Serie „Unser Aurich“ In Egels ist nichts Käse und doch irgendwie alles

| | 04.10.2023 15:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Das Dreigestirn in Egels: (von links) Martin Monnerjahn, Harald Bathmann und Bodo Bargmann. Fotos: Boschbach
Das Dreigestirn in Egels: (von links) Martin Monnerjahn, Harald Bathmann und Bodo Bargmann. Fotos: Boschbach
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In Egels ist die Lebensqualität sehr, sehr hoch. Das liegt nicht nur an dem schönen Wald.

Aurich - Am Donnerstagvormittag fehlt auf dem Spielplatz an der Egelser Grundschule nur noch die Laola-Welle. So viel spontane Begeisterung von Kindern ist selten. „Ja, SG Egels-Popens, Egels-Popens“, skandieren bestimmt ein Dutzend Schüler und wollen gar nicht mehr damit aufhören. Niemand hat sie dazu aufgefordert. Sie haben lediglich Martin Monnerjahn mit seinem blau-weißen Vereinsschal auf einem Klettergerüst gesehen. Dort posiert der 1. Vereins-Vorsitzende zusammen mit Harald Bathmann (SPD), dem Egelser Ortsbürgermeister, und dessen Stellvertreter Bodo Bargmann (CDU) für ein Pressefoto. Und zwar nicht vor dem Gerüst, sondern darauf. Sportlich zeigt sich also auch die politische Führungsriege des Ortsteils.

Das Käsehaus der Molkerei Rücker ist vor zwei Jahren eröffnet worden. Foto: privat
Das Käsehaus der Molkerei Rücker ist vor zwei Jahren eröffnet worden. Foto: privat

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“Unser Aurich”: Egels - Zwischen Wald und Käse
04.10.2023

Der hat, wenn man auf eine Landkarte schaut, nicht die übliche trapezförmige Silhouette der meisten Auricher Ortsteile, sondern sieht aus wie zwei stilisierte Schlüsselbeine, wobei der östlich gelegene wulstartig auskragt. Das ist der Teil, der ins Moor mündet. Popens, Egels und Wallinghausen gehen ganz stark ineinander über. Sie gehören zu den „Negen Loogen“ (hochdeutsch für neun Dörfer), die rund um die Kernstadt liegen. Dazu gehören noch Extum, Haxtum, Walle, Rahe, Kirchdorf und Sandhorst. Egels wurde in einer Urkunde 1431 erstmals urkundlich erwähnt. Der mittelalterliche Name hat die Bedeutung von „Wohnsitz der Sippe des Egele“. Die erste Besiedlung ist auf das Jahr 1613 datiert. Sie hängt laut Harald Bathmann damit zusammen, dass die Auricher ihre Schafe über den Schaftrift früher immer in Richtung Egelser Wald getrieben haben. Die Tiere grasten dort. Irgendwann ist offenbar jemand auf die Idee gekommen, sich ebenfalls dort niederzulassen.

Der Lindenhof ist eine sehr beliebte Gaststätte in Egels, besonders begehrt ist das Frühstücksbüfett.
Der Lindenhof ist eine sehr beliebte Gaststätte in Egels, besonders begehrt ist das Frühstücksbüfett.

Der Egelser Wald wird intensiv genutzt

Die Begeisterung für ihren Ortsteil klingt bei den Gesprächspartnern aus jeder Silbe heraus. „Wir haben eine sehr hohe Lebensqualität, bedingt durch die Lage zum Egelser Wald. Damit haben wir ein Naherholungsgebiet unmittelbar vor der Nase, das intensiv genutzt wird“, sagt Harald Bathmann. Sehr positiv bewerte er, dass es noch drei „aktive Lokale“ gebe, nämlich den erst vor wenigen Jahren von dem Unternehmer Karl-Heinz Best restaurierten „Lindenhof“, das Hotel „Waldquelle“ und das Fisch-Restaurant „Lüttje Hörn“. Die Möglichkeit, Geselligkeit zu pflegen und an schönen Orten zusammenzukommen, ist eine wichtige Voraussetzung für ein gutes Miteinander. Der Glaube an die Zukunft ist in Egels stark ausgeprägt. Für den „Lindenhof“, der eine ganze Weile lang leerstand, hatte sich tatsächlich ein neuer Betreiber finden lassen. Das gilt auch für das „Lüttje Hörn“, das 2020 von Christina Schamon übernommen wurde. „Es ist alles da: Krippe, Schule, Einkaufsmöglichkeiten“, pflichtet Bodo Bargmann seinem Ratskollegen bei und ergänzt: „Alle Bedingungen für ein ideales Wohnen sind erfüllt.“

Seit mehr als 30 Jahren ist das Hotel Waldquelle ein Rückzugsort für Gäste.
Seit mehr als 30 Jahren ist das Hotel Waldquelle ein Rückzugsort für Gäste.

