Metal-Festival Ostfriesen vor Ort – Hoffnung auf Wacken stirbt zuletzt
Auch zahlreiche Ostfriesen reisten Richtung Wacken – doch nicht alle kamen aufs Festival-Gelände. Wie sie mit der Situation vor Ort umgehen, berichten sie im Gespräch.
Wacken/Ostfriesland - Wer ein echter Ostfriese und Metal-Fan ist, lässt sich vom Regen nicht abschrecken, wenn Wacken ruft. Trotz des ausgerufenen Anreisestopps, trotz unzähliger Bilder vom Schlamm-Chaos und trotz ungünstiger Wetterprognose hat sich Ralf Schnau aus Uplengen mit seinen Freunden noch am Mittwochmorgen, um fünf Uhr in der Früh, auf den Weg zum legendären Festival gemacht. Unterkunft haben die neun Männer aus Ostfriesland auf einen Bauernhof in Dithmarschen gefunden, knapp zehn Kilometer vom Festivalgelände entfernt.
Die Hoffnung auf Einlass stirbt zuletzt
„Die Stimmung ist bestens“, berichtet Schnau im Gespräch mit unserer Redaktion. Und das, obwohl die Gruppe bereits während der Anfahrt eine Hiobsbotschaft erreichte: Das Festival habe angesichts der Umstände seine Kapazitätsgrenzen erreicht, auch mit gültigem Ticket werde niemand mehr aufs Gelände gelassen, hieß es im Radio. Dennoch setzten die Kumpels ihre Anreise zu dem Hof fort, bei dem sie bereits einen Tag zuvor über Facebook Plätze für ihre Zelte gebucht hatten. „Wir sind hier super aufgenommen worden, die Bedingungen sind bestens“, berichtet Schnau. „Vielleicht lösen sie unsere Tickets ja doch noch ein, auch wenn die Nachrichten anders lauten“, hofft er.
Wenn nicht ist das für ihn und seine Freunde auch kein Problem. „Wacken, Wacken“, gröhlen sie im Hintergrund. „Wir entscheiden ganz spontan, wie es dann weitergeht. Essen und Getränke haben wir reichlich dabei und Urlaub haben wir ja sowieso.“
Am Donnerstag solle es erstmal zum Feiern mit anderen Metal-Fans ins Dorf gehen und auf dem Bauernhof seien ja noch rund 50 andere Unentwegte, die ebenfalls bester Stimmung seien. „Da geht bestimmt was“, bleibt Schnau optimistisch.
Mehr Glück hat Saskia Pingel aus Ihlow. Sie hatte sich bereits am Montag auf den Weg zum Festival begeben und gehörte zu den ersten, die nicht nur im Stau standen, sondern auch ihre gebuchte Parzelle auf den Zeltplätzen erreichte. „Den Matsch hatten wir auch schon, die Autos wurden von Treckern auf die Plätze gezogen“, erzählt sie und schwärmt von dem Zusammenhalt unter den Besuchern, Anwohnern und Helfern. „Wir hatten noch ein paar Nachzügler, die nicht mehr zu ihrem gebuchten Platz gekommen sind. Die sind bei uns untergekommen. Alle sind ein wenig zusammengerückt und auch die Ordner haben ein Auge zugedrückt.“
Frust und Verständnis in den sozialen Medien
Am Mittwochvormittag sind noch einige zu Fuß auf dem Weg zum Festivalgelände – trotz des am frühen Morgen verkündeten absoluten Anreisestopps. Sie alle eint die Hoffnung, noch irgendwie reinzukommen. Zahlreichen Angereisten gelingt es allerdings auch am Mittag noch, ein Bändchen zu ergattern und damit aufs Gelände zu kommen. Michael aus Wedel ist einer von ihnen. Er ist am Mittwoch losgefahren, um noch aufs Festival zu kommen: „Ich wäre morgen angereist, weil heute meine Frau Geburtstag hat“, sagt er und ergänzt: „Die ist ziemlich sauer auf mich, weil wir den Tag eigentlich anders geplant haben.“ Dass er jetzt doch noch ein Bändchen bekommen konnte, hebe aber die Stimmung – „auch am Geburtstag“.
In den sozialen Medien mischt sich neben Verständnis für die Situation der Veranstalter aber auch viel Unmut: „Ich wäre dabei gewesen, wenn ich nicht nach Hause geschickt worden wäre, um dann zu erfahren, dass weiterhin Leute aufs Gelände kommen!“, bemerkt ein Nutzer. Das sei das Allerletzte. Ein anderer kritisiert die Organisation im Vorfeld: „Wer ein Festival in Norddeutschland auf dem Acker stattfinden lässt, sollte mit Regen planen und entsprechend reagieren können und nicht hilflos umherschwirren.“
Was wird jetzt aus dem Programm?
Gehobener ist die Stimmung bei jenen, die es aufs Gelände geschafft haben. Zwei Stunden nachdem der „Holy Ground“, wie der Innenbereich des Festivals von Metal-Fans genannt wird, geöffnet hat, ist André Kuhlmann aus Leer voll des Lobes für die Organisation: „Ob Getränke oder was zu Essen, dass ist alles gut organisiert.“ Auch das bargeldlose Zahlungssystem funktioniere reibungslos. „Da ist ganz schön viel Vorfreude auf die kommenden Tage, auch wenn das Wetter nicht so mitspielt.“
„Wer es bis hierher geschafft hat, der genießt es auch, hier zu sein. An jeder Ecke ist die positive Stimmung zu spüren. Die Leute sind locker und fröhlich“, beschreibt er seine Eindrücke. Jetzt hoffe er nur, dass nicht zu viele der geplanten Auftritte noch abgesagt werden. Am Mittwoch war noch von lediglich sechs Bands die Rede, deren Konzerte ausfallen müssten.
Wie es in Wacken in den kommenden Tagen weitergeht, bleibt abzuwarten. Die Veranstalter wollen das Programm des in der Nacht zu Sonntag endenden Festivals tagesaktuell veröffentlichen.
Ursprünglich wurden insgesamt mehr als 200 Bands auf den neun Bühnen erwartet. Mit den Verspätungen beim Start begründeten die Veranstalter die Streichung der sechs Bands. Dabei handelt es sich unter anderem um Bands, die am Nachwuchs-Wettbewerb „Metal Battle“ teilnehmen wollten.
Mit Material von dpa