Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit Diese Krummhörner stehen gegen rechts auf

| | 10.05.2024 09:56 Uhr | 1 Kommentar | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Jochen Risto (links), Petra Baasch und Jürgen Neubert vom Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit hoffen auf erfolgreiche Aktionstage. Foto: Groenendaal
Jochen Risto (links), Petra Baasch und Jürgen Neubert vom Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit hoffen auf erfolgreiche Aktionstage. Foto: Groenendaal
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In Deutschland droht ein Rechtsruck. Das wollen sich einige Krummhörner nicht gefallen lassen: Das Bündnis für Demokratie hat deshalb Aktionstage geplant, um auf Rechtspopulismus aufmerksam zu machen.

Krummhörn - Der erste Grundsatz des zivilgesellschaftlichen Bündnisses in der Gemeinde Krummhörn lautet: „Wir lehnen Hass und Gewalt sowie die Leugnung historischer Tatsachen, Ausgrenzung, Fremdenfeindlichkeit, Rassismus, Homophobie, Antisemitismus und religiöse Ausgrenzung zutiefst ab und treten ihnen entgegen. Im Einklang mit dem Grundgesetz stehen wir für Freiheit, Toleranz, internationales Miteinander, Solidarität und Demokratie.“ Und genau diesen Grundsatz möchte das Bündnis für Demokratie mit drei Aktionstagen im Mai besonders vertreten.

Musik auf dem Markt

An den drei verschiedenen Tagen bietet das Bündnis unter der Schirmherrschaft von Rico Mecklenburg, Präsident der Ostfriesischen Landschaft, eine Mischung aus Vorträgen, Musik und geselligem Miteinander. Anlass ist die anstehende Europawahl am 9. Juni, deren Ergebnis Auswirkungen auf die Gestaltung der demokratischen Zukunft in der Europäischen Union hat. „Wir wollen uns auf das Regionale beziehen, wir schauen immer nur auf die Städte“, sagt Jochen Risto vom Bündnis dazu. Um den Fokus ihrer Aktionstage auf die Region in und um die Krummhörn zu legen, steht vor allem der gesellschaftliche Austausch der Besucher untereinander im Vordergrund der Veranstaltungen. So sind zwei Vorträge mit Referenten zu den Themen „Rechtspopulismus auf dem Vormarsch“ und „Bäder-Antisemitismus auf Norderney“ in Pewsum geplant, mit anschließender Diskussionsrunde.

Die Abschlussveranstaltung der Aktionstage bilden die politischen Marktgespräche am 30. Mai. Unter dem Motto „Krummhörn vereint“ sollen Besucher auf dem Marktplatz die Möglichkeit bekommen, bei Live-Musik, Bier und Bratwurst ungezwungen ihre Blickwinkel auszutauschen. „Dass nicht gleich alle nach den Auftritten auseinanderrennen, sondern miteinander ins Gespräch kommen, das ist die Hoffnung“, so Risto. Die Veranstaltung auf dem Pewsumer Marktplatz haben sie erstmal für 200 Leute angemeldet. „Selbst, wenn nur zehn oder 20 Leute zu Hause ein Gespräch zu dem Thema anstoßen, dann ist das schon ein Gewinn“, sagt Risto.

Positiver Zuspruch von der Politik

Jochen Risto, Petra Baasch und Jürgen Neubert vom Bündnis freuen sich über den positiven Zuspruch, den sie von verschiedenen Seiten erhalten. So berichtet Baasch, dass sie in regionalen Supermärkten auf die Frage, ob sie dort Flyer für die Aktionstage verteilen darf, meistens ein „ja, selbstverständlich“ als Antwort erhält. Und auch von der Politik werden dem Bündnis keine Steine in den Weg gelegt, ganz im Gegenteil sogar. „Eigentlich sollte am letzten unserer Aktionstage eine Umweltausschusssitzung in Pewsum stattfinden“, erklärt Risto. Dann hätten Bürgermeisterin Looden und Ratsmitglieder nicht am politischen Geschehen auf dem Marktplatz teilnehmen können. „Aber die Politik ist sich einig gewesen, diese Sitzung zugunsten unserer Aktion zu verschieben.“ Es ist genau dieser Zuspruch, der die Vertreter des Bündnisses darin bestärkt, mit verschiedenen Aktionen weiterhin offen für Demokratie und Weltoffenheit einzustehen.

