Tourismus-Umfrage Wer der deutschen Nordseeküste die Touristen wegnehmen könnte

| | 05.10.2023 15:05 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Strandgäste in diesem Sommer an der deutschen Nordseeküste, konkret: in Schillig im Kreis Friesland. Foto: Assanimoghaddam/dpa
Strandgäste in diesem Sommer an der deutschen Nordseeküste, konkret: in Schillig im Kreis Friesland. Foto: Assanimoghaddam/dpa
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Strände, Nordsee und nette Örtchen im Binnenland gibt es nicht nur in Ostfriesland. Zwar kommen die Touristen nach wie vor hierher, doch andere Küsten sind einer Umfragen zufolge attraktiver.

Ostfriesland - Wie sieht es aus mit dem Tourismus an der niedersächsischen Nordseeküste? Steht er gut da oder schlecht, und auf welche Trends gilt es zu achten? Diese Fragen sind für Ostfriesland nicht ganz unerheblich, ist der Tourismus hier doch ein großer Wirtschaftsfaktor. Im vergangenen Jahr erzielte die Tourismusbranche in Ostfriesland einen Bruttoumsatz von knapp 3,2 Milliarden Euro, wie die Ostfriesland Tourismus GmbH (OTG) im Juni mitteilte. Grundlage für diese Zahl ist demnach eine Studie der dwif-Consulting GmbH.

Klingt erstmal nach sehr viel Geld. Interessant ist aber auch, in welche Richtung der Pfeil geht. Insgesamt, so heißt es bei der OTG, fällt dieser Bruttoumsatz geringer aus als bei der letzten Untersuchung für das Jahr 2019. Zwar nur um 0,9 Prozent, aber dennoch. In welche Richtung bewegt sich also der Tourismus an Ostfrieslands Küsten? Ein Blick in den Nordsee Tourismus Report 2023 erlaubt ein paar Einblicke.

Von wem ist der Nordsee Tourismus Report?

In der vergangenen Woche haben zwei Unternehmen gemeinsam den Report vorgestellt: Die Pathfinding AG aus Oldenburg und das Marktforschungsunternehmen MiiOS aus Nürnberg. Pathfinding ist eine Beratungsfirma, die nach eigenen Angaben Organisationen und Unternehmen bei der Zukunftsgestaltung begleitet. MiiOS hat für den Tourismusreport eine umfangreiche Befragung durchgeführt. Nach Auskunft von Niklas Haupt, MiiOS-Geschäftsführer, wurden bundesweit knapp 7500 Personen im Alter zwischen 18 und 80 Jahren befragt, per Online-Interview. Geführt wurden sie im Juni 2023.

Grundsätzlich, sagt Holger Herweg von der Pathfinding AG, „haben wir eine leicht gestiegene Nachfrage trotz multipler Krisen.“ In Zahlen drückt sich das so aus: Im vergangenen Jahr konnten sich 35 Prozent der Befragten einen Urlaub an der Nordsee vorstellen oder hatten ihn sogar schon geplant. Dieses Jahr liegt dieser Anteil bei 36 Prozent. Allerdings zeichnet sich laut Report auch wohl ab, dass es ein Risiko gibt für den Verlust von Stammgästen; vor allem von denen, dessen Haushaltseinkommen eher gering ist. Und jüngere Familien mit guten Haushaltseinkommen tragen ihr Urlaubsgeld offenbar lieber woanders hin.

Woher kommen die Gäste und wie viel Geld haben sie?

Im Durchschnitt ist der typische Nordseeurlauber 48 Jahre alt und kommt aus Nordrhein-Westfalen (zu 28 Prozent), Bayern (13 Prozent), Niedersachsen (elf Prozent) oder Baden-Württemberg (zehn Prozent). Er verfügt zum größten Teil über ein Haushaltseinkommen zwischen 2000 und 4000 Euro (41 Prozent). Nur ein geringer Anteil (elf Prozent) hat monatlich mehr als 6000 Euro zur Verfügung.