Einziger Wermutstropfen: Es mangelt an Zuzugsmöglichkeiten. Laut Flächennutzungsplan könnte an der Kampstraße ein Baugebiet ausgewiesen werden. Ansonsten mangele es schlicht an Flächen, sagt Harald Bathmann. Das geeignete Areal fehle. Was das angehe, sei beispielsweise Extum besser aufgestellt. Die Niedersächsische Landgesellschaft (NLG) würde an der Hagekämpe, also an der Grenze zu Wallinghausen, gerne ein Areal entwickeln. Es besteht aber bei zwei Grundstückseigentümern keine Verkaufsbereitschaft. Da sind dann sowohl dem Investor als auch der Stadt die Hände gebunden.

Ein Mini-Baugebiet gibt es in Egels derzeit am Schoolpad.
Ein Mini-Baugebiet gibt es in Egels derzeit am Schoolpad.

2021 gab es eine neue Produktlinie bei Rücker

Wichtigster Arbeitgeber ist die Molkerei Rücker. Sie ist 1890 auf der Ostseeinsel Fehmarn gegründet worden und zählt zu Deutschlands größten Privatmolkereien. Außer in Egels wird noch in der Hansestadt Wismar produziert. An beiden Standorten sind etwas mehr als 550 Mitarbeiter beschäftigt, wie Inhaberin Insa Rücker mitteilt. „Es ist mit weitem Abstand der größte Arbeitgeber im Ortsteil“, sagt Harald Bathmann. In Aurich, dem Stammsitz, wird vor allem Weißkäse, Butter und Milchpulver hergestellt. Rücker verarbeitet nach eigenen Angaben jährlich rund 800 Millionen Kilogramm Milch von rund 700 Erzeugern zu 90.000 Tonnen Käse, 20.000 Tonnen Butter und 20.000 Tonnen Milchpulver. Außerdem werden pflanzliche Produkte in Aurich hergestellt. 2021 ist Rücker in die Produktion von proteinreichen Lebensmitteln aus Hanf und Erbsen eingestiegen. Unter der Marke Vega Lecker werden seither Salatwürfel sowie Pfannen- und Grillgut vermarktet.

Insa Rücker liegt in Aurich ein besonderes Projekt sehr am Herzen: Vor zwei Jahren hat das Unternehmen in ihrem ehemaligen Wohnhaus auf dem Firmengelände „Das Käsehaus“ eröffnet. Es ist nicht nur ein Verkaufsraum für die eigenen Produkte, sondern auch ein Veranstaltungsort für besondere Ereignisse − vom Genießerabend bis zur Lesung. Das Gebäude trägt dazu bei, den Produktionsort nicht nur als solchen wahrzunehmen, sondern ihn auch mit etwas Persönlichem zu verknüpfen. Vor der Molkerei Rücker gab es an dem Standort bis 1976/1977 die Molkerei Köbke: „Die Witwe des letzten Betreibers, Charlotte Köbke, wohnt immer noch auf dem Gelände der Firma“, sagt Harald Bathmann und erinnert sich an frühere Zeiten. Damals habe die Milch noch mit Traktoren angeliefert werden müssen. Die halbe Egelser Straße sei bisweilen deshalb dicht gewesen. „Da gab es dann schon mal eine Schlange von 500 Metern. Ein Traktor reihte sich an den anderen“, sagt der Ortsbürgermeister und verweist auf die beeindruckende Geräuschkulisse mit den scheppernden Milchkannen.

Mit akustischen Emissionen habe man bei Rücker absolut keine Probleme. Das sei alles gut abgedichtet und elektronisch so gesteuert, dass sich niemand behelligt fühlen müsse. Nur die Nase werde manchmal gekitzelt: „Dann durchzieht ein durchdringender Käsegeruch den Ortsteil“, sagt Bodo Bargmann und lacht.

Egels

Einwohner: 1776

Größe: 4,43 Quadratkilometer

Ärzte: Zahnarzt Dr. Jörg Mintel

Bildungseinrichtungen: Grundschule, Krippe

Nahversorgung: Markant-Markt

Kirchen: keine

Sonstiges: Musikverein Frohsinn, SG Egels-Popens

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