Interview mit Comedian Paul Panzer über „Apaulkalypse“ und sein Alter Ego

Werner Jürgens
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Von Werner Jürgens
| 10.01.2024 19:09 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 7 Minuten
Paul Panzer kommt mit seinem Programm „Apaulkalypse“ nach Aurich. Foto: Tim Wegner
Paul Panzer kommt mit seinem Programm „Apaulkalypse“ nach Aurich. Foto: Tim Wegner
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Komiker Dieter Tappert, besser bekannt als Paul Panzer, erzählt von seinem neuen Programm „Apaulkalypse“ und enthüllt, wie er zwischen seinen zwei Identitäten navigiert.

Aurich - Sein bürgerlicher Name ist Dieter Tappert. Den meisten dürfte er allerdings besser bekannt sein als Paul Panzer. Als solcher ist er gerade wieder unterwegs mit seinem neuen Programm, das den Titel „Apaulkalypse – Jede Reise geht einmal zu Ende“ trägt und am Sonntag, 14. Januar 2024, in der Auricher Sparkassen-Arena Station machen wird.

Ich begrüße Sie, Herr Panzer. Oder sprechen wir jetzt mit Dieter Tappert?

Dieter Tappert: Das ist nie so ganz einfach, weil wir uns einen Körper teilen. Ich selber kann das auch nicht immer trennen. Das ist ein bisschen so wie Dr. Jekyll und Mr. Hyde. Der Dieter, der ist eher zurückhaltend. Der wäre nie so forsch und auch nicht so frech wie der Paul. Auf der anderen Seite gibt es Themen, die uns beide interessieren. Wer dann im Einzelfall für wen spricht, das könnt ihr euch aussuchen. Vielleicht sprecht ihr ja mit beiden.

Wie ist die Figur Paul Panzer entstanden?

Tappert: Ich habe schon relativ früh neben meinem Studium beim Radio anfangen. Nachdem ich bei den Nachrichten kläglich versagt hatte, weil ich ständig mit dem Moderator lachen musste, durfte ich mich um die lustigen Sachen kümmern. Das waren hauptsächlich Scherzanrufe und Hörspiele. Nun hast du im Radio nicht so viele Möglichkeiten. Das meiste läuft über die Stimme. Deswegen brauchte ich viele Charaktere. Und einer davon war Paul Panzer. Der ist dann immer wieder in verschiedenen Produktionen aufgetaucht und hat sich mehr und mehr in mein Leben reingedrängt, ähnlich wie die grauen Eichhörnchen aus Amerika, die allmählich unsere braunen Eichhörnchen vertreiben.

Wie und wo hat Paul eigentlich seine Hilde kennengelernt?

Tappert: Ich habe mal erzählt, dass das auf einer Reise in Norddeutschland auf einer Fähre passiert ist. Allerdings bin ich nicht näher darauf eingegangen, wo das genau war. Aber es könnte durchaus in Ostfriesland gewesen sein. Je mehr wir darüber reden, desto mehr wird da ein Schuh draus. Ich habe ohnehin ein Faible für Norddeutschland. Wenn ich nicht in Köln leben würde, würde ich bestimmt irgendwo bei euch da oben wohnen.

Die legendären Scherzanrufe von Paul Panzer haben die Leute am anderen Ende der Leitung reichlich Nerven gekostet. Der ist ja extrem hartnäckig.

Tappert: Dieses ständige Nachhaken hatte unter anderem damit zu tun, dass ich Paul immer als den typischen kleinen Mann betrachtet habe, der sich auch mal gegen das System stellt. Das war ursprünglich der Antrieb. Ansonsten hat der Paul von vor 15 oder 20 Jahren wenig mit dem von heute zu tun. Im Radio waren das nur kleine Schnipsel. Da war der Paul noch relativ unfertig. Auf der Bühne habe ich dann irgendwann mit dem Telefonieren aufgehört. Der Paul von heute würde so etwas mittlerweile auch ablehnen.

Hat Paul Panzer konkrete Feindbilder?

Tappert: Jedenfalls habe ich Menschen noch nie danach beurteilt, ob sie schwarz, weiß, gelb oder rot sind. Für mich wie für Paul existieren da vor allem zwei grundlegende Kategorien: Arschlöcher und Nicht-Arschlöcher.

Wer und was bringt denn den Paul von heute auf die Palme?

