Klimabewusst handeln Wo Auszubildende die Ökobilanz ihrer Firma verbessern

| | 26.07.2023 14:20 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Svea Röben hat sich zum Energie Scout weiterbilden lassen. Fotos: Boschbach
Svea Röben hat sich zum Energie Scout weiterbilden lassen. Fotos: Boschbach
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Svea Röben und ihr Kollege Julian Osterloh haben sich zu Energie-Scouts ausbilden lassen. Das ist für ihr Unternehmen Enneatech in Großefehn mehr als Alibi-Politik.

Großefehn - Ein Scout ist jemand, der anderen zeigt, wo es langgeht. Der Fernseh-Zuschauer kennt das aus Filmen, vielleicht aus Western. Grimmig aussehende Kerle mit großer Entschlusskraft weisen weniger Kundigen den Weg. Mit diesen Gestalten hat Svea Röben nichts gemein. Die 22-Jährige ist smart, aber durchsetzungsstark. Sie hat ihre Ausbildung als Industriekauffrau bei Enneatech (Großefehn) vor Kurzem abgeschlossen und ist eine von 27 Energie-Scouts, die die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Ostfriesland und Papenburg in sechs Workshops in diesem Sommer ausgebildet hat. Ihre Aufgabe: Sie soll ihre Firma dabei unterstützen, klimabewusster zu agieren. Seit 2014 gib es das Energie-Scouts-Programm. Mehr als 60 Industrie- und Handelskammern im gesamten Bundesgebiet bieten Unternehmen bereits diese Qualifizierungsmaßnahme an. Was Svea Röben von den anderen unterscheidet: Sie hat am Ende der IHK-Weiterbildung gemeinsam mit ihrem Kollegen Julian Osterloh eine Auszeichnung für ihr Projekt bekommen. Es qualifiziert die beiden Ostfriesen, im Sommer 2024 an einem Bundes-Entscheid in Berlin teilzunehmen.

Sie wollten nichts weniger als ein Paradeprojekt vorweisen, mit sie die Klimafreundlichkeit ihres Unternehmens vorantreiben können. Dabei seien sie fast schon an ihre Grenzen gestoßen, sagt Svea Röben im Gespräch mit der Redaktion. Denn der Kunststoffrecycling-Betrieb Enneatech engagiere sich bereits seit vielen Jahren sehr stark, um seinen ökologischen Fußabdruck so weit wie möglich zu minimieren. Schließlich sei man auf die Idee gekommen, eine Kleinwindanlage für den Betrieb zu projektieren. „Uns war schnell klar, dass wir dabei etwas Großes auf die Beine stellen müssen“, sagt die Moormerländerin. „Wir wollen grüne Energie erzeugen. Der klassische Weg ist die Solarenergie. Aber hier oben an der Küste ist es am sinnvollsten, die Windenergie zu nutzen.“

Kein Schallschutzgutachten erforderlich

Die Umsetzung sollte zügig vonstattengehen. Bei einer konventionellen Windenergieanlage wäre das nicht möglich gewesen, weil langwierige Genehmigungen hätten eingeholt werden müssen. Deshalb sei die Wahl auf eine Kleinwindanlage gefallen, die man in einem Gewerbegebiet aufstellen lassen kann, ohne eine Zulassung oder ein Schallschutzgutachen zu benötigen. „Vor Beginn der Recherche, welcher Hersteller sich eignen könnte, sind wir davon ausgegangen, dass der Markt bei diesem Produkt sehr groß ist. Das Gegenteil war der Fall“, sagt Svea Röben. Man habe Wert darauf gelegt, möglichst keine Anlage aus China auszuwählen. Die Wahl sei schließlich auf die Firma Antaris gefallen. Drei Anlagetypen unterschiedlicher Leistungsstärke seien in die engere Wahl gekommen. „Die Auswahl war natürlich auch abhängig von unserem Verbrauch. Der liegt im Schnitt zwischen vier und fünf Millionen Kilowattstunden im Jahr. Das entspricht dem Strom-Verbrauch von 1300 Einfamilienhäusern“, sagt die Bürokauffrau.

Projekt „Zukunft Nordsee“

Dieser Beitrag ist Teil des Projekts „Zukunft Nordsee“ von Ostfriesen-Zeitung, General-Anzeiger, Borkumer Zeitung, Nordsee-Zeitung, Kreiszeitung Wesermarsch und Deutscher Presse-Agentur (DPA). In dieser Serie beschäftigen wir uns mit Themen, die für die gesamte Küstenregion relevant sind – zum Beispiel mit dem Klimawandel, erneuerbaren Energien, der Entwicklung der Wirtschaft und dem Tourismus. Weitere Beiträge dazu finden Sie hier.

Sie hat dann gemeinsam mit Julian Osterloh ausgerechnet, welche Leistung eine 3,5 kW, eine 5,5 kW und eine 7,5 kW starke Anlage bringen würden. Zunächst könnte man, so die Energie-Scoutin, denken, die kleine Anlage reiche aus. „Die ist im Preis auch 10.000 Euro günstiger“, so ihre Berechnung. Letztlich sei die Wahl aber doch auf die größte Anlage gefallen. Die sei allerdings noch nicht geliefert worden. In einem nächsten Schritt haben die beiden Energiebeauftragten von Enneatech dann berechnet, ab wann sich die jeweilige Anlage amortisiert. Das Ergebnis ist eindeutig: Bei der kleinsten Anlage ist das in sieben Jahren der Fall, bei der größten bereits in etwas weniger als fünf Jahren.

Hartmut F. Schoon hält die Produkte in die Kamera, die sein Unternehmen recycelt.
Hartmut F. Schoon hält die Produkte in die Kamera, die sein Unternehmen recycelt.

Die Idee dahinter: Mithilfe der Kleinwindanlage sollen Ladestationen für E-Stapler und andere Elektrofahrzeuge betrieben werden. „Es kann aber auch sein, dass wir die Anlage nutzen, um den Stromverbrauch für unser Verwaltungsgebäude an der Schmiedestraße damit abzudecken“, stellt Hartmut F. Schoon eine weitere Idee in den Raum. Der Vorstandsvorsitzende von Enneatech begrüßt und fördert das Engagement von Svea Röben und ihrem Kollegen. Sein Betrieb ist auf die Energie-Scouts-Aktion im November 2022 über eine Radio-Werbung aufmerksam geworden. „Mensch, das ist eine tolle Idee. Junge Menschen haben einen ganz anderen Fokus auf die Umwelt als unsere Generation“, begründet Hartmut F. Schoon seine Haltung. Sein Betrieb habe zwar im Hinblick auf Energieeinsparung und Nachhaltigkeit schon sehr viel gemacht. Aber: „Man kann immer noch besser werden.“ Im Verwaltungsgebäude habe man beispielsweise Bewegungsmelder installiert. Auf dem Dach sei schon seit 2005 eine Solaranlage installiert worden. Die Temperatur der Heizung könne man über das Handy regulieren. Das seien nur kleine Beispiele. Für sein Unternehmen sei es essenziell wichtig, Herstellungsprozesse im Hinblick auf die Klimabilanz zu optimieren. Etliche Kunden wollten wissen, wie der ökologische Fußabdruck von Enneatech genau aussehe. Schwerpunktmäßig stelle sein Unternehmen vor allem technische Kunststoffe her, die etwa im Autobau, im Fensterbau, in der Möbelproduktion, in der Elektroindustrie oder bei der Bahn eingesetzt werden. Fast überall sei eine nachhaltige Produktion gefragt.

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