Kleidertausch-Party in Wittmund Das etwas andere Einkaufsvergnügen im Wald

| | 09.10.2023 15:07 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Laura Feldmann und Doreen Peters machten sich gut gelaunt auf die Suche nach potenziellen neuen Lieblingsteilen. Foto: Ullrich
Laura Feldmann und Doreen Peters machten sich gut gelaunt auf die Suche nach potenziellen neuen Lieblingsteilen. Foto: Ullrich
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Im Wittmunder Wald wechselten am Wochenende mehr als 100 Teile die Besitzer. Hier gab es alles: vom Abendkleid über Handtaschen bis zum Wintermantel. Einige Frauen kamen und gingen mit vollen Taschen.

Wittmund - Den prüfenden Blick in den bodentiefen Spiegel gab es bei einer Kleidertausch-Party auf dem Naturschutzhof im Wittmunder Wald oft: Passt die Hose? Steht mir der Mantel? Wie wirkt die Kette zu meinem neuen Outfit? Dort, wo normalerweise Bildungsangebote zu Natur- und Umweltthemen gemacht werden, wurde am späten Freitagnachmittag gestöbert, anprobiert und geplaudert. „Das sind wirklich schöne Sachen“, freut sich Doreen Peters, die gemeinsam mit Laura Feldmann aus Burhafe für das etwas andere Einkaufsvergnügen gekommen war. Sie hat bereits ein paar nahezu ungetragene Turnschuhe in der Hand und strahlt.

Was und warum

Darum geht es: Beim Kleidertausch im Naturschutzhof Wittmunder Wald ging es hoch her. Viele Teile fanden neue Besitzer, doch weitaus mehr blieben übrig – der Rest ging als Spende ans Auricher Frauenhaus.

Vor allem interessant für: durchschnittliche Frauen, die ja oft nie das Passende zum Anziehen im Schrank haben

Deshalb berichten wir: Alten Dingen ein neues Leben ermöglichen und dabei eine gute Zeit haben – das ist nachhaltig und unterhaltsam. Fürs kommende Frühjahr ist ein weiterer Kleidertausch geplant. Wer ihn diesmal verpasst hat, bekommt dann eine neue Chance.

Die Autorin erreichen Sie unter: s.ullrich@zgo.de

Die junge Frau hat im Vorfeld des Kleidertauschs kritisch einen Blick in den eigenen Kleiderschrank geworfen und das aussortiert, was sie eigentlich nicht mag. „Es sind Sachen, die ich geschenkt bekommen habe oder selten trage“, erklärt sie. Ihr falle es schwer, diese Dinge loszulassen, sagt sie ganz selbstkritisch. In diesem Fall aber sei es anders: Was hier am Ende der Tauschparty keinen neuen Besitzer gefunden hat, geht als freiwillige Spende ans Auricher Frauenhaus. Das kam bei allen Teilnehmerinnen gut an: „Niemand will irgendwas zurückhaben“, unterstreicht Ordnungscoach Svenja Kaste. Sie lebt seit 2021 nebenberuflich ihre Leidenschaft für Ordnung aus: Sie organisiert, strukturiert, räumt auf und schafft Stauraum. Und sie unterstützt das Team des Naturschutzhofes um die Leiterin Katharina Glaum erstmals bei der Umsetzung einer Kleidertausch-Party.

Auch reichlich Accessoires gab es bei der Kleidertausch-Party. Foto: Ullrich
Auch reichlich Accessoires gab es bei der Kleidertausch-Party. Foto: Ullrich

Kaschmirpullover und Orginalverpacktes

Mit nach Hause genommen wurden nur frisch ausgesuchte Dinge. „Ich bin mit drei Hosen gekommen und gehe mit zwei Jacken und einer Tasche“, berichtet eine Teilnehmerin aus Carolinensiel. „Es war super. Eine schöne Atmosphäre“, lobt sie. So wünschen es sich die Organisatorinnen. Was im Schrank der einen ein trauriges Dasein fristet, kommt in den Händen der anderen möglicherweise ganz groß raus. In nahezu jedem Schrank gibt es diese Teile, die frau eigentlich nicht braucht, weiß Kaste: „Zum Beispiel die Sachen, die nicht passen. Die müssen aus dem Schrank raus.“ Das schaffe Platz für Ordnung – oder eben für Neues. Und Neues muss auch nicht immer neu im herkömmlichen Sinn sein. Was noch gut ist, verdient eine zweite Chance. Beispielsweise dank eines Tauschs.