Tappert: Mein neues Programm heißt nicht von ungefähr „Apaulkalypse“. Das mag zwar traurig, destruktiv und depressiv klingen. Aber wir haben nun einmal Kriege auf der Welt, dazu eine Weltwirtschaftskrise, eine Flüchtlingskrise und eine Energie- und Klimakrise. Das hätte ich mir vor 20 Jahren selbst als Paul Panzer nicht ausmalen können. Ich dachte, wir würden mittlerweile in einer friedlichen Welt leben. Aber es ist ja alles nur noch schlimmer geworden. Insofern gibt es für Paul jede Menge Themen, die ihn auf die Palme bringen.

Das sind allesamt vergleichsweise ernste Themen.

Tappert: Profane Themen wie sie in der Gala oder der Bild-Zeitung stehen, sind dem Paul ohnehin von je her egal gewesen. Und dem Dieter auch. Es ging schon immer um die großen Themen. Woher kommen wir? Wohin gehen wir? Was machen wir falsch? Was können wir anders machen. Das interessiert mein Publikum, und darüber bin auch ich sehr froh, weil ich da meine Nische gefunden habe. Vielleicht ist mit den Jahren eine gewisse Altersweisheit dazu gekommen, dass man sich über manche Dinge mehr Gedanken macht. Das aktuelle Programm ist das siebte in 20 Jahren. Wenn ich mir meine ersten Plakate angucke, waren die nicht nur ziemlich schrill und bunt. Die waren auch ein Stück weit unwissend. Im Laufe der Zeit sind sie ernster geworden. Deswegen sind die Programme bestimmt nicht weniger lustig. Ganz im Gegenteil. Gerade in schweren Zeiten scheint das Bedürfnis lachen zu dürfen besonders groß zu sein.

Was darf Paul sagen, das Dieter nicht unbedingt laut sagen würde?

Tappert: Man kann das mit der Funktion des Hofnarren vergleichen. Der durfte ja auch Sachen ansprechen, die für andere Tabu waren. Dadurch tut sich Paul natürlich um einiges leichter, weil er sich mehr erlauben kann. Häufig bringt er auf seine schlichte Art aber nur das auf den Punkt, wofür andere nicht die richtigen Worte finden. Allerdings will ich es mir da auch nicht zu einfach machen. Nehmen wir als Beispiel das Gendern. Ich persönlich halte wenig davon und könnte das problemlos über Paul Panzer durch den Kakao ziehen. Von jemandem wie ihm würde jeder sofort erwarten, dass er das ablehnt und darüber ablästert. Aber das ist für mich als Künstler dann fast schon wieder ein Ausschlusskriterium und wäre mir zu billig, obwohl ich weiß, dass ich mir damit beim Gros des Publikums Applaus abholen würde.

Gibt es ein typisches Paul-Panzer-Publikum?

Tappert: Auf Brettspielen stand früher drauf „von 9 bis 99 Jahren“. Ich denke, das trifft es ganz gut, was das Alter angeht. Abgesehen davon würde ich sagen, die meisten Leute, die zu mir kommen, haben vermutlich weder die Bild-Zeitung abonniert noch lesen sie regelmäßig die Feuilleton-Seiten. Das ist irgendwo die Mitte, die trotzdem ein gesundes Gefühl dafür hat, was richtig und was falsch ist. Das sind hart arbeitende Menschen, die eine vernünftige Erziehung genossen haben und die deshalb nach wie vor etwas mit Moral und Ethik anzufangen wissen. Die sind durchaus in der Lage zu differenzieren und schaffen es, auch über ernste Themen zu lachen, weil sie ganz gut einordnen können, wie dicht Komödie und Tragödie bisweilen beieinander liegen.

Und was bringt Paul Panzer respektive Dieter Tappert wieder runter von der Palme?

Tappert: Das mag jetzt wie ein Spruch vom Abreißkalender klingen: Aber mit zunehmendem Alter merke ich, dass weniger oft tatsächlich mehr ist. Ich genieße inzwischen die einfachen Dinge. Das thematisiere ich auch in meinem neuen Programm. Wir haben jede Menge Zeugs, das zwar einen Wert hat, aber immer weniger Werte. Diesen ganzen Plastikdreck aus China zu kaufen, bloß weil er billiger ist, dem versuche ich mich zu entziehen, indem ich zum Beispiel im Wald spazieren gehe. Das ist für euch in Ostfriesland sicherlich völlig banal und normal. In den großen Städten kennen viele Leute so etwas aber gar nicht mehr. Denen rate ich dann auch: Mensch, geht doch einfach mal in den Wald, baut euch ein Zelt und macht Euch ein Feuer an. Deshalb wird das, was ich in meinem Programm erzähle, in Ostfriesland eine andere Wirkungen haben als in Berlin oder Köln. Denn der Erlebnishorizont der Leute ist dort ein ganz anderer. Das finde ich schon sehr spannend und darauf freue ich mich auch.

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