Übrigens wurde auch ermittelt, wohin die Gäste mit dem meisten Urlaubsbudget gehen: Auf die nordfriesischen Inseln nämlich, wo die Umfragen ein Budget von 932 Euro pro Person ergeben haben. Auf den ostfriesischen Inseln lassen die Touristen deutlich weniger Geld (728 Euro pro Person) und am Festland noch etwas weniger (604 Euro).

Was wollen die Besucher eigentlich?

„Sie wollen ein Erlebnis am Urlaubsort haben und das auch selbständig erkunden“, sagt Haupt. Zum Beispiel seien die Gäste auf der Suche nach authentischen Einblicken in lokale Kultur und Geschichte. Im Vergleich zu Nicht-Nordsee-Urlaubern spiele außerdem das Thema Umweltbewusstsein eine große Rolle, ebenso Nachhaltigkeitssiegel. Das gewinne auch an Relevanz. Neu: Auch faire Arbeitsbedingungen seien den Gästen wichtig, habe die Umfrage ergeben.

Vor allem wollen sie online buchen. Bei den Kriterien, die bei der Auswahl der Unterkunft eine Rolle spielen, steht demnach die einfache und direkte Online-Buchbarkeit an erster Stelle. Übrigens lieber direkt beim Vermieter oder beim Hotel, nicht über die großen Buchungsportale.

Wie sieht es mit der Konkurrenz aus?

Die beiden Unternehmen haben auch untersucht, wie die deutsche Nordseeküste im Vergleich zu den beiden Konkurrenten im Westen und Norden dasteht, vor allem zum Nachbarn im Norden, Dänemark. Das Ergebnis muss den deutschen Touristikern zu denken geben: Die Urlaubs-Kriterien, die an der Küste eine große Rolle spielen, erwarten die Gäste offenbar beim nördlichen Nachbarn in viel größerem Maße.

Denn: Konkret befragt nach den Assoziationen, die die Befragten zum Urlaub an der deutschen Nordsee haben, landen auf den ersten drei Plätzen: Erholung, Naturverbundenheit und Familienfreundlichkeit. Im direkten Vergleich zu Dänemark schneidet die deutsche Küste bei diesen Punkten allerdings ziemlich schlecht ab. Oder andersrum: Gefragt, welche Nordseeküste mit Naturverbundenheit und Erholung verbunden wird, entscheiden sich 63 Prozent für Dänemark und schlappe 17 Prozent für Deutschland. Die dänische Nordseeküste steht also bei den Befragten noch viel mehr für Erholung und Naturverbundenheit als die deutsche. „Attraktive Zielgruppen zieht es verstärkt nach Dänemark und die Niederlande“, lautet das Fazit von Haupt. Das gelte vor allem für die jüngere Zielgruppe.

Welche Rolle spielt der Fachkräftemangel?

Für die Gastronomie und Hotellerie an der Küste ist der Fachkräftemangel ein Riesenthema. Viele Unternehmen haben ihre Öffnungszeiten schon eingeschränkt, weil ihnen das Personal fehlt. Oder setzen vermehrt auf Self-Service, weil Bedienung an den Tischen kaum noch möglich ist. Das geht an den Urlaubern nicht spurlos vorbei. „Der Fachkräftemangel ist bei den Urlaubern angekommen“, sagt Haupt. 45 Prozent der Befragten hätten angegeben, dass ihnen das Problem schon aufgefallen sei, vor allem in der Gastronomie.

Am wenigsten stark sei der Fachkräftemangel noch am Festland zu spüren, so Haupt. Auf den Inseln sei das Problem für die Urlauber viel deutlicher zu erleben. Auf den Ostfriesischen Inseln ebenso wie auf den nordfriesischen. Work & Travel könnte hier ein interessanter Lösungsansatz sein, finden die beiden Unternehmen, also das Verbinden von Reisen und Arbeiten vor Ort. Diese Möglichkeit jedenfalls wurde bei den Online-Interviews abgefragt. Mit dem Ergebnis, dass gut 40 Prozent der Leute das interessant oder sogar sehr interessant finden. Hauptsächlich seien das natürlich jüngere Menschen, so Haupt.

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