Jubiläum für die Ente Der Traumwagen mit 27 PS
Die Ente feiert ihren 75. Geburtstag. Brigitte Holtmann aus Strücklingen fährt einen Citroën 2 CV von 1985 im Top-Zustand.
Strücklingen - Traumwagen haben reichlich PS, sind schnell und luxuriös? Nicht immer: So besteht in Oldtimerkreisen eine große Nachfrage nach dem Citroën 2 CV. Brigitte Holtmann kann das gut verstehen: „Meine Freundin hatte früher eine Ente. Die fand ich immer cool. Und ich habe mir immer gewünscht, selber mal eine zu fahren“, sagt die Strücklingerin. Seit gut zwei Jahren hat sie ihren Traumwagen – und genießt jede Ausfahrt.
„Wir haben lange im Internet gesucht, es wird einfach auch viel Schrott angeboten“, meint Heinz-Hermann Holtmann. Der Schornsteinfeger, der sich auch hätte vorstellen können, noch einmal ein Motorrad zu kaufen, ließ sich von der Begeisterung seiner Frau einfangen. Als sie ihre Ente in einem Verkaufsraum in Varel das erste Mal durch die Schaufensterscheibe gesehen hatte, da wusste sie: „Das ist sie!“ Der Händler, der im Inserat einen Top-Zustand versprach, hatte nicht übertrieben: „Der Wagen war komplett restauriert und sah aus, als ob er gerade vom Band gelaufen ist“, so Heinz-Hermann Holtmann.
Enten fielen dem Rost zum Opfer
Rost machte vielen der seit 1948 rund 5,1 Millionen geschlüpften Enten den Garaus. Die 38 Jahre alte Holtmann-Ente ist vor Korrosion geschützt: „Der Wagen wurde komplett verzinkt“, erzählt Brigitte Holtmann. Bei Regen fährt sie den Oldtimer trotzdem nicht. Und in der kommenden Woche ist die Enten-Zeit vorbei. Das Saisonkennzeichen grenzt die Fahrerei von April bis Oktober ein.
„Im Winter ist das ohnehin kein Vergnügen“, weiß Brigitte Holtmann noch aus der Jugendzeit. Empfehlenswert sind dicke Jacke, Mütze, Schal und Handschuhe. Die Heizung braucht gut 100 Kilometer, ehe ein warmer Luftzug zu spüren ist. Aber das kann ja auch nicht verwundern bei einem Zweizylinder-Boxermotor, der in seiner letzten Ausbaustufe ganze 605 Kubikzentimeter Hubraum aufzubieten hat.
Die Reduzierung auf das Wesentliche
„Aber im Sommer ist die Ente klasse“, schwärmt die Saterländerin. Dann wird die Stoffplane per Hand zurückgerollt und die Ente plustert sich stolz auf zum Limousinen-Cabrio. Zugluft gibt es auf den Vordersitzen nur, wenn zusätzlich die Seitenfenster der Vordertüren geöffnet werden, indem jeweils die untere Hälfte nach oben geklappt wird. Sauerstofffanatiker können zusätzlich die wagenbreite Lüftungsklappe, die sich unter der Frontscheibe befindet, mühsam per Schraubverschluss öffnen.
Brigitte Holtmann fehlt der ganze Schnickschnack moderner Autos nicht, wenn sie in ihrer Ente sitzt: Ja, sie gibt zu, dass es durchaus anstrengender ist, so ein Auto zu fahren, das auf das Wesentliche reduziert ist. „Es gibt keine Servolenkung, das sorgt für ein völlig anderes Fahrgefühl, auch wenn die Reifen der Ente ja nur ganz schmal sind.“ Und die berüchtigte Revolverschaltung, deren Hebel neben dem großen, ziemlich dünnen Lenkrad herausragt, erfordert auch einiges an Umstellung, „wenn man kurz vorher noch im BMW gesessen hat“. Und trotzdem: „Diese Reduzierung auf das Wesentliche hat einen großen Charme.“
Jeder Hügel wird zum Berg
Auch die Form der Karosserie finden die Holtmanns sehr gelungen. „Das ist ein einmaliges Design.“ Da spielt es auch keine Rolle, dass die Ente mit einem cw-Wert von 0,508 so manchem Lieferwagen Konkurrenz macht. Was soll’s?
Auch mit einem geringeren Luftwiderstand bliebe die Ente eine lahme Ente, wenngleich sich die Motorleistung im Laufe eines Dreivierteljahrhunderts fast verdreifacht hat. Aber auch mit 27 PS wird jeder Hügel zum Berg, und Überholmanöver sollten grundsätzlich unterlassen werden. „Ente fahren ist eben total entschleunigend“, sagt Brigitte Holtmann entspannt und zufrieden.
Das wohlige Fahrgefühl ist aber vor allem das Ergebnis einer unglaublich butterweichen Federung. Citroën-Konstrukteur André Lefèbvre soll vor dem Start des Projekts TPV (toute petite voiture, zu Deutsch: ganz kleines Auto) Ende der 1930er Jahre aufgefordert worden sein, einen Wagen zu entwickeln, der einen Korb voll mit Eiern unbeschadet über ein frisch gepflügtes Feld transportieren kann. Die Umsetzung der Vorgabe gelang dank einer revolutionären Drehstabfederung, einem tiefen Schwerpunkt und viel Bodenfreiheit. Dem Citroën 2 CV deshalb eine Art von Geländetauglichkeit anzudichten, wäre allerdings ziemlich übertrieben. Aber Brigitte Holtmann würde ihre Ente ja ohnehin nie auf einen matschigen Acker lenken. Wie denn auch? „Die sieht nur Sonne.“