Emden feiert sein Schützenfest Sechs Dinge, die auf einem Jahrmarkt nicht fehlen dürfen

Heiko Müller
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Von Heiko Müller
| 17.09.2023 16:34 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
Auf dem Emder Schützenplatz drehen sich die Karussells noch bis zum späten Dienstagabend. Foto: J. Doden
Auf dem Emder Schützenplatz drehen sich die Karussells noch bis zum späten Dienstagabend. Foto: J. Doden
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In Emden wird das 174. Schützen- und Volksfest gefeiert. Wir haben einen nostalgischen Bummel über den Festplatz gemacht und nach Jahrmarktstraditionen gesucht, die es dort schon immer gegeben hat.

Emden - Es gibt Dinge im Leben, die verändern sich nie: Das Emder Schützen- und Volksfest steht sinnbildlich für Tradition - und die ist bekanntermaßen nicht sonderlich flexibel. Trotzdem ist auch dieses älteste Volksfest der Stadt stetig im Wandel. Auf dem Rummelplatz drehen sich die Fahrgeschäfte zwar immer schneller, höher und spektakulärer, aber vieles ist noch so, wie es viele ältere Emderinnen und Emder noch aus ihren Kindertagen kennen.

Was und warum

Darum geht es: um Jahrmarktstraditionen beim Emder Schützen- und Volksfest

Vor allem interessant für: alle, die gerne Jahrmärkte besuchen und Volksfeste mögen

Deshalb berichten wir: In Emden wird noch bis einschließlich Dienstag das 173. Emder Schützen- und Volksfest gefeiert. Wir haben einen nostalgischen Bummel über den Festplatz gemacht.

Den Autor erreichen Sie unter: h.mueller@zgo.de

Unser Reporter hat einen nostalgischen Bummel über den Schützenplatz gemacht und dabei sechs Klassiker aufgespürt, die zu einem Jahrmarkt schon immer dazu gehört haben.

Schausteller Axel Wilken jun. verkauft Zuckerwatten frisch am Stiel, aber auch in Eimern. Foto: J. Doden
Schausteller Axel Wilken jun. verkauft Zuckerwatten frisch am Stiel, aber auch in Eimern. Foto: J. Doden

1. Zuckerwatte geht immer

„Zuckerwatte geht immer, genauso wie gebrannte Mandeln, Liebesäpfel, Lebkuchenherzen und Schokofrüchte“, sagt Schausteller Axel Wilken jun., der diese Süßwaren auf dem Schützenfest anbietet. Bei der Zuckerwatte ist im Laufe der Zeit aber mehr Farbe ins Spiel gekommen. Es gibt sie mittlerweile nicht nur im klassischen Weiß, sondern auch in zarten Pastelltönen wie zart-rosa oder baby-blau. Der mittels der Zentrifugalkraft in einer Kupferschale gesponnene Zucker sei bei Jung und Alt beliebt - „von 4 bis 100 Jahre“, sagt Wilken. Bei ihm gibt es Zuckerwatte nicht nur frisch am Stiel, sondern auch in größeren Gebinden. Der Hammer: Die größte Portion ist ein 33-Liter-Eimer.

Lisa Rüter liebt Zuckerwatte und kann gar nicht genug davon bekommen. Ihr Freund Benjamin Wagner kennt ihr Laster. Foto: J. Doden
Lisa Rüter liebt Zuckerwatte und kann gar nicht genug davon bekommen. Ihr Freund Benjamin Wagner kennt ihr Laster. Foto: J. Doden

Gar nicht genug von diesem Jahrmarkt-Klassiker kann Lisa Rüter bekommen. Auch beim zweiten Besuch auf dem Schützenfest geht für die 24-jährige Emderin kein Weg an dem Stand von Wilken vorbei. Beim ersten Mal hat sie sich auch einen 10-Liter-Eimer mit nach Hause genommen. „Aber dann schmeckt die Zuckerwatte nicht mehr ganz so frisch wie direkt am Stand“, sagt sie. Also gibt es noch einmal frischen Nachschub. „Ihr zweiter Name ist Zuckerwatte“, frotzelt ihr Freund Benjamin Wagner.

