Ehrenamt in der Krummhörn Sie besuchen die Senioren auch dann, wenn es sonst keiner tut
Zu den Aufgaben der Ortsvorsteher gehören unter anderem die Besuche der alten Bewohnerinnen und Bewohner im Ort. Ein Gespräch mit drei Ehrenamtlichen aus Pewsum.
Pewsum - Sonja Heyen ist mit Herzblut bei der Sache. Wenn sie anfängt, über ihr Ehrenamt zu erzählen, fallen ihr gleich mehrere spannende Geschichten ein. Vor allem sind es die Begegnungen mit den Menschen, die der Pewsumer Ortsvorsteherin in Erinnerung geblieben sind. Seit mittlerweile fünf Jahren ist sie in diesem Amt tätig. Ihre Hauptaufgabe: Ansprechpartnerin für alle Pewsumerinnen und Pewsumer sein. Dazu gehört zum Beispiel, die älteren Bewohner an ihrem Geburtstag oder zu Ehejubiläen zu besuchen, die Vereine zusammenzubringen, Müllsammelaktionen im Ort zu organisieren oder ein offenes Ohr für mögliche Probleme zu haben. „Eigentlich also alles, was im Dorf so passiert“, sagt sie.
Was und warum
Darum geht es: drei Ehrenamtliche aus Pewsum
Vor allem interessant für: alle, die aus Pewsum kommen und alle, die sich für ehrenamtliches Engagement interessieren
Deshalb berichten wir: Johann Schüller hat sein Amt kürzlich an seine Tochter übergeben. Das haben wir zum Anlass genommen, nochmal über die Arbeit der (stellvertretenden) Ortsvorsteher zu berichten. Die Autorin erreichen Sie unter: h.weiden@zgo.de
Als sie damals neu im Amt war, musste sie sich bei einigen Bewohnern aber erst einmal beweisen - auch, so vermutet sie, weil sie die erste Frau in diesem Posten war. „Da wurde ich dann von einigen älteren Männern ganz genau beäugt. Das war schon amüsant“, erinnert sie sich. Mit selbstbewussten Kontersprüchen seien solche Situationen dann aber auch erledigt gewesen.
Über 300 Geburtstags-Besuche im Jahr
Ihr stellvertretender Wegbegleiter war in den letzten fünf Jahren Johann Schüller, der sie auch zu dem Amt „eingeladen“ hat. Der Posten wurde damals nach der Kommunalwahl neu vergeben. Schüller ist Mitglied im Gemeinderat für die SPD, die als stärkste Fraktion den Ortsvorsteher oder die Ortsvorsteherin stellen durfte. Schüller und Heyen kannten sich schon vorher durch die Arbeit in einer Theatergruppe und sie mit ihrer offenen Art „einfach die Richtige für den Posten“, sagt Schüller.
Weil Sonja Heyen aber berufstätig ist, hat Schüller ihr als Stellvertreter unter die Arme gegriffen. „Johann hat zum Beispiel die Alten-Besuche in den Heimen übernommen“, sagt Heyen. Sie wiederum die Geburtstagsbesuche bei den älteren Menschen Zuhause. Insgesamt machen die über 300 Geburtstags-Besuche im Jahr auch den Großteil der Arbeit aus. Die älteren Menschen sind dafür sehr dankbar - manchmal sind die Ortsvorsteher die einzigen, die sie zum Geburtstag besuchen und ihnen ein kleines Geschenk überreichen.
„Uns kennt eigentlich jeder im Dorf“
Johann Schüller hat das Amt des Stellvertreters kürzlich an seine Tochter, Erika Schüller-Janssen übergeben. „Das war quasi genetisch vorgesehen“, sagt sie. Für ihren Vater war klar, dass er eine geeignete Nachfolge finden muss, da er und Sonja Heyen zuletzt immer im Team unterwegs waren. „Wir waren uns eigentlich immer in allem einig und sind immer auf einer Spur gefahren“, sagt Heyen. „Wir haben uns permanent ergänzt“, fügt Schüller hinzu.
Alle drei sind in Pewsum fest verankert, kennen ihren Ort und die Leute, die dort leben. „Uns kennt eigentlich jeder im Dorf“, sagt Sonja Heyen. Bürozeiten gebe es nicht, denn „Privat- und Arbeitszeiten sind eigentlich gleich“. Nicht selten werde sie beim Einkaufen im Supermarkt oder beim Spazieren durch den Ort angesprochen. Der Grund könne eine kaputte Straßenlaterne, eine Frage zur baulichen Entwicklung im Ort oder eine Anregung für eine Veranstaltung sein, sagt Heyen.
Altenfahrt findet nicht mehr statt
Besonders wichtig ist ihr dabei das Miteinander. Deshalb haben sie und Johann Schüller auch das Maibaum-Aufstellen in Pewsum wieder etabliert, nachdem die Tradition in den Jahren zuvor in den Hintergrund gerückt war. „Das war wirklich so ein Highlight, allein dafür lohnt sich die Mühe“, sagt Heyen. Die Früchte seiner Arbeit ernten zu können und dann auch noch positives Feedback von den Pewsumerinnen und Pewsumern zu bekommen, sei dabei der schönste Antrieb.
Doch es gab auch schon Gegenwind, etwa als das Osterfeuer abgesagt werden musste. „Das ist nicht optimal gelaufen“, sagt Heyen. Erschrocken zeigte sie sich dabei aber vor allem über die Reaktionen bei Facebook und Co.: „Ich habe auch meinen Kindern schon immer gesagt, dass sie nichts ins Internet schreiben sollen, was sie den Leuten nicht auch ins Gesicht sagen würden“, sagt Heyen. Und: „Ein Ortsvorsteher ist nicht der Prellbock für sonst was.“
Schade finden es die drei, dass die Altenfahrt, die sonst ein fester Programmpunkt für viele Bewohnerinnen und Bewohner war, in diesem Jahr nicht mehr stattfinden soll - stattdessen soll wohl ein Begegnungstag für Senioren aus der ganzen Krummhörn organisiert werden. „Bei den Beratungen waren wir aber leider nicht dabei“, so Heyen. Details dazu gibt es demnach auch noch nicht. Fest steht aber, dass die Ortsvorsteher auch in diesem Jahr wieder über 400 Weihnachtstüten an die Seniorinnen und Senioren in Pewsum verteilen werden. „Das ist für viele ein richtiges Highlight.“
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