Gewerbe- und Grundsteuer Ostfriesische Wirtschaft fürchtet hohe Belastung

| | 17.08.2023 17:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Das Wort „Grundsteuer“ erscheint auf einem Computerbildschirm auf der Seite des Online-Steuerportals Elster. Foto: Weißbrod/DPA
Das Wort „Grundsteuer“ erscheint auf einem Computerbildschirm auf der Seite des Online-Steuerportals Elster. Foto: Weißbrod/DPA
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Vielerorts in Ostfriesland sind die Hebesätze für die Gewerbe- und Grundsteuer angehoben worden. IHK und Arbeitgeber sehen darin ein fatales Signal. Neuansiedlungen von Firmen könnten verhindert werden.

Ostfriesland/Stuttgart - 25 Kommunen in der Region haben in diesem Jahr die Gewerbesteuerhebesätze erhöht – eine bedenkliche Entwicklung, wie die Industrie- und Handelskammer (IHK) für Ostfriesland und Papenburg findet. Im vergangenen Jahr seien es lediglich sechs Städte und Gemeinden gewesen, wie entsprechende Umfragen der Kammer zeigen. Dieser Trend führe für Unternehmen – ebenso wie die Erhöhung der Grundsteuerhebesätze – zu weiteren finanziellen Belastungen, kritisiert IHK-Hauptgeschäftsführer Max-Martin Deinhard: „Die Erhöhung der Realsteuern ist ein fatales Signal für die regionale Wirtschaft und passt überhaupt nicht in die krisenbehaftete Zeit“, sagte er laut Mitteilung.

Steigende Preise für Energie und Rohstoffe, der Personalmangel und anhaltende Probleme in den Lieferketten – die Unternehmen hätten bereits mit einigen Herausforderungen zu kämpfen, meint auch Johann Doden, Hauptgeschäftsführer des Arbeitgeberverbands für Ostfriesland und Papenburg: „Das kommt zuhauf.“ Wenn die Städte und Gemeinden nun auch noch die Steuersätze erhöhen, sei das „eigentlich der falsche Zeitpunkt“. „Das treibt dem einen oder anderen Unternehmer eine Sorgenfalte mehr auf die Stirn“, sagte Doden unserer Redaktion.

IHK: Vor allem Gründer schauen bei Ansiedlung auf Hebesätze

Laut Daten der IHK stiegen die Gewerbesteuersätze in den 25 betroffenen ostfriesischen Kommunen zwischen zehn und 40 Punkten. Am größten war der Anstieg demnach in der Gemeinde Moormerland, wo der Hebesatz aber auch nun mit 360 Prozent immer noch zu den niedrigsten in der Region gehört. Am höchsten ist der Gewerbesteuerhebesatz mit 520 Prozent in Schwerinsdorf, einer Mitgliedsgemeinde der Samtgemeinde Hesel. Eine Erhöhung gab es dort in diesem Jahr nicht.

Auffällig sei in diesem Jahr vor allem eines, sagte Sophie Rother, Justiziarin bei der IHK in Emden: „In der gesamten Breite sind Erhöhungen feststellbar.“ Durch diese Entwicklungen seien auch Folgen für die Wirtschaft in Ostfriesland zu befürchten – etwa, dass junge Unternehmer davon absehen könnten, sich in der Region anzusiedeln. „Wenn es Erhöhungen gibt, ist das etwas, was Unternehmen berücksichtigen – vor allem Gründer“, sagte sie unserer Redaktion. Aber auch für Bestandsunternehmen seien die Hebesätze sowohl bei der Gewerbe- als auch bei der Grundsteuer ein wichtiger Faktor. Es sei damit auch an den Kommunen, der Wirtschaft durch Entlastungen über die Realsteuern zu signalisieren, dass man Neuansiedlungen begrüße, sagte Rother.

28 Kommunen erhöhten in diesem Jahr die Grundsteuerhebesätze

Die Zeit sei derzeit generell nicht einfach, sagte Doden. Das gelte nicht nur für die Privatwirtschaft, sondern auch für die Städte und Gemeinden. „Wenn den Kommunen hinsichtlich ihrer knappen Kassen nicht mehr viel einfällt, gehen sie an die Gewerbesteuer ran.“ Dennoch sei es kein gutes Zeichen, die Firmen noch mehr zu belasten, so der Chef des Arbeitgeberverbands.

Anhebungen der Hebesätze gibt es in diesem Jahr nicht nur bei der Gewerbesteuer, sondern auch bei der Grundsteuer, die auch private Grundstücksbesitzer trifft: Laut IHK wurden die Hebesätze für die Grundsteuer A, der land- und forstwirtschaftliche Grundstücke unterliegen, von 28 Kommunen erhöht und variieren zwischen 320 Punkten in Westoverledingen sowie 600 Punkten auf Baltrum. Die Hebesätze für die Grundsteuer B, der auch die meisten Betriebsgrundstücke unterliegen, seien von 27 Städten und Gemeinden angehoben worden und rangieren zwischen 320 Punkten in Nortmoor (Samtgemeinde Jümme) und Westoverledingen sowie 600 Punkten auf Baltrum und Spiekeroog.

Trend zur Grundsteuererhöhung zeigt sich auch bundesweit

Doch nicht erst in diesem Jahr gehen die Grundsteuerhebesätze bundesweit im Schnitt nach oben: Die angespannte Finanzsituation in vielen Städten und Gemeinden Deutschlands führte bereits 2022 wieder zu mehr Grundsteuererhöhungen. Im vergangenen Jahr erhöhten 12,5 Prozent der Kommunen den Hebesatz der Grundsteuer – so viele wie zuletzt 2017. Das geht aus einer Anfang August veröffentlichten Analyse der Prüfungs- und Beratungsgesellschaft Ernst & Young (EY) hervor. Senkungen gab es verglichen mit 2021 lediglich in 0,6 Prozent der Kommunen.

Im bundesweiten Schnitt lag der Grundsteuerhebesatz vergangenes Jahr bei 391 Prozent – und damit fünf Prozentpunkte höher als 2021. So stark war der Wert zuletzt 2016 gestiegen. 2005 lag der Durchschnitt noch bei einem Wert von 317. Mittlerweile haben laut Analyse 79 Prozent aller Kommunen einen Hebesatz von 350 und mehr. Das Bundesland mit den höchsten Durchschnittssätzen ist Nordrhein-Westfalen (565).

Mit Material von DPA

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