Stylingtipps gab es bei der Kleidertausch-Party auch: Hier verhelfen die Organisatorinnen Svenja Kaste (links) und Katharina Glaum (rechts) Ramona Kolossa zu Accessoires für ihr neues Outfit. Foto: Ullrich
Stylingtipps gab es bei der Kleidertausch-Party auch: Hier verhelfen die Organisatorinnen Svenja Kaste (links) und Katharina Glaum (rechts) Ramona Kolossa zu Accessoires für ihr neues Outfit. Foto: Ullrich

Der Wunsch nach mehr Nachhaltigkeit im Kleiderschrank eint beide Frauen, die sich bereits aus der Schulzeit kennen. Bei einem Kaffee entstand die Idee, eine Kleidertausch-Party gemeinsam zu organisieren. In den Tagen vor dem Event konnten Freiwillige bis zu 30 Teile bringen. Gut 30 Frauen nutzten dies, um Ausgemustertes in gute Hände zu geben. Nur die Hälfte etwa kam später auch zum Tausch, überschlagen die Organisatorinnen. Wer spontan kam, durfte maximal drei Teile zum Tausch mitbringen. So wie die Schwestern Emily und Leah Gant. Emily hat dabei etwas ganz Spezielles im Sinn: „Ich liebe Vintage-Klamotten.“ Ein Blick lohnt sich allemal, findet Svenja Kaste: „Von Größe 34 bis 54 war alles dabei.“ Und dazwischen Einzelteile, die hier so wohl keiner vermutet hatte: „Ein Pullover aus 100 Prozent Kaschmir und echter Schmuck. Manches noch originalverpackt und ungetragen.“

Die Schwestern Emily (links) und Leah Gant auf der Suche nach Hosen. Foto: Ullrich
Die Schwestern Emily (links) und Leah Gant auf der Suche nach Hosen. Foto: Ullrich

Frauen in Not profitieren

Weit mehr als 100 Teile wechselten die Besitzerin, schätzt der Ordnungsprofi. Einige Teilnehmerinnen kamen mit Einkaufstaschen oder Wäschekörben voller Kleidung – einige gingen auch gut beladen wieder. Unterm Strich aber blieben Hunderte Teile übrig. Und die machen in Zukunft vermutlich noch viele weitere Frauen glücklich. Im Depot des Frauenhauses in Aurich stehen die dann Frauen zur Verfügung, die Zuflucht vor Gewalt in ihrem eigenen Zuhause suchen. Die haben längst nicht immer den gepackten Koffer dabei, erläutert Gerda Grabowski. Die Sozialpädagogin und Suchtberaterin ist Mitarbeiterin des Frauenhauses. Sie erklärt, warum es wichtig ist, dass das Frauenhaus ein solches Depot vorhält: „Oft sind das Fluchtsituationen, wo die Frauen keine Chance haben, was einzupacken.“

Gerda Grabowski (links) aus dem DRK-Schutz- und Beratungszentrum half Naturschutzhofmitarbeiterin Ramona Kolossa beim Zusammenlegen der Teile und gab bereitwillig Auskunft über die Arbeit des Auricher Frauenhauses. Foto: Ullrich
Gerda Grabowski (links) aus dem DRK-Schutz- und Beratungszentrum half Naturschutzhofmitarbeiterin Ramona Kolossa beim Zusammenlegen der Teile und gab bereitwillig Auskunft über die Arbeit des Auricher Frauenhauses. Foto: Ullrich

Bei den Besucherinnen der Kleidertausch-Party kam die Möglichkeit zur Spende super an: „Ich kann Gutes tun und selber neue Sachen finden“, meint Laura Feldmann. Auch aus Sicht der Organisatorinnen war die Kooperation ein gelungener Auftakt dank guter Resonanz und guter Stimmung. Das mache Lust auf eine Fortsetzung, kündigt Glaum vorsichtig an: „Ich denke, das wir es im Frühjahr noch mal machen werden.“ Denkbar sei dann auch eine Tauschbörse für Kinderkleidung.

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