Weihnachtsaktion 2023 Blinder Sachbearbeiter hilft behinderten Menschen in Leer
Günter Trauernicht ist eine Fachkraft im Leeraner Amt für Teilhabe und Soziales. Und das, obwohl er blind ist, oder gerade deswegen?!
Ostfriesland - Betritt man das Büro von Günter Trauernicht im Leeraner Amt für Teilhabe und Soziales, dann muss man schon sehr ausgeschlafen und wach im Kopf sein, um direkt zu erkennen, warum hier etwas anders als üblich sein sollte. Auf dem Tisch gegenüber steht ein Desktop, auf seinem nicht. Dafür aber zwei Audio-Boxen – ein Indiz.
Absoluter Fachmann für Eingliederung
Günter Trauernicht ist Sachbearbeiter für die Eingliederungshilfe beim Landkreis Leer. Er kümmert sich somit um die Inklusion und Unterstützung behinderter Menschen – und ist dabei selbst von einer Behinderung betroffen. Er ist blind. Ein Glaukom, oder auch Grüner Star genannt, hat ihm seit seiner Geburt schon einen großen Teil der Sehkraft geraubt. Im Zuge der Erkrankung trübt sich die Sehlinse im Laufe des Lebens immer weiter, teils bis zur gänzlichen Erblindung einer Person.
„Zunächst waren es etwa 50 Prozent Sehvermögen. Während meines Jurastudiums – vermutlich durch den Stress in der Examensvorbereitung – ist dann meine restliche Sehkraft verloren gegangen“, sagt Trauernicht. Dadurch, dass er in Marburg und Hamburg studiert habe, sei das aber ganz gut aufgefangen worden durch die jeweiligen Einrichtungen. „Das liegt vor allen Dingen daran, dass Hamburg und Marburg sozusagen als Blinden-Hochburgen gelten“, sagt Trauernicht. In Marburg etwa findet sich die renommierte Carl-Strehl-Schule für blinde Menschen.
Erblindung erschwerte den Karriereweg
Nach einer Ausbildung zum Verwaltungsfachangestellten begann Günter Trauernicht das Jura-Studium in Hamburg und Marburg, das er allerdings nicht beenden konnte. „Da kam mir meine Erblindung dazwischen.“ Im Anschluss stellte ihn die Gemeinde Westoverledingen ein – in seinem ursprünglichen Berufsfeld in der Administration.
Nicht nur für Günter Trauernicht, sondern für alle Betroffenen einer Sehbehinderung, die Hilfe und Trost suchen, sammelt die OZ und der GA. Die Spenden kommen dem Blindenverband Niedersachsen (kurz: BVN) in der Region Ostfriesland zugute und helfen damit Menschen vor der eigenen Haustür.
OZ+GA-Weihnachtsaktion 2023
Spendenzeitraum: Ab dem 22.11.2023 bis Anfang 2024
Spendenkonto: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH
IBAN: DE28 2859 0075 0011 1112 01 Ostfriesische Volksbank eG
Stichwort: OZ+GA-Weihnachtsaktion 2023 Die Spendernamen werden veröffentlicht. Wer dies nicht möchte, vermerke das bitte. Die Verwaltungskosten werden von der Zeitungsgruppe Ostfriesland getragen. Bei Beträgen ab 199 Euro kann per E-Mail an info@einherzfuerostfriesland.de eine Spendenquittung beantragt werden.
Durch seinen eigenen Lebensweg ist Trauernicht eine Top-Adresse in Sachen Eingliederungshilfe. Neben dem Fachlichen kann er sich auch in die Lage der Betroffenen hinein versetzen. „Dieser Wert ist keinesfalls zu unterschätzen“, weiß er selbst.
Im Amt für Teilhabe und Soziales des Landkreises Leer arbeitet er seit mehr als drei Jahren – seit knapp einem Jahr mit seiner Assistentin zusammen. Sie hilft ihm bei Aufgaben, die er nicht ohne Weiteres selbst erledigen kann, etwa beim Akten Vorlesen. Das sei dann auch schlichtweg schneller, sagt Günter Trauernicht.
Sein Computer arbeitet per Sprachausgabe
Rasant schnell kommen Worthülsen aus den Audio-Boxen geschossen, wenn Günter Trauernicht durch seinen Computer navigiert. Ein Laie versteht da gar nichts. Das Wort „Firefox“ etwa kommt einem in Bruchteilen einer Sekunde entgegen geschossen. Aber: „Die Routine macht‘s“, sagt Trauernicht. Durch Tastenkombinationen und Sprachausgabe kommt er gut zurecht. Auch alles, was er selbst verfasst, wird ihm direkt vorgelesen. Jede Kachel wird ihm vom System vorgelesen. Das passiert in vielfacher Geschwindigkeit – weil er es beherrscht.
Ein Phänomen, das häufiger zu beobachten ist: Durch die Einschränkung der Sehkraft spielt sich ein Mensch so auf einen anderen Bereich, in diesem Fall das Hören, ein. Für Personen, die nicht so auf das Hören im Alltag angewiesen sind, ist es unmöglich, mit der Sprachsteuerung in der Ausgabegeschwindigkeit klarzukommen. Das Gleiche gilt auch etwa für Tast- und Orientierungssinn.
BVN war immer Ansprechpartner
Als Trauernichts Assistent, den er selbst als Arbeitgeber anstellt und daher selbst suchen und auswählen muss, wegen einer Erkrankung ausfiel, musste schnell Ersatz her. „Da habe ich beim BVN angefragt und die konnten mir Hilfe vermitteln“, sagt er.
„Genau dafür ist der Verband da, wenn wir selbst die Lösung nicht bei uns haben, dann wissen wir auf jeden Fall, an wen sich die Leute wenden müssen und wo ihnen gewiss geholfen werden kann“, sagt Heidi Bentlage vom BVN in Leer.
Es sei die Hauptfunktion der Verbandsarbeit, dass niemand mit seinen Sorgen und Nöten in einer schweren Lebensphase alleine ist, sagt auch ihre Kollegin Andrea Sweers. Es sei immer noch eine Lösung gefunden worden, obwohl die Mittel knapp seien, sagt sie.