So kalkuliert die Gastronomie Wenn die Extra-Wurst – oder das Schnitzel – teuer zu stehen kommt

| | 06.11.2023 12:03 Uhr | 2 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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So wird Schnitzel gebraten: Der Küchenchef des Hafenhauses, Sebastian Schmidt, schwenkt das panierte Stück in viel Fett in der Pfanne. Foto: Ortgies
So wird Schnitzel gebraten: Der Küchenchef des Hafenhauses, Sebastian Schmidt, schwenkt das panierte Stück in viel Fett in der Pfanne. Foto: Ortgies
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Auf der Facebook-Seite „Verspotted: Stadt Emden“ ärgert sich ein Gast über den Preis seines Extra-Wunsches. Was darf ein Schnitzel kosten? So kalkuliert die Gastronomie.

Emden – Das Thema Essengehen scheint ein sensibles zu sein: Als sich kürzlich ein Gast eines Emder Restaurants öffentlich über eine Internetplattform zu den Kosten seiner Extra-Bestellung ausgelassen hat, erntete er gleich über 5000 Klicks und Kommentare. Der Gast beschwerte sich auf der Facebook-Seite „Verspotted: Stadt Emden“ darüber, dass er für ein zusätzlich zu seinem gewählten Nudelgericht bestelltes Schnitzel den vollen Betrag von zehn Euro bezahlen musste.

Was und warum

Darum geht es: Auf einer Facebook-Seite wird eine Restaurant-Rechnung wegen eines vermeintlich zu teuren Extra-Schnitzels „verspotted“.

Vor allem interessant für: alle, die gerne Essengehen und den Restaurantbesuch zu schätzen wissen

Deshalb berichten wir: Die Beschwerde über Facebook fand große Resonanz. Wir wollen die Hintergründe beleuchten und neue Erkenntnisse liefern.

Die Autorin erreichen Sie unter: s.schuurman@zgo.de

Was darf das Extra kosten?

Und er erntete für seine öffentliche Entrüstung nicht nur Zustimmung, er bekam vor allem Gegenwind. Angefangen bei „Gottlos, wer Schnitzel mit Rigatoni kombiniert“ über „Normale Preise für ein Restaurant“ bis hin zu „Wenn man Geiz geil findet, muss man eben zu Hause essen“.

Zu dritt war der Beschwerdeführer in dem italienischen Restaurant essen. Unterm Strich standen 73,60 Euro für Salat, Thunfisch-Nudeln, zwei Hähnchen-Rahmschnitzel und das Extra-Schnitzel plus Getränke auf der Rechnung. Zu teuer, wie der Gast befand und ankündigte, dieses Restaurant nie wieder besuchen zu wollen. Das Essen selbst sei zwar anstandslos gewesen, „aber der Schlag hat uns bei der Rechnung getroffen“, schreibt der Gast.

Aber was darf so eine Extra-Wurst beziehungsweise das Extra-Schnitzel kosten? Ist die Kritik berechtigt? Oder haben diejenigen recht, die dem Beschwerdeführer Geiz vorwerfen und ihm raten, doch besser gleich zu Hause zu essen?

Pute, Kalb, Schwein oder Hähnchen

Nehmen wir einmal Letzteres an. Vermutlich wird das Schnitzel günstiger sein, wenn man es selbst zubereitet. Aktuell kriegt man das Kilo Schweineschnitzel aus der Oberschale im Supermarkt für 12,90 Euro, Pute für 16,90 Euro, Kalbfleisch gibt es im Angebot für 25,90 Euro. Das auf der Verspotted-Seite monierte Hähnchen-Schnitzel in dem besagten Restaurant sei aus Formfleisch hergestellt, also aus zusammengepresster Hähnchenbrust gewesen. Das ist etwas günstiger. Und aus einem Kilogramm Fleisch kann man mindestens fünf Portionen teilen. Auch wenn man für die Zubereitung noch einen Euro für Panade aus Brot und Ei, Gewürze und Bratfett sowie Strom dazurechnet, wird das Schnitzel vermutlich günstiger als im Restaurant.

In seinem Element: Herrentorgrill-Meister Detlef Haase beim Pommeswürzen, hinter ihm brutzeln die Schnitzel. Foto: Schuurman
In seinem Element: Herrentorgrill-Meister Detlef Haase beim Pommeswürzen, hinter ihm brutzeln die Schnitzel. Foto: Schuurman

Wer nicht selbst kochen will, muss natürlich andere Maßstäbe anlegen. Etwa viermal so viel wie der Einkaufspreis ist die Faustformel für ein gut wirtschaftendes Restaurant, wie der Emder Gastronom Onno Marahrens dieser Zeitung verriet. Wobei der Kalkulationsfaktor bei den verschiedenen Fleisch- und Fischarten auch variiere. „Wenn ich teuren Fisch einkaufe, müsste eigentlich Faktor acht angesetzt werden, aber das zahlt kein Gast in Emden, höchstens in Hamburg“, sagt Marahrens.

Mischkalkulation für Schnitzel und Co.

Eine Mischkalkulation mache solche Spitzenpreise wieder wett. Und so könne das Schweineschnitzel im Hafenhaus schon mal zwölf Euro kosten bei einem Wareneinkaufspreis von 2,40 Euro, also Faktor fünf. Zum Schnitzel gibt es dann aber auch Personal, Einrichtung, Steuern und mehr dazu. „Man darf ja nicht vergessen, dass gerade seit Corona und Krieg alles teurer geworden ist“, betont Marahrens. „Energie, Pachten und nicht zuletzt die Mitarbeiter müssen bezahlt werden.“

Aber auf „Verspotted“ ging es ja auch um einen Extra-Wunsch. In einem anderen beliebten italienischen Restaurant in Emden werden solche Wünsche, wie es die Erfahrung zeigt, preisgünstig für den Gast erfüllt. Zu dem vegetarischen Salat mit Avocado und Granatapfelkernen etwas Hähnchenfleisch? Kein Problem, mit 2,90 Euro für ein Viertel Hähnchenbrust ist man dabei. Allerdings ist das Hauptgericht, der üppige Salat, auch von vornherein um einiges teurer kalkuliert als die Thunfisch-Rigatoni beim Stadtteil-Italiener. Mischkalkulation eben.

Wo es immer Extras gratis gibt

Und wenn man auf die schicke Bedienung, das schöne Ambiente verzichtet und sich das fertig zubereitete Schnitzel aus dem Imbiss holt? Für ein Schweineschnitzel „natur“ zahlt man selbst im Imbiss um die acht Euro, wie Detlef Haase vom Herrentor-Grill erklärt. Formfleischhähnchen nutzt der gelernte Fleischermeister nur für den Chicken-Burger.

Ob zu teuer oder nicht – insgesamt lässt sich zu der Geschichte wohl am besten eine fiktive Unterhaltung in einem anderen Verspotted-Kommentar zitieren: „Kellner: Kommt auf die Pommes noch was drauf? Kunde: Kostet das extra? Kellner: nein. Kunde: dann ein Schnitzel!“ - So viel zur Extra-Wurst.

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