Zum Tag des Dinosauriers Welche Saurier gab es dort, wo heute Ostfriesland ist?
Dinosaurier sind aus Spielzeugregalen und Kino-Sälen nicht wegzudenken. Wir haben bei Experten nachgefragt, welche Urzeit-Echsen eigentlich dort gestapft und geschwommen sind, wo wir heute leben.
Ostfriesland - Die Faszination für Dinosaurier und Meeressaurier ist ungebrochen. Viele Kinder kennen die Namen und Fressvorlieben zahlreicher Urzeit-Echsen. Mindestens ein Tyrannosaurus Rex findet sich in vielen Kinderzimmern. Und bei Erwachsenen ist es nicht viel anders. Filme wie die Jurassic-World-Reihe spielen Millionen in die Kinokassen.
Was und warum
Darum geht es: Wissenswertes rund um Dinosaurier und Meeressaurier, die es einst dort gegeben hat, wo heute Ostfriesland ist
Vor allem interessant für: Leute, die sich für Urzeit-Echsen interessieren
Deshalb berichten wir: Am 2. August wird in den USA der Tag der Dinosaurier begangen. Das haben wir zum Anlass genommen, um mal nachzuhaken, welche Saurier es wohl bei uns gegeben hat. Denn: Die Faszination für Dinosaurier ist weiterhin ungebrochen. Die Autorin erreichen Sie unter: m.hanssen@zgo.de
Am 2. August wird in den USA der Dinosaurier-Tag gefeiert. Das nehmen wir zum Anlass, um zu schauen, welche Riesen es eigentlich dort gegeben hat, wo heute Ostfriesland beziehungsweise Norddeutschland liegt. Wir haben bei Wissenschaftlern in Wilhelmshaven und Münchehagen nachgefragt.
Wie hat es zur Zeit der Dinos hier ausgesehen?
Wir haben mit Kai Czepa gesprochen. Er ist Biologe und Leiter des Aquariums in Wilhelmshaven. Dort wurde erst im vergangenen Jahr die Erlebnisausstellung „Saurier - Giganten der Meere“ eingerichtet. Der Fokus aufs Wasser erklärt sich nicht nur dadurch, dass die Ausstellung in dem Aquarium ist. Sondern auch, weil in der Zeit, in der es Saurier gab, also immerhin rund 180 Millionen Jahre lang, das heutige Norddeutschland größtenteils von unterschiedlich großen Meeren bedeckt war. Das Leben spielte sich also im Wasser ab.
Das erklärt auch Benjamin Englich, wissenschaftlichen Leiter des Dinosaurier-Parks Münchehagen. Einige Inselgruppen dürften sich gebildet haben, aber diese hätten sich immer wieder verschoben. Das sogenannte Norddeutsche Becken bedeckte ganz Norddeutschland bis etwa zum heutigen Hameln. Es war rund 300 Meter tief. Dahinter erstreckte sich ein Bereich, der dem heutigen Wattenmeer gleicht, so Englich. Auch wenn es im späten Jura und der frühen Kreidezeit wohl eine große Insel gegeben hatte, wo heute Norddeutschland ist, die sicherlich auch von Dinosauriern bewohnt wurde, war beispielsweise die Fläche, wo jetzt Emden ist, wohl in der ganzen Dino-Zeit vollständig und immer von Wasser bedeckt, erklärt er.
Welche Saurier tummelten sich im Ur-Meer?
Während der Jura-Zeit, die vor etwa 201 Millionen Jahren begann und vor etwa 145 Millionen Jahren endete, schwammen Ichtyosaurus und Liopleurodon also sehr wahrscheinlich dort, wo heute Ostfriesland ist. Das größte bislang bekannte Exemplar des Ichtyosaurus war 3,30 Meter lang und sah unserem heutigen Delfin ziemlich ähnlich. Das Tier ernährte sich von Fischen und Tintenfischen und brachte wahrscheinlich im Wasser seine Jungtiere lebend zur Welt. Mary Anning, eine der ersten Fossilsammlerinnen überhaupt, fand als Zwölfjährige im späten 18. Jahrhundert das zu der Zeit erste vollständige Skelett eines solche Tieres bei Lyme Regis in England. In dem Bereich verläuft die sogenannte „Jurassic Coast“, also Jura-Küste, die auch noch heute als Fossilien-Fundstätte bekannt ist.
Der Liopleurodon war im Vergleich zum delfinähnlichen Zeitgenossen schon etwas angsteinflößender. Er wurde bis zu sieben Meter lang und hatte starke Kiefer, um ordentlich zubeißen zu können. Wahrscheinlich nutzte der Saurier ein Vier-Flossen-Prinzip und machte in der Tiefsee Jagd auf Kopffüßer, Reptilien und Fische. Bei Hildesheim wurde ein Zahn des Liopleurodon gefunden. Während der Kreidezeit, die an den Jura anschließt, lebte hier außerdem der Elasmosaurus, erklärt Kai Czepa. Er wurde wohl um die zwölf Meter lang und hatte einen außergewöhnlich langen Hals, aber einen ziemlich kleinen Kopf. Er fraß Fische, Tintenfische und Ammoniten. Alle drei Arten können Interessierte sich als Nachbildungen in Wilhelmshaven anschauen.
