Drei Szenen aus dem Alltag Knochenjob Angehörige pflegen – hier kommen Experten-Tipps

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Von Vera Vogt
| 05.11.2023 17:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Viele übernehmen die Pflege ihrer Lieben selbst. Foto: Frank Molter/dpa
Viele übernehmen die Pflege ihrer Lieben selbst. Foto: Frank Molter/dpa
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Wenn die Lieben Pflege brauchen, übernehmen das oft Angehörige: Wenn das Vergessen oder die Angst vor einem Sturz kommen, können diese Tipps vom DRK vielleicht helfen.

Landkreis Leer - Wenn es ihren Lieben schlechter geht, sie nicht mehr allein zurechtkommen, übernehmen oft Angehörige die Pflege zu Hause. Das ist bei den meisten Pflegebedürftigen so: 4,17 Millionen von ihnen beziehungsweise 84 Prozent wurden 2021 zu Hause versorgt, wie das Statistische Bundesamt erhoben hat. Davon wurden 3,12 Millionen Pflege­bedürftige überwiegend durch Angehörige gepflegt. Und das ist ein Knochenjob: Waschen, bekochen, kümmern, trösten – pflegende Angehörige stemmen eine Mammutaufgabe – manche rund um die Uhr. Der Kreisverband Leer des Deutschen Roten Kreuzes bietet Anfang kommenden Jahres einen Lehrgang für Angehörige und Betreuungskräfte im Alltag an.

Was und warum

Darum geht es: Es gibt viele Angehörige, die die Pflege ihrer Lieben übernehmen. Wir haben beim Roten Kreuz um einige Tipps für bestimmte Situationen gebeten.

Vor allem interessant für: die, die pflegen oder die sich darauf vorbereiten wollen

Deshalb berichten wir: Der Kreisverband Leer des Deutschen Roten Kreuzes will bald einen Kurs anbieten.

Die Autorin erreichen Sie unter: v.vogt@zgo.de

Im Vorfeld hat uns das Rote Kreuz schon einmal Tipps gegeben, die das Leben pflegender Angehöriger leichter machen könnten. Wir haben drei Situationen vorgegeben.

1) Gedächtnislücken, Stimmungsschwankungen: Man bemerkt Anzeichen einer Demenz

Eine beginnende Demenz ist für alle Beteiligten eine große Umstellung, sagt Sievert Hohmann vom Roten-Kreuz-Kreisverband Leer. „Es ist nicht leicht, einen geliebten Menschen zu erleben, der sich verändert, einen eventuell nicht (immer) erkennt.“ Häufig seien die Erkrankungen aus dem demenziellen Bereich mit Scham und Unsicherheit verbunden.

Eine junge Frau hält die Hände eines alten Mannes. Foto: Jens Kalaene/dpa
Eine junge Frau hält die Hände eines alten Mannes. Foto: Jens Kalaene/dpa

Wichtig im Umgang mit an Demenz erkrankten Personen sei es, die veränderte Person in ihrem Umfeld anzunehmen – „auch wenn sie sich nicht ‚in unserer Welt’ und in ihrem ‚aktuellen Alter‘ zu befinden scheint. Auch wenn ständige Nachfragen oder das Schildern unrealer Situationen uns Stress verursachen, sollten wir ruhig bleiben und versuchen in kurzen und einfachen Sätzen zu antworten. Die erkrankte Person will uns nicht ärgern, es ist ihr nur in dem Moment wichtig, eine Antwort zu erhalten.“

Häufig sei eine demenziell erkrankte Person in ihren Vorstellungen in einem Alter, in dem sie noch berufstätig war. Hieraus ergeben sich auch die „Hinlauftendenzen“. „Die Personen wollen nicht weglaufen, in ihren Vorstellungen müssen sie zum Beispiel zur Arbeit. Wichtig ist hier, auf die Person einzugehen. Nicht mit ihr zu diskutieren, darauf zu verweisen, dass sie schon lange Rente beziehen. Eher sie abzulenken, darauf hinzuweisen, dass doch Wochenende ist oder sie Urlaub haben.“ Häufig helfe auch, den Impuls zum Verlassen der Wohnung zu vermeiden. In Einrichtungen für an Demenz erkrankte Personen ist zum Beispiel häufig die Ausgangstür der Station hinter einem Vorhang verborgen oder mit einer Bildtapete beklebt.