Fokus auf Jugendarbeit

Auch außerhalb der Aktionstage im Mai hat das Bündnis noch einige Pläne für den gesellschaftlichen Austausch. Am 10. Juni, dem Tag nach der Europawahl, steht eine gemeinsame Podiumsdiskussion mit der Mobilen Beratung Niedersachsen an. Diese Diskussion findet in der IGS in Hinte für alle dortigen Jahrgänge statt und hat das Ziel, miteinander ins Gespräch zu kommen. „Wir möchten auf jeden Fall weiterhin ein Bein in der Schule behalten“, so Risto. „Das wollen die Schulen auch, man ist dementsprechend schon auf uns zugetreten.“

Die Arbeit mit den Schulen liegt dem Bündnis besonders am Herzen. Schon kurz nach der Gründung vor etwa einem halben Jahr hatten die Mitglieder verkündet, dass es Bildungs- und Aufklärungsveranstaltungen für Jugendliche und Erwachsene geben soll. Die Jugendlichen möchten sie mit eben solchen Veranstaltungen in Schulen sensibilisieren, aber auch mit Aktionstagen wie denen im Mai. „Es ist nach wie vor unsere Herausforderung, die Jugend abzuholen“, sagt Risto. Darum sei es besonders wichtig, mit Veranstaltungen auf die deutsche Vergangenheit, aber auch auf aktuelle Entwicklungen wie die Gefahr des Rechtspopulismus für die Demokratie hinzuweisen.

Keine Angst vor Anfeindungen

Angst vor Anfeindungen haben Risto, Neubert und Baasch nicht. „Wir möchten den Menschen Mut machen, die Stimme zu erheben“, sagt Neubert. „Angst wäre da ein schlechter Ratgeber.“ Der Zuspruch aus Bekanntenkreisen habe sie noch mehr in ihrem Vorhaben bestärkt. Außerdem setzt Risto auf die engen bekanntschaftlichen Verhältnisse in der Krummhörn als Abschreckung vor Übergriffen. „Hier kennt man sich und sieht sich dann am nächsten Tag wieder.“ Natürlich seien sie sich der Gefahr durch Angriffe aus rechten Gruppen bewusst. Dies wurde besonders in den vergangenen Tagen durch den Übergriff aus diesem Milieu auf den SPD-Politiker Matthias Ecke, dem sächsischen Spitzenkanditat für die Europawahl, hervorgehoben. Das ändert aber nichts an den Plänen des Bündnisses, sich mit den Aktionstagen klar gegen rechts zu positionieren. „Schweigen ist Zustimmung und das ist gefährlich“, so Baasch.

Mittlerweile hat das Bündnis 84 Mitglieder. Und die Vereinigung soll auch nicht für immer ein loses Bündnis bleiben. Stattdessen befinde man sich in dem Prozess, aus dem Krummhörner Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit einen eingetragenen Verein entstehen zu lassen. Das Bündnis hatte sich im vergangenen November unter anderem als Antwort auf ein in Canum stattfindendes Rechtsrock-Konzert gegründet. Das Konzert im August 2023 wurde von Neonazis organisiert und hatte zu hitzigen Diskussionen geführt. Es kam sogar zu einem spontanen Protest in Form einer Mahnwache am Tag des Konzerts, bei dem 200 Menschen ein Zeichen gegen Rechts setzten.

Solche Zeichen der Gesellschaft gegen Rechtspopulismus möchte das Bündnis für Demokratie und Weltoffenheit mit den Aktionstagen im Mai fortführen. Der erste Vortrag zum Thema „Rechtspopulismus auf dem Vormarsch“ findet am Dienstag, dem 14. Mai, um 18.30 Uhr in der Mensa der IGS in Pewsum statt. Am Mittwoch, dem 29. Mai, folgt am gleichen Ort ein Vortrag mit Blick auf die Geschichte der Juden auf Norderney, ebenfalls um 18.30 Uhr. Am Donnerstag, dem 30. Mai, beginnt auf dem Pewsumer Marktplatz um 18.30 Uhr die Abschlussveranstaltung mit Musik, Gastrednern aus der Gemeinde sowie Speisen und Getränken. Der Eintritt zu allen Veranstaltungen ist frei.

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