Welche Dinos stapften hier?
Die Experten für Dinosaurier zu Land sitzen in Münchehagen im Landkreis Nienburg. Dort befindet sich - nach Angaben der Betreiber - Deutschlands größter, wissenschaftlicher Erlebnis- und Themenpark mit mehr als 300 lebensechten Rekonstruktionen von Dinosauriern. Zentrum des Dinosaurier-Freilichtmuseums ist das Naturdenkmal „Saurierfährten“ mit mehr als 300 versteinerten Dinosaurierspuren. Diese geben Aufschluss darauf, dass auf jeden Fall Iguanodon, Neovenator und Sauropoden vor etwa 139 Millionen Jahren durch das heutige Norddeutschland stapften.
Die Fleischfresser: Während der wohl bekannteste Dinosaurier - der Tyrannosaurus rex - wahrscheinlich eher dort lebte, wo heute Nordamerika ist, gab es bei uns den Allosaurus und verwandte Arten, erklärt Benjamin Englich. Allosaurus war wohl drei Meter hoch und neun Meter lang und damit etwas kleiner als der T. rex, der es wohl auf bis zu 13 Meter Länge und vier Meter Höhe schaffte. Im Naturkundemuseum in Berlin kann das weltweit am besten erhaltene Skelett eines T. rex, das „Tristan Otto“ genannt und in Montana (USA) gefunden wurde, bestaunt werden.
Der Wiehenvenator, benannt nach dem Wiehen-Gebirge, wo versteinerte Überreste gefunden wurden, war ebenfalls ein sehr großer Raubsaurier, sagt Englich. Er wurde bis zu elf Meter lang. Sein kleinerer Verwandter, der Neovenator, wurde bis zu 7,50 Meter lang und wog etwa eine Tonne. Er fraß wahrscheinlich andere Dinosaurier wie die Pflanzenfresser Iguanodon und Sauropoden. Er könnte das Spitzen-Raubtier seiner Zeit in dieser Gegend gewesen sein. Hinzu kommen viele kleine Raubsaurier, die man noch keiner Gattung zugeordnet hat, erklärt er.
Die Pflanzenfresser: Sauropoden kennt - anders als den Neovenator - sicher jeder: Zu der Gruppe gehören die bekannten Langhals-Gattungen wie Brachiosaurus, Diplodocus und Brontosaurus. Erkennbar sind sie durch ihren langen Hals, langen Schwanz, gigantische Maße und den vierfüßigen Gang. In Deutschland im Harz ist der Europasaurus aus der Gruppe sicher nachgewiesen. Er war mit sechs Metern Länge ein Winzling im Vergleich etwa zum Argentinosaurus, der es auf 35 Meter und 73 Tonnen gebracht haben könnte und von dem Fossilien in Argentinien gefunden wurden.
Tiere aus der Iguanodon-Gattung werden mit einem zwinkernden Auge auch gerne mal als „Kühe der Dinosaurierzeit“ bezeichnet. Ihre Fossilien wurden relativ häufig gefunden. Sie waren etwa acht Meter lang und aufgerichtet etwa fünf Meter hoch. Sie wogen rund 4,5 Tonnen.
Wo wurden überall Fossilien in Deutschland gefunden?
Außer den Fundstellen in Münchehagen, Hildesheim und dem Harz gibt es noch viele weitere in Norddeutschland und Deutschlang allgemein. Kai Czepa hat diese in Absprache mit dem Archäologen Fabian Wittenborn für diese Zeitung aufgelistet. In Holzminden (Niedersachsen) beispielsweise wurde der Zahn eines großen Fleischfressers aus der Oberjura gefunden. Es ist der Torvosaurus, der bis zu elf Meter lang und rund zwei Tonnen schwer wurde.
Überreste eines Fischsauriers namens Acamptonectes aus der Gattung der Ichtyosaurier wurden in Cremlingen bei Braunschweig gefunden, ein Fossil eines etwa zwei Meter langen Horndinosauriers namens Stenopelix in Obernkirchen (Landkreis Schaumburg). In Grimmen in Mecklenburg-Vorpommern wurde außerdem der etwa zwei Meter lange Emausaurus nachgewiesen.
Viele Funde wurden nur in Nordrhein-Westfalen gemacht - dort fand man etwa Knochen des Lariosaurus, der auch als Monster des Comer See bekannt ist. Dort wurden Überreste des Sauriers gefunden, der - in Anlehnung an „Nessie“ im schottischen Loch Ness - „Larrie“ genannt wird. In Jöllenbeck wurden der Fischsaurier Steonpterygius sowie einige kleinere Pflanzenfresser nachgewiesen.