Serie „Beziehungskiste“ Schweres Gespräch – wie erklärt man Kindern die Scheidung?

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Von Ute Nobel
| 20.03.2024 09:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Wenn die Ehe nicht mehr funktioniert, leiden häufig die Kinder – Sandra aus Detern möchte das verhindern. Symbolfoto: Adobe Stock
Wenn die Ehe nicht mehr funktioniert, leiden häufig die Kinder – Sandra aus Detern möchte das verhindern. Symbolfoto: Adobe Stock
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Eine Mutter aus Detern steht vor einem schwierigen Gespräch – sie und ihr Mann werden sich trennen. Aber wie erklärt man das den Kindern? Familientherapeutin Sonja Saathoff gibt Rat.

Detern/Krummhörn - In unserer Serie Beziehungskiste geben Experten und Expertinnen Lesern und Leserinnen Rat. Heute fragt Sandra aus Detern: Mein Mann und ich werden uns trennen. Die Entscheidung ist uns nicht leicht gefallen, aber sie steht fest. Unsere Kinder (5 und 8) wissen davon noch nichts. Wie sollen wir es ihnen sagen?

Antwort von Familientherapeutin Sonja Saathoff

Ich freue mich darüber, dass Sie sich Gedanken machen und ein solches Gespräch gut vorbereiten wollen. Wahrscheinlich spüren Ihre Kinder bereits, dass etwas im Gange ist und dann ist es gut, dass Sie Ihre Verantwortung tragen und bald für Klarheit sorgen. Sobald Sie und Ihr Mann in etwa wissen, wie es weitergeht, sollten Sie gemeinsam das Gespräch mit Ihren Kindern suchen. Geben Sie den beiden altersgerecht, also mit einfachen Worten und in kurzen Sätzen, die Informationen, die für die beiden wichtig sind. Je jünger das Kind, desto wichtiger sind nur die Informationen, die das Kind selbst betreffen: Wo wird wer wohnen, wo sind die Spielsachen, bleiben sie im gleichen Kindergarten und derselben Schule, bleiben die Kontakte zu den Großeltern etc. Bedeutsam dürften Formulierungen sein wie „Mama und Papa werden bald nicht mehr zusammen wohnen, aber wir bleiben beide Eure Eltern und lieben Euch genau so sehr wie vorher“. Wenn die Kinder Fragen haben, auf die Sie noch keine Antwort wissen, können Sie das auch so sagen, nämlich dass Sie es noch nicht genau wissen, aber dass Sie als Eltern dafür eine Antwort oder Lösung finden werden.

Kindern deutlich machen: Sie tragen keine Schuld

Aus meiner Erfahrung mit Gruppen für Kinder aus Trennungs- und Scheidungsfamilien möchte ich Ihnen sagen, dass die meisten Kinder glauben, sie seien Schuld an der Trennung oder könnten irgendwie beeinflussen, dass die Eltern doch zusammenbleiben („Wenn ich nur ganz lieb bin…“). Bitte machen Sie ihren Kindern deutlich, dass die Verantwortung für die Trennung ausschließlich bei Ihnen beiden, bei den Erwachsenen, liegt, und dass Sie wirklich gründlich nachgedacht und viel gesprochen haben und beide der Meinung sind, dass dieser Weg für die ganze Familie der bessere ist. Und wenn ihre Kinder darüber traurig oder wütend sein sollten, ist das völlig in Ordnung – vermitteln Sie Ihnen das Gefühl, immer da zu sein und auch für diese schwierigen Gefühle ein offenes Ohr zu haben.

Hilfreich ist es sicher auch, wenn sie enge Bezugspersonen der Kinder (Großeltern, KiTa-MitabeiterInnen, LehrerInnen…) über die Situation informieren. Dann können auch diese die Kinder unterstützen, Verständnis zeigen und eventuell auftretende Fragen beantworten. Ihre elterliche Aufgabe ist es, den beiden auch in dieser vermutlich fordernden Zeit Sicherheit zu vermitteln, die vielen unterschiedlichen Gefühle auszuhalten und zu begleiten und Ideen von Schuld gar nicht erst aufkommen zu lassen. Es kann sein, dass Ihnen das auch gerade in dieser Situation viel Kraft abverlangt, also sorgen Sie bitte auch gut für sich selbst – Bewegung, Hobbies, gute Ernährung und angenehme soziale Kontakte sollten Sie im Blick behalten.

Da Ihre Kinder beide noch in dem Alter sind, in dem ihnen sicherlich abends vorgelesen wird, kann ich auch sehr ans Herz legen, entsprechende Bücher auszuleihen oder zu kaufen. Es gibt für Kinder aller Altersklassen wunderbare (Bilder-)Bücher zum Thema Trennung und Scheidung, die zum einen viel Raum für Gespräche bieten, zum anderen vermitteln, dass viele Kinder in ganz unterschiedlichen Familien leben und Ihre persönliche Situation gar nicht so ungewöhnlich und gut zu meistern ist.

Ich wünsche Ihnen gutes Gelingen und viel Geduld und Kraft! Herzliche Grüße, Sonja Saathoff

Familientherapeutin Sonja Saathoff. Foto: privat
Familientherapeutin Sonja Saathoff. Foto: privat

Sonja Saathoff lebt in der Krummhörn und ist seit mehr als 25 Jahren als Diplom-Sozialarbeiterin tätig, viele Jahre davon in der Kinder- und Jugendhilfe. Seit einigen Jahren ist sie selbstständig als Familientharapeutin, systemische Therapeutin, Coach und Supervisorin und arbeitet zudem im Psychologischen Beratungsservice des Studierendenwerks Oldenburg an der Hochschule Emden-Leer. Sie freut sich, Teil dieser Serie zu sein: „Ich freue mich darüber, wenn durch diese Serie Blickwinkel erweitert und neue Ideen für besondere (zwischen-) menschliche Situationen gewonnen werden können.“

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