Frau am Freitag Tradition gleich Intoleranz

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Eine Kolumne von Ute Nobel
| 20.10.2023 06:00 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Was haben Schützenvereine und die katholische Kirche gemeinsam? Diese Frage könnte auch der Beginn eines Witzes sein – eines ziemlich schlechten Witzes.

Die eher nicht so witzige Antwort lautet: In beiden Welten scheint Gleichberechtigung nicht besonders groß geschrieben zu werden.

Fangen wir mal bei den Katholiken an. Frauen dürfen nicht Priesterin werden, nicht Bischöfin, sie dürfen nicht taufen, nicht verheiraten, schlicht keine Entscheidungsfunktion innehaben. Wobei man der katholischen Kirche zugestehen muss, dass sich was tut. Erstmals ist eine Frau bei der Bischofssynode stimmberechtigt: ein Gremium, das bei der Auswahl der Bischöfe hilft. Die Runde war bisher ausschließlich Männern vorbehalten. In diesem Jahr sind es nur noch zwölf Männer – und eine Frau. Die Quotenfrau, könnte man gehässig sagen. Aber immerhin.

Der Schützenverein in der kleinen emsländischen Gemeinde Stavern ist da noch nicht so weit. Das bedarf an dieser Stelle tatsächlich Anerkennung: Noch weniger Gleichberechtigung zu leben als die katholische Kirche, das muss man erstmal schaffen.

Bei den Schützen in Stavern dürfen Frauen keine Vereinsmitglieder werden. Die Argumente: Das sei Brauchtum und Tradition. Vier Frauen hatten einen Antrag auf Satzungsänderung gestellt, um die Aufnahme von Frauen zu ermöglichen. Mit 50 zu 14 Männern (nur Vereinsmitglieder sind stimmberechtigt) wurde gegen eine Änderung gestimmt.

Die Frau am Freitag kann das nicht nachvollziehen. Sowohl für die Kirche als auch für den Schützenverein gilt: Das ist heute nicht mehr tragbar. Fortschritt und Veränderungen sind manchmal beängstigend. Und genau deshalb ist es so wichtig, an Brauchtümern und Traditionen festzuhalten. Sie können etwas Schönes sein, können Sicherheit geben und das Gefühl von Geborgenheit vermitteln.

Wenn man aber Brauchtum und Tradition lediglich auf die These, „das haben wir schon immer so gemacht“, reduziert, dann verfehlt man nicht nur die Bedeutung dieser beiden Worte. Nein, dann verbirgt sich dahinter nichts weiter als ein Scheinargument, um den Ausschluss einer ganzen Bevölkerungsgruppe zu rechtfertigen. Dann sind diese beiden Worte gleichbedeutend mit Intoleranz und Stillstand. Und wenn wir in allen Bereichen des Lebens nach diesem Motto handeln würden, dann müssten wir auch immer noch unsere Notdurft im Wald verrichten. Da hilft dann nicht mal mehr – tapfer zu bleiben.

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