Mein Lieblingsartikel 2023 Wo Japan-Knöterich steht, da wächst kein Gras mehr
In unserer Landschaft stößt man häufig auf den Japan-Knöterich. In England sind Grundstücke, auf denen die Staude wächst, tendenziell unverkäuflich. Und bei uns?
Der Japan-Knöterich hat sich in Ostfriesland an vielen Stellen ausgebreitet. Gegen diese Pflanze vorzugehen, ist nicht einfach. Bei der Recherche zu diesem Artikel habe ich noch einiges gelernt. Nicht nur sticht mir der Japan-Knöterich jetzt noch öfter ins Auge, ich sehe ihn mit ganz anderen Augen. Einerseits ist das Zeug so lästig, andererseits sieht es eigentlich gut aus und vor den Wuchseigenschaften kann man eigentlich nur großen Respekt haben. Der Artikel ist erstmals am 3. Juni 2023 erschienen.
Ostfriesland - An Gewässerufern, an Böschungen oder an Feldrändern ragen jetzt die harten Stiele des Japan-Knöterichs in die Höhe. Wer die Augen offenhält, wird ihn immer wieder in der Landschaft entdecken. An manchen Stellen erstreckt sich das Vorkommen über Hunderte von Metern, zum Beispiel auf einem Lärmschutzwall in Detern. Die herzförmigen Blätter sind jetzt im Frühjahr hellgrün, die Stängel dunkel – eigentlich sieht Fallopia japonensis, so sein botanischer Name, hübsch aus.
Erst recht, wenn im August die cremeweißen Blüten in großen Ähren erscheinen. Sie sind für Bienen und andere Insekten anziehend. Das hat wohl auch zu seiner ungebremsten Verbreitung geführt. Denn aus botanischen Sammlungen kam der Japan-Knöterich als potenzielle Futterpflanze in die private Nutzung und von dort büxte er in die freie Landschaft aus.
Der Knöterich ist fast überall
Das wäre vielleicht nicht so tragisch, doch hat die Staude Eigenschaften, gegen die andere Pflanzen kaum eine Chance haben. Wo Japan-Knöterich erscheint, wächst kein Gras mehr. Ein Blick zwischen die dicken Halme zeigt: Dort vegetieren höchstens noch ein paar Brennnesseln und Ackerwinde vor sich hin. Mit seinen unterirdischen Rhizomen erobert er auch große Flächen.
Dafür ist er gefürchtet, aber trotzdem steht die Pflanze nicht auf einer Liste der Europäischen Union für invasive Arten. Aus einem einfachen Grund: „Dort stehen eher Arten, die in Europa noch nicht so weit verbreitet sind, und man mit der Bekämpfung noch Chancen hat, beziehungsweise, dass es wahrscheinlich ist, dass durch die Aufnahme in die Liste die Bestände reduziert werden“, sagt Dr. Christian Boestfleisch, der beim Niedersächsischen Landesbetrieb für Wasserwirtschaft, Küsten- und Naturschutz für invasive Arten zuständig ist. Der Japan-Knöterich ist ihm trotzdem bekannt: „Er ist eigentlich überall vorhanden. Es gibt fast keinen Quadranten auf der Topografischen Karte von Niedersachsen, wo er nicht vorkommt.“
Wurzeln unterwandern sogar Wasserläufe
Man müsse sich also damit abfinden, dass die Pflanze bei uns wächst. In England hat sie sich möglicherweise noch stärker ausgebreitet. Einem Bericht der Tageszeitung „The Guardian“ zufolge gelten Wohnhäuser, in deren Garten der Japan-Knöterich entdeckt wird, als nahezu unverkäuflich. In einigen Gebäuden sollen die Triebe an Heizungsrohren empor ins Haus gewachsen sein. Eine ganze Branche verdiene gut an der Bekämpfung der unverwüstlichen Staude. Allerdings haben fast alle Methoden ihre Grenzen.
Für den Leda-Jümme-Verband, der sich um die Entwässerung zwischen Barßel und Leer kümmert, ist der Japan-Knöterich ein guter Bekannter. „An manchen Stellen ist die Pflanze ein Riesenproblem“, heißt es dort. Der Bauhof berichtet von großen Vorkommen bei Detern und in Wiesmoor. Bei einem Versuch, die Pflanze am Rande eines Gewässers zu bekämpfen, in dem man sie mit lichtundurchlässiger Folie abdeckt, seien die Rhizome unter dem Kanal hindurch auf die andere Seite gewandert.
Bloß keine Wurzelreste im Mähwerk lassen
Dort hätten sie dann ein Wäldchen erobert, wo man gegen die wuchsfreudige Staude keine Chance mehr hatte, weil man sie nicht ausgraben konnte. Der Bauhof mäht den Japan-Knöterich in der Fläche regelmäßig ab, auch auf dem Lärmschutzwall in Detern. Wenn das regelmäßig geschehe, könne man die Pflanze zumindest eindämmen. „Aber dabei muss man peinlich darauf achten, dass keine Wurzel- oder Stängelreste im Mähwerk bleiben“, sagt Meino Kroon, Geschäftsführer des Leda-Jümme-Verbands. Sonst würde man diese womöglich an andere Stellen bringen. Das wäre fatal.
