen über Webseiten im Internet einholen. Demnach ist die Domain www.ferien-direkt.com erst am 16. Juni dieses Jahres registriert und auch zum letzten Mal aktualisiert worden. Das Impressum der Webseite nennt eine gewisse Vanessa Camara als Verantwortliche, in der Whois-Abfrage ist Canessa Camara hinterlegt. Vermutlich handelt es sich um einen falschen Namen, denn in Hamburg ist zu dieser Person absolut nichts in Erfahrung zu bringen. Provider der Domain ist eine Firma, die ihren Sitz in Hongkong zu haben scheint – mit einer Telefonnummer aus der chinesischen Sonderverwaltungszone Macau.

Ob Ostfriesinnen oder Ostfriesen bereits auf dem angeblich seriösen Internetportal gebucht haben, wissen wir nicht. Angesichts der mehr als 20 bei der Hamburger Reederei eingetroffenen Rechnungen für bereits erschienene Werbeanzeigen wissen wir aber, dass auch andere Zeitungsverlage deutschlandweit betroffen sind – beispielsweise die Hamburger Morgenpost. Die Zeitung hat eigenen Angaben zufolge bei der Hamburger Staatsanwaltschaft bereits Strafanzeige wegen Betrugsverdachts erstattet. Und auch wir werden einen Strafantrag stellen. Zum Abschluss noch einmal eine Bitte, die man von uns vermutlich noch nie gehört hat: Bitte ignorieren Sie diese bei uns erschienenen Anzeigen. Wir warnen vor einer Buchung auf www.ferien-direkt.com.

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