Frau am Freitag Bei dem piept’s wohl
Die Freundin hat einen Vogel – einen richtigen. Eigentlich ist es ein Wellensittich. Aber so, wie der sich benimmt, ist es eher einer aus der Gattung Ausbrecherkönig.
Ständig ist er weg. Schlängelt sich irgendwie zwischen Badewanne und Gitter aus dem Käfig raus. Dann beginnt die Suche. . . Es kann mitunter Stunden dauern, bis der Freiflieger irgendwo hinter einem Buch im obersten Regal auftaucht oder aus dem Lampenschirm guckt.
Beim letzten Ausflug kam das Piepsen aber eher aus dem Kühlschrank. Da saß der Vogel aber nicht drin – er saß dahinter. Durchgeflutscht durch das Lüftungsloch ist er hinter den Einbau-Kühlschrank gerutscht. Die Not bei der Freundin war groß. Sie hat – ungelogen – sogar die Polizei angerufen, ob die jemand schicken könnte, der den blöden Vogel retten kann. Konnte sie natürlich nicht.
Der Vogel wurde immer stiller, der Kühlschrank musste weg. Aber wie? Kein Mann im Haus. So lernt man seine Nachbarn kennen. . . Da war sogar ein ganz netter Kerl dabei. Der kam gleich mit und baute den Kühlschrank aus, rettete dem fast schon erstickten gefiederten Freund das Leben. Die Freundin hat auf der Stelle ihr Herz verschenkt. Ein Mann – handwerklich begabt, freundlich, hilfsbereit, mit einem Herz für Tiere. Dachte sie sich zumindest, bis die Rechnung ins Haus flatterte. Der Nachbar entpuppte sich nämlich als selbstständiger Tischler mit ordentlichem Stundenlohn. „Bei dem piept’s wohl“, findet die Freundin.
Ihren Wellensittich hat sie jetzt doppelt gesichert – mit einem Käfig über dem Käfig. Wenn der Vogel ausbricht, landet er gleich wieder im nächsten Gefängnis. Einen Mann hatte die Freundin übrigens auch noch nicht wieder im Haus. „Ist mir zu teuer“, sagt sie. Falls der Vogel doch noch mal wieder abhaut, will sie lieber – tapfer bleiben.