75 Jahre Grundgesetz Loquarder Kita setzt sich für Kinderrechte ein

| | 23.05.2024 09:02 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Bettina Berndt (links) und Meenje van Velde möchten den Rechten von Kindern mehr Beachtung schenken. Foto: Groenendaal
Bettina Berndt (links) und Meenje van Velde möchten den Rechten von Kindern mehr Beachtung schenken. Foto: Groenendaal
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Kinderrechte sind wichtig, im Grundgesetz finden sie allerdings keine Beachtung. Eine Loquarder Kita setzte nun mit der Pflanzung eines Kinderrechtsbaumes ein Zeichen für mehr Anerkennung für die Kleinsten.

Loquard - Das Grundgesetz feiert heute seinen 75. Geburtstag. Eines sucht man darin jedoch vergeblich: fest verankerte Kinderrechte. Um dennoch auf die Rechte von Kindern aufmerksam zu machen, hat sich das Kindergartenteam der Kita Loquard etwas ganz Besonderes ausgedacht. Sie haben einen Kinderrechtsbaum in ihrem Ort gepflanzt.

„Wir wollten ein Zeichen dafür setzen, dass Kinder auch Rechte haben,“ begründet Erzieherin Meenje van Velde die Initiative des Kinderrechtsbaumes. Gemeinsam mit ihrer Kollegin Bettina Berndt, der Leiterin der Loquarder Kita in der Victor-Freese-Straße, hatte sie die Idee zur Pflanzung eines Baumes als ständige Erinnerung an die Rechte, die auch schon die kleinsten Mitglieder der Gesellschaft innehaben. Dieses Zeichen haben sie nun mit der Pflanzung des Baumes am 20. April dieses Jahres gesetzt.

Kinderrechte spielen große Rolle im Kita-Programm

„Die Idee hatten wir schon zu Beginn des Jahres“, so Berndt. Das hat einen guten Grund: Meenje van Velde hatte sich in ihrer Ausbildung bereits intensiv mit dem Thema der Kinderrechte auseinandergesetzt, hat dazu verschiedenste Projekte ausgearbeitet. Das Erlernte wollte sie anschließend gern auch in den Kita-Alltag in Loquard mit einfließen lassen.

Zur Einweihung des Kinderrechtsbaumes im April waren viele Kinder aus Kita und Grundschule anwesend. Foto: privat
Zur Einweihung des Kinderrechtsbaumes im April waren viele Kinder aus Kita und Grundschule anwesend. Foto: privat

Der Kinderrechtsbaum war aber keineswegs ein erster Schritt in der Auseinandersetzung der Kita in Loquard mit der Thematik „Kinderrechte“. Vielmehr war diese feierliche Aktion ein weiterer Bestandteil einer schon länger andauernden Beschäftigung der Kita-Kinder mit ihren Rechten. Schon seit Oktober 2023 haben die Vorschulkinder gemeinsam mit ihren Erzieherinnen in einem Projekt zwölf verschiedene Kinderrechte erarbeitet. Diese zwölf Kinderrechte wurden laut vorgelesen und anschließend von den Kindern an eine Leine gehängt. Damit sollen die Kinder immer an ihre Rechte erinnert werden.

Kinderrechtskonvention 1989 unterzeichnet

Im Grundgesetz findet man also keine Kinderrechte, denn dieses enthält nur Gesetze über Kinder, nicht aber für Kinder. Dennoch gibt es rechtliche Grundlagen, welche die Ansprüche und Bedürfnisse von Kindern sicherstellen. Am 20. November 1989 wurde von der Generalversammlung der Vereinten Nationen die UN-Kinderrechtskonvention verabschiedet. Auch Deutschland unterzeichnete die weltweit am meisten gezeichnete Konvention, die nur von den Vereinigten Staaten nicht unterzeichnet wurde. Am 5. April 1992 trat sie für Deutschland in Kraft, damit muss man sich hierzulande an die in der Konvention festgelegten 54 Artikel halten.

Dieses Schild weist auf den Kinderrechtsbaum hin. Foto: privat
Dieses Schild weist auf den Kinderrechtsbaum hin. Foto: privat

Die vier Grundprinzipien der Kinderrechtskonvention sind das Recht auf Nichtdiskriminierung (Artikel 2), das Recht auf Leben, Überleben und Entwicklung (Artikel 6), die Einhaltung der Kindesinteressen und des Kindeswohls (Artikel 3) sowie das Recht auf Beteiligung (Artikel 12). In ihrem Loquarder Kindergarten sehen Berndt und van Velde diese Rechte gut reflektiert. „Uns ist nicht bekannt, dass es einem Kind hier nicht gut geht, zum Beispiel durch finanzielle Sorgen der Eltern oder einer andersweitig schwierigen Situation zu Hause“, sagt Berndt. Ihre Kollegin stimmt ihr zu.