Linus Doden übt sich im Entenangeln. Dieses Spiel gehört zu den Klassikern auf dem Jahrmarkt. Foto: J. Doden
Linus Doden übt sich im Entenangeln. Dieses Spiel gehört zu den Klassikern auf dem Jahrmarkt. Foto: J. Doden

2. Die Enten an der Angel

Ein echter Jahrmarkt-Klassiker ist auch das Entenangeln, das vor allem bei Kindern beliebt ist. „Schon meine Oma war mit diesem Geschäft unterwegs“, schildert Schausteller Rene Marschall aus Neukamperfehn. Und er ist überzeugt: „Das bleibt wohl immer so“.

Das Prinzip ist einfach: Mit einer magnetischen Angel werden Quietscheentchen aus einem künstlichen Teich gefischt. Ein System aus Pumpen sorgt dafür, dass das Wasser in Bewegung bleibt und die Enten im Kreis schwimmen. Varianten solcher Angelspiele waren schon Ende des 19. Jahrhunderts bekannt. Nur die Sachpreise, die es für geangelte Enten gibt, haben sich verändert. „Früher“, sagt Maschall, „gab es nur Plüschtiere“. Heute sei die Auswahl größer. Die Gewinne unterlägen auch Trends.

Für Damian Zöllner und dessen Freundin Fabienne Thiems gehören Fahrten im Autoscooter bei einem Jahrmarktbesuch dazu. Foto: J. Doden
Für Damian Zöllner und dessen Freundin Fabienne Thiems gehören Fahrten im Autoscooter bei einem Jahrmarktbesuch dazu. Foto: J. Doden

3. Keine klare Sicht im Autoscooter

Seit jeher ein Treffpunkt für die Jugend ist der Autoscooter. Allerdings war die Sicht beim Fahren der kleinen Elektroautos, die mit einem umlaufenden Gummiring gegen Rempler geschützt sind, früher mal klarer. Und auch die, die am Rand stehen, hatten mal den besseren Durchblick, wer sich gerade im Rückwärtsfahren oder waghalsigen Fahrmanövern besonders hervortut. Heute kurven die Wagen im dichten und bunten Dunst, der aus Nebelmaschinen dringt und Discofeeling vermittelt.

Für Damian Zöllner und seine Freundin Fabienne Thiems aus Emden gehören ein paar Fahrten mit dem Autoscooter zum Rummel dazu. „Es macht immer wieder Spaß“, sagen die beiden 18-Jährigen. Außerdem sei der Autoscooter ein Treffpunkt für junge Leute ihres Alters.

Kraft genug hat er: Lars Gjaltema übt sich beim Hau den Lukas. Foto: J. Doden
Kraft genug hat er: Lars Gjaltema übt sich beim Hau den Lukas. Foto: J. Doden

4. Kräftemessen beim Hau den Lukas

Ums Kräftemessen geht es beim Spiel „Hau den Lukas, das seit Hunderten Jahren als Jahrmarktstradition bei Groß und Klein beliebt ist. Nach einer Pause von vielen Jahren ist der Lukas auch in Emden wieder vertreten. Aber nicht alle kennen dieses Spiel: „Manche gucken erst einmal verwundert und sagen dann, dass sie das schon einmal im Fernsehen gesehen haben“, sagt Schausteller Jan Geisdecker, dessen Familienbetrieb ihre Sitze im nordrhein-westfälischen Nieheim und in Emden hat.

So geht‘s: Mit beiden Händen wir ein langstieliger Vorschlaghammer dazu verwendet, um auf einen großen, runden Knopf zu schlagen. Durch den Schlag wird ein Metallkörper in einem Rohr nach oben befördert - je kräftiger man zuhaut, desto höher steigt er auf der Skala vom „Milchbubi“ bis zum „Superstar“. Es geht aber nicht nur um Schlagkraft, sondern auch darum, den Knopf möglichst genau und nicht von der Seite zu treffen. Aber aufgepasst: Rundschläge sind verboten.

