Kommentar zur Schulpolitik Niedersachsen muss mehr gegen Unterrichtsausfall tun

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Ein Kommentar von Andreas Ellinger
| 01.09.2023 17:43 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
Startklar zum Lernen? Falls denn der Unterricht nicht ausfällt ... Symbolfoto: Dedert/dpa
Startklar zum Lernen? Falls denn der Unterricht nicht ausfällt ... Symbolfoto: Dedert/dpa
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Nein, es ist nicht hinnehmbar, dass Niedersachsens Schulbehörden keine Ahnung haben, wie viel Unterricht in Ostfriesland und anderswo ausfällt! Ein Kommentar.

Es gibt Fragen, die beantworten sich von selbst – und trotzdem müssen sie von journalistischer Seite gestellt werden. Zum Beispiel diese: „Welchen Sinn macht die Erfassung des Unterrichtsausfalls?“ Diese Frage ging an die Schulministerien in anderen Bundesländern – weil sich dem niedersächsischen Kultusministerium der Sinn einer Unterrichtsausfall-Statistik offensichtlich nicht erschließt. Dort hat man keine Ahnung, wie viele Schulstunden in Ostfriesland ausfallen.

Stichproben unserer Redaktion zum Schuljahresbeginn haben ergeben: Es fällt ziemlich viel Unterricht aus. Eine 7. Klasse eines ostfriesischen Gymnasiums kam in zehn Schultagen auf 20 Vertretungsstunden und zehn Ausfallstunden. Das ergibt 30 Stunden, die nicht stundenplangemäß erteilt worden sind. Ungefähr eine der ersten beiden Schulwochen ist also aus dem Ruder gelaufen.

Die bloße Existenz von Vertretungskonzepten ist kein Qualitätsmerkmal

Völlig klar, dass die Landesschulämter und das Kultusministerium wissen müssen, wie viel Unterricht ausfällt und aus welchen Gründen. Wer das Problem nicht kennt, der kann es nicht beheben. So sehen das auch die Schulministerien anderer Bundesländer. In einigen werden die Zahlen sogar schulscharf analysiert – um beispielsweise schulische Vertretungskonzepte verbessern zu können.

Die bloße Existenz solcher Konzepte scheint aus Sicht des Regionalen Landesamts für Schule und Bildung in Lüneburg qualitativ zu genügen. Das Amt hat im Auftrag des Kultusministeriums eine Anfrage unserer Zeitung zum Unterrichtsausfall in Ostfriesland beantwortet. Und zwar so, dass es nicht weiß, wie viele Schulstunden in der Region ausgefallen sind – es ja aber Vertretungskonzepte an den Schulen gebe, mit denen „kurzfristige Lehrkräfteausfälle aufgefangen werden können“.

Es müssten nur die Daten aus Vertretungsplänen zusammengeführt werden

Nur „in Einzelfällen kann es auch zu Kürzungen beim Pflichtunterricht kommen“, behauptete die Behörde. Woher will sie denn wissen, dass Pflichtunterricht nur in Einzelfällen ausfällt? Sie lässt das doch gar nicht statistisch erfassen ...

Im digitalen Zeitalter müsste sich die Unterrichtsausfall-Statistik eigentlich von ganz alleine schreiben. Wenn alle Schulen ihre Vertretungspläne auf der Schulplattform „Iserv“ ins Internet stellen, dann müssen die ohnehin vorhandenen Daten nur noch zusammengeführt werden. Aber das passiert in Niedersachsen nicht. Die Digitalisierung ist eben auch keine Stärke der niedersächsischen Schulbehörden und der niedersächsischen Schulpolitik – das wurde spätestens zu Beginn der Corona-Pandemie augenfällig.

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