Weener Mr. Sportabzeichen hört auf
35 Jahre lang hat Heinrich Siemons federführend beim Stützpunkt Weener Sportabzeichen abgenommen. Der Deutsche Sportbund ist nicht ganz unschuldig an seiner Entscheidung.
Weener - 35 Jahre lang hat Heinrich Siemons Zeiten gestoppt, Weiten und Höhen gemessen und Turnübungen aller Art bewertet. Dafür hat der sportliche 75-Jährige zahlreiche Lehrgänge besucht und Prüfungen bestanden. Als federführender Sportabzeichen-Prüfer hatte er beim Stützpunkt Weener den Hut auf – jetzt, nach 35 Jahren legt er sein Ehrenamt nieder. Das ist ein Verlust für Weener, an dem der Deutsche Olympische Sportbund (DOSB) nicht ganz unschuldig ist.
Alles per Hand: DOSB verpasst Digitalisierung
„Der DOSB hat es in den ganzen 35 Jahren nicht hingekriegt, die Ergebnislisten und Auswertungen zu digitalisieren“, kritisiert Heinrich Siemons. Immer noch müssten alle Kontaktdaten und Ergebnisse per Hand eingetragen und die errungenen Punkte je nach Alter und Geschlecht für jede Disziplin einzeln berechnet werden. „Ich habe bei der Sportabzeichenabnahme zuletzt doppelt so viel Zeit hinterm Schreibtisch verbracht wie auf dem Sportplatz“, sagt der 75-Jährige.
1988 zunächst als Helfer angefangen
Heinrich Siemons ist sportlich. Seine Leidenschaft galt lange dem Laufen. „Als ich meine Lieblingssportart wegen eines Bandscheibenvorfalls nicht mehr ausüben konnte, bin ich tief gefallen“, sagt er. Doch er suchte nach Alternativen. Der Stapelmoorer wurde unter anderem erst Mitglied und später Übungsleiter der Männergymnastikgruppe des SV Teutonia, turnt in der Wirbelsäulengruppe, spielt Boule – und erringt selbst Jahr für Jahr das Sportabzeichen.
1988 begann er, selbst das Sportabzeichen abzunehmen – zunächst als Helfer. Als der damals federführende Prüfer Karl Hollander 2006 aufhörte, übernahm Siemons dessen Posten. „Inzwischen kann ich alles prüfen“, sagt Siemons, der für diese Berechtigungen Lehrgang um Lehrgang besuchte. Am anspruchsvollsten sei ein Kursus in Hannover gewesen, der ihn zur Sportabzeichen-Abnahme bei Menschen mit Behinderung berechtigt. „Am Stützpunkt Weener darf das sonst keiner“, sagt er.
Froh ist Heinrich Siemons darüber, dass Dita Watermann und Annegret Peters, die ihm auch bislang als Prüfer zur Seite gestanden haben, weitermachen wollen. Auch hätten sich auf der Sportabzeichenverleihung am 11. November in Weener mehrere Leute bereit erklärt, ebenfalls mitzumachen.
Plan: Reduzierung auf einen Sportabzeichentag
Allerdings wird Siemons‘ Ausscheiden nicht ohne Konsequenzen bleiben. So erwägt der Stützpunkt Weener – ähnlich wie es bereits in Leer gemacht wird – die Abnahme auf einen einzigen Tag im Jahr zu beschränken. „Bisher haben wir unseren Sportlern an zehn Tagen zwischen Mai und Oktober die Möglichkeiten geboten, ihre Leistungen zu zeigen“, berichtet Siemons.
Und wenn an diesem einen Tag Prüfer knapp werden? „Na, dann würde ich schon Sportabzeichen abnehmen“, sagt Siemons. Und wenn ein Mensch mit Einschränkungen sein Sportabzeichen erringen möchte? „Na, dann würde ich ihn schon prüfen“, sagt er. Nur mit dem Papierkram will er nichts mehr zu tun haben. Mit 75 Jahren und nach 35 Jahren Einsatz darf das Ehrenmitglied von Teutonia Stapelmoor auch mal den Hut absetzen – und ihn an jemand anderen weiterreichen.