Recht auf Förderung, Beteiligung und Schutz

Nur weil es „ihren“ Kindern sehr gut zu gehen scheint, heißt das aber nicht, dass die beiden nicht trotzdem auf die schwierigen Umstände von Kindern an anderen Orten aufmerksam machen wollen. So haben es sich Berndt und van Velde zur Aufgabe gemacht, mit den Vorschulkindern, und somit den Ältesten in der Kita, auch über die Situation von Kindern in Kriegsgebieten und Kindern auf der Flucht zu sprechen. „Die drei Säulen der Kinderrechte sind die Förderrechte, Beteiligungsrechte und die Schutzrechte“, erklärt van Velde. Auch flüchtende Kinder haben das Recht auf angemessene Förderung, auf Beteiligung an der Gesellschaft und vor allem auf Schutz. „In der Vergangenheit haben wir bereits eine Sammelaktion veranstaltet“, sagt van Velde. Neben Kleidung wanderte auch Spielzeug in die Spendentüten, die dann dem sozialen Kaufhaus „Lüttje Knippke“ in Emden übergeben wurden, um so Kindern zu helfen, die diese Sachen dringend benötigen.

Kinderrechte im Grundgesetz

Die Politik plante bereits, Kinderrechte gesetzlich zuzusichern. So sah der Koalitionsvertrag von CDU/CSU und SPD aus dem Jahr 2018 erstmalig die Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz vor. Infolgedessen brachte die Bundesregierung im Jahr 2021 einen Gesetzesentwurf zur Aufnahme der Kinderrechte ins Grundgesetz ein. Doch die geplante Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz scheiterte am 8. Juni 2021. Die Vertreter der Bundestagsfraktionen konnten sich in der abschließenden Verhandlungsrunde nicht auf eine gemeinsame Formulierung einigen.

Auch der aktuelle Koalitionsvertrag von SPD, Grünen und FDP sieht eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz vor. Dies ist bisher noch nicht geschehen. Gegner der Verankerung betonen häufig, dass das Grundgesetz für alle Einwohner gelte und Kinder damit keine separaten Rechte bräuchten. Außerdem befürchten viele Kritiker, dass eine Verankerung der Kinderrechte im Grundgesetz dazu führen könnte, dass sich der Staat vermehrt in Familienangelegenheiten einmischt.

Besonders von Belang seien auch die Wertschätzung, Partizipation und Geborgenheit, so van Velde. Bei der Partizipation geht es um das Recht aller Kinder, gehört, berücksichtigt und ernst genommen zu werden. Um das auch in der Kita in Loquard garantieren zu können, achten die Erzieherinnen darauf, dass sich jedes der 25 Kinder in der Gruppe traut, seine Meinung offen zu äußern. „Dazu gehört auch, die Kinder ausreden zu lassen“, sagt Berndt. Auch Sätze wie, ‚Mein Körper gehört mir‘, werden den Kindern nähergebracht. Berndt erklärt:„Jeder Kindergarten muss seit letztem Jahr ein Kinderschutzkonzept ausarbeiten.“

Die Kinder haben tatkräftig bei der Einpflanzung des Baumes geholfen. Foto: privat
Die Kinder haben tatkräftig bei der Einpflanzung des Baumes geholfen. Foto: privat

Briefkasten für Verbesserungsvorschläge

Sie und ihre Kollegin freut es, dass den Kinderrechten mit solchen Konzepten mehr Beachtung geschenkt wird. Und mit ihrem Kinderrechtsbaum steht nun auch in Loquard ein Zeichen für mehr Aufmerksamkeit gegenüber Kindern und ihren Rechten. „Der Baum wurde extra auf einem öffentlichen Gelände beim FC Loquard gepflanzt, damit er für alle zugänglich ist“, so van Velde.

Und mit der Pflanzung des Baumes ist es noch nicht vorbei, denn das Kitateam hat noch einige Pläne. Bei der Baumpflanzung wurde der Bürgermeisterin der Krummhörn, Hilke Looden (parteilos), symbolisch ein Briefkasten überreicht. Die Idee ist, einen Briefkasten zu organisieren, der dann am oder in der Nähe des Baumes angebracht wird. „Dort könnten die Kinder und Jugendlichen ihre Wünsche einwerfen, oder Vorschläge zur Verbesserung der Kinderfreundlichkeit in der Gemeinde“, sagt van Velde. Dieser Postkasten könnte dann in regelmäßigen Abständen vom Jugendpfleger der Gemeinde geleert werden.

Außerdem planen Berndt und van Velde, am 20. November, dem Jahrestag der Verabschiedung der UN-Kinderrechtskonvention, oder im September, als die Konvention offiziell völkerrechtlich in Kraft trat, mit den Kindern eine Feier zugunsten der Kinderrechte zu veranstalten. „Es soll eine jährliche Aktion stattfinden“, so Berndt. Mit einer solchen Feier, mit ihren Projekten und nun auch mit der Pflanzung des Kinderrechtsbaumes möchten sie darauf aufmerksam machen, „dass Kinder eigene Rechte haben, dass sie alle die gleichen Rechte haben, darunter auch das Recht darauf, glückliche Erwachsene zu werden“, so van Velde.

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