Der Nachhaltigkeit wegen Im Repair-Café wird neues Leben geschenkt – so läuft es ab
Zum dritten Mal fand im Haus der Evangelischen Gemeinschaft Filsum ein Repair-Café statt, diesmal als Bistro am Abend. Wir waren vor Ort dabei: So funktioniert ein Reparatur-Bistro.
Filsum - Es duftet aus der Küche des Hauses der evangelischen Gemeinschaft in Filsum. Zwei Frauen sind in den letzten Zügen für den Bistro-Teil des Abends. Die Tische sind schon liebevoll gedeckt: Snacks und Dips stehen auf den Bistro-Tischen, eine Kerze leuchtet, ein großer Tisch fungiert als Buffet. Im Raum daneben geht es handwerklich zur Sache: Werkzeug steht auf Tischen bereit, eine kleine Fahrradwerkstatt ist eingerichtet. Langsam trudeln auch Menschen mit kaputten Gegenständen ein, begrüßen sich und quatschen.
Was und warum
Darum geht es: Im Gemeinschaftshaus des Evangelischen Gemeinschaftskreises Filsum fand ein Reparatur-Bistro statt. Wir haben uns das angeschaut – und mit den Menschen vor Ort gesprochen.
Vor allem interessant für: umweltbewusste Menschen und Bastler
Deshalb berichten wir: Der Gemeinschaftspastor des Bezirks Jümme Jörg Raddatz hat auf die Veranstaltung hingewiesen. Unsere Redaktion nahm das zum Anlass, mal vorbeizuschauen. Die Autorin erreichen Sie unter: d.cordes@zgo.de
Ein sogenanntes Repair-Café zu veranstalten, war lange ein Gedanke der Gemeinde. Nun findet es bereits zum dritten Mal statt, eigentlich samstagnachmittags, „doch es war kein Samstag mehr frei“, so Jörg Raddatz, Gemeinschaftspastor des Jümme-Bezirks. Deswegen findet sich Interessierte an einem Mittwochabend zusammen – zum Reparatur-Bistro statt zum Repair-Café, also mit Snacks und Kaltgetränken statt mit Tee und Kuchen. „Ich will nur mal gucken, wie das so abläuft“, sagt ein junger Mann. Nicht alle seien wegen einer konkreten Reparatur hier, sondern wollen vielleicht auch nur das Café-Angebot nutzen, erklärt Raddatz. „Um Menschen zusammenzubringen, etwas für den Klimaschutz zu tun und wegen der Nachhaltigkeit“ veranstaltet der 56-jährige Pastor den Abend. Mehrere Menschen, die irgendetwas gut können, finden sich zusammen. Jörg Raddatz zum Beispiel „kann nur Fahrräder“, Britta Bartels hat ihre Nähmaschine eingepackt.
Der Umwelt zu Liebe
In einem Repair-Café geht es darum, alten Dingen wieder Leben zu schenken – gemeinsam mit den Experten zusammen – und die kaputten Sachen „nicht nur abzugeben“, erklärt Jörg Raddatz. Gerold Ahrends hat beispielsweise den Wasserkocher seiner Tochter mitgebracht. Der funktioniert zwar noch, schaltet sich aber nicht mehr wieder ab. Holger Collmann versucht, die Lösung zu finden. Gemeinsam hantieren sie an dem Wasserkocher. „Meiner ist schon wieder fertig“, sagt Hilde Specht, als sie freudestrahlend aus der Werkstatt kommt. In der Hand hält sie einen Tischgrill. „Der Stecker ging nicht mehr in den Anschluss rein“, erklärt sie das gelöste Problem. Wenn man aber mal doch nicht weiter weiß, wird gegoogelt oder Youtube-Videos geschaut – zum Beispiel bei einem Drucker, der kein Papier mehr zieht. Und das hat Erfolg: Am Ende funktioniert er wieder und sorgt für strahlende Gesichter.
Nachhaltigkeit ist für viele der Anwesenden ein wichtiger Punkt. „Heutzutage wird alles einfach weggeschmissen“, bemängelt eine Besucherin in einem Gespräch. Eine andere fügt hinzu, dass die Produkte auch einfach nicht mehr so lange halten würden wie früher – und eine Reparatur würde sich wegen der hohen Kosten meist nicht lohnen. Der Bund für Umwelt- und Naturschutz Deutschland (BUND) hat Verbraucherinnen und Verbraucher im März dieses Jahres zum Thema befragt: 65 Prozent der 5000 Teilnehmenden der Online-Umfrage gaben an, dass die hohen Reparaturkosten im Vergleich zum Neukauf eines Gerätes sie daran hindern würden, das alte Gerät in Stand zu setzen. „Die massenhafte Produktion immer neuer Elektrogeräte verschlingt Unmengen an Ressourcen. Der Verlust von Arten und Lebensräumen sowie die Klimakrise lassen sich aber nur aufhalten, wenn wir radikal weniger Ressourcen verbrauchen“, wird Antje von Broock, BUND-Geschäftsführerin, zitiert.
Nähmaschine und Fahrradwerkstatt
In der Fahrrad-Werkstatt im Reparatur-Bistro Filsum ist viel los. Unter Anleitung von Jörg Raddatz, der sein Wissen unter anderem in einer Fahrradwerkstatt in Berlin unter Beweis gestellt hat, werkeln zwei Männer an einem Fahrrad, dessen Schlauch kaputt ist. Ersatz hat Raddatz parat. Doch: Ist das eine Problem gelöst, fällt ein weiteres auf. Eine Speiche ist gerissen. Das lässt sich hier aber nicht so einfach reparieren. „Man kann nicht für alles gewappnet sein“, sagt der 56-Jährige. Beim nächsten Mal solle der Besitzer des Fahrrads wieder kommen, dann würde er Ersatz dabei haben, schlägt der Pastor vor und macht den Besitzer damit dennoch glücklich.
Britta Bartels aus Brückenfehn hat ihre Nähmaschine eingepackt. Solange noch kein Bedarf an Näharbeiten besteht, kürzt sie in der gemütlichen Runde ihre eigene Hose. Beim letzten Mal hatte sie beispielsweise Flicken auf eine Hose genäht oder ein ausgefranstes Handtuch gesäumt. Die 49-Jährige habe schon immer gerne genäht. „Ich bin total dafür, Sachen nicht wegzuschmeißen“, sagt sie, „und die Gesellschaft macht mir Spaß.“ Als sie damit fertig ist, gesellt sie sich zum Quatschen zu den Leuten im Bistro.
Das Repair-Café in Filsum ist nicht das einzige in der Umgebung. Im Ledatreff in Leer, Osseweg 19, findet am Sonnabend, 7. Oktober, von 11 bis 15 Uhr zum ersten Mal ein Repair-Café statt – zukünftig geht es dort dann jeden ersten Sonnabend im Monat zur gleichen Zeit zur Sache. Die Gemeinde Rhauderfehn bietet jeden dritten Sonnabend im Monat von 10.30 bis 13.30 Uhr in der 1. Südwieke 4 eines an. An jedem letzten Sonnabend im Monat steht das Team des Repair-Cafés Westoverledingen in der Begegnungsstätte Flachsmeer, Königstraße 108, von 11 bis 14 Uhr für Reparaturen zur Verfügung. In Emden findet das nächste Treffen am Sonnabend, 14. Oktober, von 11 bis 14.30 Uhr in der „Gröne Stee“, Fanny-Hensel-Straße 3A, statt. Im Familienzentrum in Aurich geht es jeden zweiten Sonntag im Monat von 14 bis 17 Uhr ans Reparieren.