2) Nicht wirklich sicher auf den Beinen: Die Sorge vor einem Sturz nimmt zu

Es kann viele Gründe haben, dass die Lieben nicht mehr ganz so sicher auf den Beinen sind. „Sowohl neurologische Erkrankungen als auch Herz-Kreislauf-Erkrankungen können durch Schwindelanfälle eine Sturzgefahr bewirken“, so Hohmann. Aber auch die Nebenwirkungen von Medikamenten können Geh- und Gleichgewichtsstörungen verursachen. „Hilfreich ist hier eine gute Beleuchtung der Wohnung und gegebenenfalls das Anbringen von Nachtlichtern“, rät er.

Das Entfernen von Stolperquellen wie zum Beispiel losen Teppichen, Schwellen oder Kabeln sei ebenfalls sinnvoll. Das Anbringen von Haltegriffen im Wohnraum biete die Möglichkeit sicheren Halt – insbesondere auch vor Stufen – zu finden. Festes Schuhwerk anstelle von Hausschuhen beuge ebenfalls Stürzen vor. Liegt ein Pflegegrad vor, „können entsprechende Umbaumaßnahmen von den Pflegekassen bezuschusst werden“. Wenn die betroffene Person häufig alleine ist, kann auch die Versorgung mit einem Hausnotruf-System empfehlenswert sein. Die allgemeine Fitness kann durch entsprechende Übungen verbessert werden, „auch viele Sportvereine oder Fitnesseinrichtungen bieten spezielle Angebote für Senioren an.“

3) Wenn es passiert: Sturz oder schwere Krankheit – und jetzt?

„Ein Sturzereignis, oder auch eine akute, schwere Erkrankung kann eine plötzliche Veränderung des gesamten Umfeldes nach sich ziehen“, so Hohmann. Zeitweilige oder auch dauerhafte Bettlägerigkeit seien eine große Herausforderung für alle Beteiligten. In der Akutphase könne häufig ein Aufenthalt in einer Kurzzeitpflegeeinrichtung helfen, rät er. Während dieser Zeit könne die häusliche Situation angepasst werden: „Hilfreich ist zum Beispiel, die Ausstattung mit einem Pflegebett, um die Körperpflege im Bett zu erleichtern und unterschiedliche Sitz- oder Liegepositionen einnehmen zu können.“ Auch ein Pflegedienst sollte in dieser Zeit gesucht werden. Hilfreich könne ebenso die Teilnahme an einem – zum Beispiel von der Pflegekasse oder einem Pflegedienst angebotenen – Pflegekurs sein.

Nicht allein durchschlagen: Hilfe und Unterstützung

Wer sich um seine Lieben kümmert und sie pflegt, muss das nicht alleine schaffen. „Eine wichtige Anlaufstelle sind die Kranken- und Pflegekassen. Diese geben neben der allgemeinen Beratung auch Auskunft zu den konkreten Leistungsangeboten und den zur Verfügung stehenden Beträgen“, sagt Hohmann.

Unabhängig beraten werde man auch von kommunalen Beratungsstellen, wie dem Senioren- und Pflegestützpunkt des Landkreises Leer. Es würden auch regelmäßig Sprechstunden in den einzelnen Gemeinden angeboten. „Auch die Gemeinden selbst haben häufig Ansprechpartner für betroffene Personen oder können an örtliche Einrichtungen und Selbsthilfeangebote vermitteln“, so Hohmann. Die Pflegedienste könnten zudem durch Beratung und Schulungsmaßnahmen eine gute Quelle für Unterstützungsangebote sein. Viele Pflegedienste führen – zum Teil von den Pflegekassen finanzierte – Kurse für pflegende Angehörige durch.

Der DRK-Kreisverband Leer bietet Anfang des Jahres 2024 eine Ausbildung für pflegende Angehörige und Betreuungskräfte im Alltag an. Es geht in mehreren Modulen unter anderem um die Kommunikation mit Pflegebedürftigen, den Umgang mit Verhaltensauffälligkeiten, Beratungsangebote, Patientenverfügungen oder das Verhalten im Notfall. Weitere Infos zu den Inhalten und den Kosten gibt es bei Carina Müller unter Tel. 0491/9292316 oder per Mail an entlastungsleistungen@drk-leer.de.

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