Einer, der die Technik gut drauf hat, ist Lars Gjaltema. Kein Wunder: Seine Kraft hat der 23-Jährige sich bei regelmäßigen Besuchen im Fitness-Studio antrainiert. „Aber ein bisschen Glück gehört auch dazu“, sagt der Emder, der sich an diesem Abend unter anderem mit seinem Vater am Hau den Lukas misst. Der Junior schafft es bei mehreren Schlägen fast immer an die Spitze oder knapp darunter bis zum „Muskelprotz“. Am meisten profitiert davon seine Freundin Kimberly Müller. Die 23-Jährige hält am Ende fünf rote Plastikrosen in ihren Händen.

Treffsicherheit gefragt: Eine Plastik-Rose fürs Revers ihrer Schützenjacke schießt sich Angelika Wiltfang an der Schießbude. Foto: J. Doden
Treffsicherheit gefragt: Eine Plastik-Rose fürs Revers ihrer Schützenjacke schießt sich Angelika Wiltfang an der Schießbude. Foto: J. Doden

5. Plastik-Blumen als Lohn für Treffer

„Plastikblumen sind nach wie vor der Renner an der Schießbude“, sagt Elisabeth Claassen aus Lammertsfehn. Die 49-Jährige steht schon seit 20 Jahren im „Schieß-Palast“. „Ich gehöre schon zum Inventar“, sagt sie. Aber die Schießbude, in der sie arbeitet, ist noch älter als sie. „Mein Schwiegervater Manfred Wilken hat sie vor etwa 50 Jahren selbst gebaut“, erzählt Schausteller Klaus Alberts. Der heute 92-jährige Manfred Wilken sei damit früher vor allem auch in der Krummhörn unterwegs gewesen. „Es gibt dort wohl keinen Ort, an dem diese Schießbude nicht schon einmal gestanden hat“, so Alberts.

Am Gewehr zeigen Schützenfest-Besucher ihre Treffsicherheit. Das ist aber längst nicht mehr nur Männersache. Auch Angelika Wiltfang greift zum Luftgewehr. Sie trägt eine Schützentracht und schlägt im Spielmannszug der Emder Schützen die Pauke. „Ich brauche noch eine Blume für mein Revers“, sagt die Rysumerin. Die Blume an der Jacke, habe für die Spielleute beim Schützenfest schließlich Tradition. Sie legt an und zielt auf das kleine Röhrchen, in der eine rote Rose steckt. Es klappt. „Früher waren die weißen Röhrchen noch aus Gips, heute sind sie aus Kunststoff“, sagt Elisabeth Claassen auf der anderen Seite des Tisches. Sonst habe sich an den Schießbuden in den vergangen Jahrzehnten aber wenig verändert.

Das Dosenwerfen ist offenbar nicht totzukriegen. Schausteller Peter Eden hat deshalb gut lachen. Foto: J. Doden
Das Dosenwerfen ist offenbar nicht totzukriegen. Schausteller Peter Eden hat deshalb gut lachen. Foto: J. Doden

6. Das Dosenwerfen ist nicht aus der Zeit gefallen

Fast schon aus der Zeit gefallen zu sein scheint das Dosenwerfen. Doch der Schein trügt. „Eigentlich läuft es immer noch ganz gut“, sagt Schausteller Peter Eden, der gerade zehn leere Dosen wieder zu einer Pyramide aufstellt. Vor allem bei Kindern und Jugendlichen sei diese Jahrmarkttradition noch beliebt. Für den Schausteller ist dieses Spiel mit wenig Aufwand verbunden. Die Bude, die Eden betreibt, stammt aus dem Jahr 1954. „Nach einem Jahr müssen wir viele Dosen auswechseln, weil sie dann zu verbeult sind. Und auch eine Dosenverschließmaschine hat sich der Schaustellerbetrieb für dieses Geschäft mittlerweile angeschafft.

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