Serie „Fehntjer Geschichte(n)“ Wie die Gräben ins Moor kamen
Das Moor wurde von den Menschen schon vor rund 400 Jahren als ein Schatz angesehen. Hier fanden sie ein Auskommen und damit eine Zukunft. Im Jahr 1634 begann alles mit der Flumm.
Großefehn - Das Moor ist eines der großen Schätze, die Ostfriesland zu bieten hat. Es war und ist Lebensraum, Wirtschaftsfaktor und Nährboden für Geschichte und Geschichten. Wer sich durch Großefehn bewegt, muss gar nichts davon wissen. Und doch prägt es das Landschaftsbild und gibt den Gemeinden hier eine Identität. Denn ohne das Hochmoor gäbe es heute keine idyllischen Siedlungen entlang der Kanäle.
Was und warum
Darum geht es: So entstand Großefehn. In diesem Teil der Serie „Fehntjer Geschichte(n)“ schauen wir auf den Torf, mit dem hier vor etwa 400 Jahren alles begann.
Vor allem interessant für: Fehntjer und regionalgeschichtlich Begeisterte
Deshalb berichten wir: Im Rahmen der Serie „Fehntjer Geschichte(n)“ wirft die Redaktion Schlaglichter auf Besonderheiten in der Geschichte Großefehns. Es sind Ereignisse, die die 14 Ortschaften und die in ihnen lebenden Menschen zu dem gemacht haben, was sie heute sind. Die Autorin erreichen Sie unter: s.ullrich@zgo.de
Die Fehnkultur ist so präsent wie eh und je – auch dank der Arbeit, die im Fehnmuseum „Eiland“ in Westgroßefehn geleistet wird. Das Team um die Vorsitzende Kerstin Buss hat es sich zur Aufgabe gemacht, die Geschichte dieses Landstrichs zu erforschen, zu bewahren und zu vermitteln. Das Museum steht nur unweit der Keimzelle Großefehns. Dort siedelten ab den 1630er Jahren die Menschen, die aus dem einstigen Moor das machten, was wir heute als Großefehn kennen. Das „Eiland“ ist also der nahezu perfekte Standort für einen Ausflug in die Historie. „Wenn wir schon die älteste Siedlung sind, mussten wir auch die Geschichte erzählen“, unterstreicht Buss. Seit 1991 geschieht genau das. Die Schulleiterin im Ruhestand ist ausgebildete Gästeführerin und teilt ihr Wissen gern. Ebenso wie die anderen Ehrenamtlichen, die hier mitwirken.
Alles begann in Westgroßefehn
Während das Hochmoor um Großefehn vor den 1630er Jahren nur vereinzelt Menschen sah, nahm seine Kolonialisierung danach rasant Fahrt auf, weiß Buss aus zahlreichen geschichtlichen Abhandlungen. Einige wenige Siedler von Aurich-Oldendorf hatten sich diesen Standort bis zu jenem Zeitpunkt ausgesucht. In der Zeit des 11. bis 13. Jahrhunderts siedelten die Menschen bevorzugt zwischen Norden und Leer. Historiker gehen davon aus, dass es Marschbewohner gewesen sind, die nach Sturmfluten auf der Suche nach sichereren Lebensräumen waren.
Mit der Gründung der Großefehn-Compagnie verschob sich der Fokus zahlreicher Siedler nach und nach auf Westgroßefehn. Damit die Emder es warm haben und auch ihrem Gewerbe nachgehen konnten, taten sich vier Emder Kaufleute zusammen: Die wollten Torf in ihre Stadt holen. Wie sie an ihn herankamen, wussten die Ostfriesen längst: In den Dörfern nutzte man Torf lange schon als Brennstoff, da Holz damals knapp war. So sei bis hinein in die Neuzeit Bauholz, Holz für den Schiffsbau oder für Särge dem Historiker Heinrich Tebbenhoff zufolge primär aus dem waldreichen Ammerland oder aber sogar aus Norwegen eingeführt worden, schreibt dieser in „Großefehn – Seine Geschichte“.
Neue Torfquellen mussten vor 400 Jahren her
Torf hingegen kam vor der Kolonialisierung Großefehns vor allem aus dem Saterland oder den Niederlanden. Doch ab 1618 herrschte der Dreißigjährige Krieg und erschwerte alle Handelsbeziehungen und auch Transporte. Neue Quellen mussten her. Die Emder Simon Thebes, Claas Behrends, Cornelius de Rekener und Gerd Lammers sicherten sich dazu 400 Hektar Hochmoorgebiet. Sie schlossen sich dafür zu einer Fehngesellschaft zusammen. Dies sind regionale Besonderheiten, die es so nur in Ostfriesland gab, erklärte Dr. August Westerhoff in seiner wissenschaftlichen Ausarbeitung „Das ostfriesisch-oldenburgische Hochmoorgebiet. Die Entwicklung eines Landschafts- und Siedlungsbildes“.
Die Kaufleute ließen sich vom Landesherren Graf Ulrich II. von Ostfriesland eine Fläche in Erbpacht abtreten. Diese war um die 100 bis 400 Hektar groß und befand sich möglichst in der Nähe eines kleinen Flusses. In diesem Fall war es die Flumm. Über den Wasserarm wurde der gewonnene Brennstoff mit Schiffen abtransportiert. Die Flumm war also Dreh- und Angelpunkt der Kolonialisierung und auch der Grund, aus dem die Wahl auf das heutige Westgroßefehn fiel: Ausgehend von ihr wurden zunächst die Timmeler und Oldendorfer Wieke gegraben. Am 20. April 1634 begannen die Arbeiten.
In einem neuen Teil der Serie werfen wir einen weiteren Blick auf die frühen Jahre auf dem Fehn – und welche Auswirkungen die Arbeit in den Torfpütten bis heute auf die Menschen hier hat.