Serie „Fehntjer Geschichte(n)“ Echte Knochenarbeit für junge und kräftige Männer

Hinrich Trauernicht
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Von Hinrich Trauernicht
| 30.09.2023 12:33 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Das Einholen eines schweren Fanges war Alltagsarbeit für die Männer an Bord. Je mehr Fische man aus dem Wasser zog, umso höher war der Lohn. Foto: Archiv Trauernicht
Das Einholen eines schweren Fanges war Alltagsarbeit für die Männer an Bord. Je mehr Fische man aus dem Wasser zog, umso höher war der Lohn. Foto: Archiv Trauernicht
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17 Männer fuhren an Bord eines Heringsloggers los. Tag und Nacht musste kräftig angepackt werden. Die Kost an Bord war karg: Es gab Zwieback, Bohnen, Pökelfleisch – und natürlich jede Menge Fisch.

Großefehn - Die Arbeit an Bord eines Heringsloggers war kein Zuckerschlecken: Jeder einzelne Arbeitsschritt wurde damals noch mit der Hand gemacht. Dazu brauchte es junge und kräftige Männer wie beispielsweise die Söhne der Fehntjer Torfstecher und Binnenschiffer. Die hatten teilweise schon Seglererfahrung und scheuten sich nicht, kräftig anzupacken. Abhängig vom Wetter und vom Fang dauerte das Einholen der Netze von Mitternacht bis in den Morgen. War der Fang verarbeitet, mussten die Netze zurück ins Wasser gelassen werden. Das dauerte mehrere Stunden. Bei Wind und Wetter wiederholte sich dies wieder und wieder.

Die Crew eines Heringsloggers um Kapitän Lübbe Hartmann im Jahre 1935, als der Kapitän zum „Heringskönig“ gekürt wurde. Foto: Archiv Trauernicht
Die Crew eines Heringsloggers um Kapitän Lübbe Hartmann im Jahre 1935, als der Kapitän zum „Heringskönig“ gekürt wurde. Foto: Archiv Trauernicht

Es war Knochenarbeit. Und doch war die Heringsfischerei neben der Binnen- und Seeschifffahrt ein bedeutender Zweig der maritimen Wirtschaft Großefehns bis weit hinein ins 20. Jahrhundert. „Sie war für die Fehne von erheblicher Bedeutung“, schrieb einst Lübbe Hartmann aus Spetzerfehn (1918-1997). Sein Vater mit gleichem Namen (1886-1943) war Kapitän des Heringsloggers „Lübbe Hartmann“. Er hatte vier Söhne, die allesamt Kapitän wurden und überwiegend auch auf Heringsloggern arbeiteten. Dies waren Andreas Hartmann (1913-1970), Harm Hartmann (1915-2001), Hinrich Hartmann (1916-2003) sowie der schon erwähnte Lübbe Hartmann, dessen Ehefrau – heute 99 Jahre alt – noch in Spetzerfehn wohnt.

Angehörige hörten wochenlang nichts von Besatzung

Die Verpflegung auf den Schiffen war dürftig. Der Proviant, mit dem die Mannschaft in See stach, reichte für sechs Wochen. Das Brot war nach zehn Tagen verschimmelt. Ernährt hat sich die Crew darum meist von Schiffszwieback, Pökelfleisch mit Erbsen und Bohnen und natürlich Fisch. Wochenlang hörten die Angehörigen nichts von ihren Männern an Bord. Erst bei der Passage eines Feuerschiffs konnte ein Logger durch Setzen des Unterscheidungssignals seine Identität zeigen. „Bei stürmischem Wetter ist unsere Mutter stundenlang betend durch das Haus gelaufen, dass den Jungen an Bord nichts passiert und alle gesund und munter zurückkommen“, erinnerte sich eine inzwischen verstorbene Angehörige.

„Die Fangsaison der Heringsfischer begann im Mai/Juni und endete im November/Dezember“, erinnerte sich Lübbe Hartmann. In diesem Zeitraum konnten junge Männer aus den meist kinderreichen Fehntjer Familien wohl entbehrt werden. Viele Alternativen gab es für die Männer damals nicht: Die wirtschaftliche Not war oft groß und andere Arbeitsstellen waren rar. Zu einer Loggerbesatzung gehörten immerhin 17 Mann, und diese wurden von den jeweiligen Kapitänen selbst angeheuert.

Bis 1968 wurde in Ostfriesland Hering gefangen

Der Kapitän stammte vom Fehn und hatte sein Befähigungszeugnis in der Regel an der Seefahrtsschule in Timmel in Abendkursen erworben. Die Schule war von den Fehnen zu Fuß erreichbar. Nach einigen Wintersemestern hatten die Seefahrtschüler ihr Ziel erreicht: Sie erhielten das begehrte Kapitänspatent. Lübbe Hartmann Senior arbeitete zunächst als Steuermann auf einem Segellogger aus Glücksstadt. Als der Kapitän dieses Schiffes im Laderaum tödlich verunglückte und seebestattet wurde, übernahm Lübbe Hartmann die Führung des Schiffes. Weil er seinen Job gut machte, wurde er wenig später Kapitän des Schiffes.

Mit zunehmender Technisierung der Fangflotte verbesserten sich auch die Lebensbedingungen an Bord. Schon vor dem Ersten Weltkrieg begann die Leeraner Heringsfischerei 1904 mit dem Einsatz von Dampfloggern. Lübbe Hartmann Senior gehörte zu den ersten Kapitänen auf einem solchen Schiff. Immer mehr Leute wurden für die Schiffe erforderlich, und gerade auf den Fehnen fand man geeignete Fahrensleute. Lübbe Hartmann Senior wurde 1935 die Ehre zuteil, zum erfolgreichsten Kapitän der deutschen und holländischen Heringsflotte ernannt zu werden.

Zu Beginn des Zweiten Weltkrieges 1939 gab es weit mehr als 100 Logger landesweit. Im Zuge des Wirtschaftswunders und der zunehmenden Technik wie der Schleppfischerei, der Einführung von Echographen kam es zu einer Überfischung, sodass die ostfriesische Heringsfischerei 1968 eingestellt wurde.

Die nächste Folge der „Fehntjer Geschichte(n)“ widmet sich der Seefahrtsschule in Timmel.

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