Klimawandel und Tourismus So können Touristen dem Klima etwas Gutes tun
Seit dieser Woche kann man an der Küste in Tourist-Infos einen Reisepass bekommen, gültig zwischen Dollart und Elbmündung. Ein Marketingcoup mit grünen Folgen: Der Verkauf soll dem Klimaschutz dienen.
Neuharlingersiel/Küste - Die Tourismusagentur Nordsee (Tano) hat sich für ihren ersten Aufschlag etwas Interessantes ausgedacht: einen Reisepass für die gesamte Küstenregion zwischen Dollart und Elbmündung. Das kleine blaue Heftchen mit dem stabilen Einband sieht den tatsächlichen Reisepässen nicht ganz unähnlich und fühlt sich auch so ähnlich an. Außerdem kann und soll man sogar Stempel drin sammeln.
Was und warum
Darum geht es: Ein neuer Marketingcoup soll Tourismus und Klimaschutz an der Küste miteinander verbinden.
Vor allem interessant für: Familien und Leute, die gern Ausflüge an der Küste machen
Deshalb berichten wir: Der neue Nordsee-Reisepass wurde offiziell vorgestellt. Die Autorin erreichen Sie unter: i.oltmanns@zgo.de
Allerdings hat das Heftchen mit dem Überwinden von Grenzen nichts zu tun; nicht mal mit der unsichtbaren Grenze zwischen Ostfriesland und Friesland. Vielmehr ist es ein Marketinginstrument: Es soll die Touristen animieren, sich an der ganzen Küste umzusehen, und sie gleichzeitig sensibel machen für den Klimawandel und dessen mögliche Folgen für diese Region. „Es ist ein spielerischer Ansatz, um auf Klimafolgen hinzuweisen“, sagt Tano-Geschäftsführer Mario Schiefelbein bei einem Gespräch im Hafen von Neuharlingersiel.
Der Reisepass
Das blaue Büchlein ist laut Schiefelbein an der niedersächsischen Nordseeküste an mehr als 100 Verkaufsstellen zu erwerben, auf jeden Fall in fast allen Tourist-Informationen zwischen der Krummhörn und Otterndorf im Landkreis Cuxhaven. Man kann seinen Namen eintragen und auf den vielen freien Seiten Stempel sammeln von Ausflugszielen wie dem Leeraner Miniaturland, dem Teemuseum in Norden, dem Klimahaus in Bremerhaven oder der Puppenstube Otterndorf. Ab einer gewissen Anzahl Stempel winken Gewinne. Außerdem, findet man bei der Tano, ist so ein kompaktes Büchlein auch ein schönes Andenken an alles, was man im Urlaub so gemacht hat.
Projekt „Zukunft Nordsee“
Dieser Beitrag ist Teil des Projekts „Zukunft Nordsee“ von Ostfriesen-Zeitung, General-Anzeiger, Borkumer Zeitung, Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Deutscher Presse-Agentur (DPA). In dieser Serie beschäftigen wir uns mit Themen, die für die gesamte Küstenregion relevant sind – zum Beispiel mit dem Klimawandel, erneuerbaren Energien, der Entwicklung der Wirtschaft und dem Tourismus. Weitere Beiträge dazu finden Sie hier.
Wer den Nordsee-Reisepass aufschlägt, blättert sich aber erstmal durch ein kleines Klima-Einmaleins, inklusive eines anschaulichen Diagramms zu Temperaturveränderungen seit 1881. Starkregen, Hitze, Meeresspiegelanstieg – alles Dinge, auf die die Küsten sich vorbereiten müssen. „Gut möglich also“, heißt es im Reisepass, „dass sich auch für Urlauber hier manches verändern wird.“ Das Geld für den Pass wäre also gut angelegt, so die Botschaft. Denn der Reisepass ist nicht umsonst, er kostet zehn Euro. Die Verkaufserlöse sollen laut Tano komplett in Klimaschutz-Projekte entlang der Küste fließen. 25.000 Exemplare werden angeboten, das wären rein rechnerisch 250.000 Euro. Abzüglich der Kosten rechnet Schiefelbein vor, blieben gut 200.000 Euro für solche Vorhaben.
Die Klimaprojekte
Insgesamt soll Geld für sechs bis sieben Projekte zur Verfügung stehen. Ein paar gibt es auch schon: In Bad Zwischenahn und in Jever sollen sogenannte Tiny Forests entstehen, kleine neu angepflanzte innerstädtische Wälder also. Sie sollen das Klima verbessern und bei großer Hitze für Abkühlung sorgen. Die Stadt Jever hat ein solches Vorhaben schon bestätigt. Im kommenden Jahr soll an der B 210 am Ortsausgang Höhe Reifen Kaufmann ein kleines Wäldchen gepflanzt werden. Auf der etwa 400 Quadratmeter großen Fläche sollen demnach ausschließlich heimische Gehölze verwendet werden. Und, ja, schreibt die Stadt, die Bepflanzung und Organisation werde von der Tano übernommen.
Nach Auskunft der Tourismusagentur sollen mit dem Geld auch Schattenplätze entlang von Wanderwegen geschaffen werden. Außerdem solle das Pflanzen von Strandhafer zum Küstenschutz finanziert werden. Schiefelbein rechnet mit regem Zuspruch, nicht nur der Touristen: „Einheimische und Gäste wollen ja etwas Gutes fürs Klima tun, und mit zehn Euro ist diese Hürde sehr gering.“
Die Tourismusagentur
Der Reisepass ist die erste große Aktion, die die Tano lostritt. Die Tourismusagentur Nordsee wurde erst im Januar 2022 gegründet; und das allein war ein schon fast revolutionäres Geschehen. Denn der Tourismus an der niedersächsischen Nordseeküste zeichnet sich bisher vor allem durch eine ausgeprägte Kleinteiligkeit aus. Praktisch jedes Küstenörtchen hat seine eigene Tourismusorganisation und wirbt nur für sich. Dazu gibt es noch fünf Dachorganisationen, die Teilregionen vertreten: Die ostfriesischen Inseln, zum Beispiel, oder Ostfriesland.
Die Tano aber soll die gesamte niedersächsische Nordseeküste, von der niederländischen Grenze bis nach Schleswig-Holstein vertreten und bewerben. Erstmals in der Geschichte des Tourismus an der Nordseeküste soll die ganze Region unter einen Hut und so auch an den Urlauber gebracht werden. Die Tano ist eine kommunale Gesellschaft, sie gehört den Kommunen entlang der Küste und im anschließenden Hinterland. Konkret sind das die Landkreise Leer, Aurich, Wittmund, Friesland, Wesermarsch, Cuxhaven und Ammerland. Dazu kommen die Städte Wilhelmshaven und Bremerhaven. Die Stadt Emden ist nicht dabei.