ADFC-Foto des Monats „Radfahrer bitte in Luft auflösen“
An Baustellen liegt in Sachen Radverkehr einiges im Argen, meint der ADFC Aurich. Als Beispiel nennt er die Großbaustelle Fockenbollwerkstraße.
Aurich - Blockierte Durchfahrten, unsinnige Schilder, marode Wege: Mit dem „Foto des Monats“ weist der Allgemeine Deutsche Fahrrad-Club (ADFC) Aurich auf Missstände beim Thema Radverkehr hin. Aber auch positive Beispiele sollen mit der Initiative, die diese Zeitung journalistisch begleitet, dargestellt werden. Der ADFC möchte damit der öffentlichen Debatte über eine bessere Fuß- und Radverkehrs-Infrastruktur Impulse geben und zu Verbesserungen beitragen.
Im November richtet sich der Blick des ADFC erneut auf die Fockenbollwerkstraße. Es handelt sich um die am meisten von Fahrrädern genutzte Straße Aurichs. Sie wird völlig neu gestaltet und ist seit anderthalb Jahren eine Großbaustelle. Autos können sie nur stadteinwärts befahren. Für Fahrräder hingegen bleibt die wichtige Verbindungsstraße in beide Richtungen passierbar.
„Sehr gewagt und auch riskant“
Der ADFC stößt sich an der Art und Weise, wie der Radverkehr während der Bauarbeiten in der Fockenbollwerkstraße geführt wird, nämlich komplett auf der südlichen Fahrbahnseite. Auf der linken Seite der Fahrbahn ist ein Fahrstreifen mit Fahrradpiktogrammen markiert. Radfahrer fahren also stadteinwärts links neben den Autos. Das sei „angesichts des in Deutschland gültigen Rechtsfahrgebots extrem ungewöhnlich, sehr gewagt und auch riskant“, schreibt ADFC-Vorstandsmitglied Albert Herresthal. „Erschwerend kommt hinzu, dass der provisorische Radfahrstreifen auf dem linksseitigen Gehweg endet. Dort ist das Radfahren aber gar nicht erlaubt! Der benutzungspflichtige Geh- und Radweg auf der rechten Seite ist wegen fehlender Querungsmöglichkeiten unerreichbar. Dadurch wird ein Fehlverhalten der Radfahrenden provoziert, die aufgrund der Piktogramme davon ausgehen, dass sie den linken Gehweg benutzen dürfen.“ Dies führe zu Unmut bei Fußgängern und zu gefährlichen Situationen mit entgegenkommenden Radfahrern.
Die Fockenbollwerkstraße ist aus Sicht des ADFC nur ein Beispiel von vielen für misslungene oder fehlende Radverkehrsführung an Baustellen. Zu den Klassikern zähle das Schild „Radfahrer absteigen“. Ein beladenes Lastenrad oder ein Fahrrad mit Anhänger lasse sich kaum schieben, schon gar nicht auf zu schmalen Wegen. Der ADFC kommentiert es mit Sarkasmus: „Radfahrer bitte in Luft auflösen“ wäre die passendere Aufschrift für ein solches Schild.
„Das Thema lässt uns nicht kalt“
Der Lobbyverband vermutet dahinter System: Jede Aufstellung eines Verkehrszeichens, auch auf Baustellen, müsse von der zuständigen Behörde genehmigt werden, schreibt der ADFC. „Dieser Umgang mit Radfahrenden zeigt, dass einige Stellen den Radverkehr nicht ernsthaft berücksichtigen beziehungsweise Radfahrende nicht als vollwertige Verkehrsteilnehmer wahrnehmen.“
Diesen Vorwurf weist Bernd Ewerth von der Stadt Aurich zurück. „Das Thema lässt uns nicht kalt“, sagt der Leiter des Tiefbauamtes im Gespräch mit der Redaktion. Gerade das Beispiel Fockenbollwerkstraße zeige, wie wichtig der Stadt der Radverkehr sei, sagt Ewerth. Weil die Stadt um die Bedeutung der Verbindung für den Radverkehr wisse, bleibe die Straße für Fahrräder während der Bauarbeiten in beide Richtungen passierbar. Das sei nur auf der Südseite möglich.
Er wolle gar nicht in Abrede stellen, dass nicht immer alles optimal laufe, sagt Ewerth, auch nicht bei der Beschilderung. Das Problem auf Baustellen sei der Platzmangel. Allen Verkehrsteilnehmern werde etwas weggenommen: Fußgängern, Rad- und Autofahrern. „Da könnte jeder schimpfen.“ In die Baustellenbesprechungen für die Fockenbollwerkstraße werde im Übrigen auch der Radverkehrsbeauftragte der Stadt Aurich einbezogen, betont Ewerth. Radfahrer könnten sich jedenfalls auf die neuen Radfahrstreifen freuen, sagt der Amtsleiter. „Diesen Standard haben wir fast nirgendwo im Stadtgebiet.“