Denn kleinste Wurzelstücke oder sogar Teile der Triebe, wenn sie die Knoten enthalten, die der Gattung ihren Namen geben, wachsen bei guten Bedingungen gleich wieder an. „Es braucht eine gute Hygiene, damit man die Pflanze nicht von einer Stelle an eine andere trägt“, sagt Experte Boestfleisch. Beim Mähen an Gewässerrändern bestehe außerdem die Gefahr, dass die Pflanzenteile ins Wasser fallen und auf diese Weg weitertransportiert werden.
Das Rhizom schädigen, wo es geht
Würde Boestfleisch mit seinem Wissen über invasive Arten noch ein Grundstück kaufen, auf dem Japan-Knöterich wächst? „Ich würde wohl versuchen zu verhandeln“, sagt er. Kriterien wie die Lage des Grundstückes oder die Erreichbarkeit mit dem ÖPNV wären für ihn ausschlaggebend, nicht der Knöterich. „Aber ich wüsste ja, wie ich damit umgehen muss“, sagt Boestfleisch. Man müsse das Rhizom schädigen, so weit es geht. Tipps dafür könne man im Internet zuhauf finden.
Der Biologe spricht sich für regelmäßiges Mähen aus: Die Stängel seien wie die Spitze des Eisbergs, das Rhizom im Boden sei um einiges größer als die oberirdischen Teile der Staude. „Das gilt es zu erschöpfen“, so Boestfleisch. Nach etwa zehn Jahren konsequenten Abmähens sei der Knöterich vermutlich weg. Man müsse die Stelle aber unbedingt noch für Jahre im Auge behalten: Es kann sein, dass Fallopia japonica nach langer Zeit doch wieder erwacht.
Die Bahn geht mit Strom gegen Pflanzen vor
In England wird unter anderem mit Glyphosat gegen den Japan-Knöterich vorgegangen, das direkt in die Stängel injiziert wird. Mit diesem Unkrautvernichter, der in vielen EU-Ländern bereits verboten ist, hat auch die Deutsche Bahn früher den Aufwuchs an den Gleisen bekämpft. Der Konzern verwendet das umstrittene Mittel inzwischen gar nicht mehr. Nicht nur der Japan-Knöterich, auch andere Pflanzen können mit ihren Rhizomen das Gleisbett lockern und so den Zugverkehr gefährden. Aber dort setzt man inzwischen auf eine neue Methode, von der auch Boestfleisch berichtet: Electro Weeding.
Bei diesem Verfahren, auf deutsch Elektro-Jäten, wird Strom auf die Pflanze geleitet. „Dadurch erhitzt sich das in der Pflanze befindliche Wasser und die Pflanze samt Wurzel beginnt von innen zu welken“, heißt es in einer Information der Bahn. Ob es wirklich was bringt, ist laut Boestfleisch offen: „Es fehlen noch wissenschaftliche Studien zu dieser Methode.“ So oder so sei Electro Weeding nichts für Privatpersonen, es werde aber von Fachfirmen angeboten.
Für den NLWKN-Fachmann ist wichtig, dass der Japan-Knöterich nicht fahrlässig noch weiter verbreitet wird. „Leider geschieht das immer noch bei Erdarbeiten“, sagt Boestfleisch. Hat man es auf dem eigenen Grundstück mit der Pflanze zu tun, müsse man peinlichst darauf achten, keine Pflanzenreste auf den eigenen Kompost zu bringen.
Landkreis Leer hatte Erfolg gegen den Knöterich
Von einem gewissen Erfolg gegen den Japan-Knöterich berichtet der Landkreis Leer: „Eine Bekämpfung ist sehr aufwändig und kann zum Beispiel durch mehrjähriges Abdecken des Bodens mit Folie sowie kontinuierliches Ausgraben und regelmäßiges Rückschneiden erfolgen“, sagt Pressesprecher Philipp Koenen. Mit der Stadt Weener und der Niedersächsischen Landgesellschaft (NLG) hatte der Landkreis in einem Pilotverfahren, gegen den Knöterich auf rund 500 Quadratmetern ein lichtundurchlässiges, aber wasser- und luftdurchlässiges Geotextil ausgelegt, welches mit etwa 30 Zentimeter Mutterboden überdeckt wurde, so Koenen. Damit sollte verhindert werden, dass der Japan-Knöterich von einer Straßenböschung auf eine Kompensationsfläche „wandert“.
Wie war der Erfolg? „Die Abdeckung sorgt für eine Eindämmung des Knöterichs, er kommt dort auch nicht hoch“, sagt Koenen. Ganz los ist man die zähe Pflanze trotzdem nicht: „Die Kraft des Knöterichs zeigt sich an den Stellen, an denen das Geotextil durchstoßen ist“, so der Sprecher, also zum Beispiel für Verkehrsschilder, Leitpfosten oder an den Rändern. „Hier kommt der Knöterich nach wie vor hoch und wird „per Hand“ bekämpft“, sagt Koenen.