Konzert in Wiesmoor Nena lieferte Zuhörern den Soundtrack ihrer Jugend
Fette Bässe, ordentliche Gitarrenriffs und die unverwechselbare Stimme der Frau, die schon vor mehr als 40 Jahren um die Welt ging. Wiesmoor schwelgte am Freitag mit „99 Luftballons“ in Erinnerungen.
Wiesmoor - „Sie ist so eine tolle Frau“: Diese Meinung taten nicht wenige der 3500 Besucher der Freilichtbühne am Freitagabend voller Bewunderung kund: Nena hat mit ihrer Stimme die Welt erobert – und die Herzen in Wiesmoor. Und nicht zuletzt hat sie die Mode der 1980er geprägt. Bis nach Ostfriesland reichte ihr langer Schatten schon damals: „Diese gestreiften Hosen hatten wir alle an. Knalleng“, erinnert sich ein Konzertgast. Nena, das sei für sie und ihre Freundinnen damals Musikidol und Stil-Ikone zugleich gewesen. Gemeinsam schwelgten die acht Frauen aus Ihlow, Jahrgang 1965 bis 1970, in Erinnerungen: von Auftritten auf Schulfesten am Mikrofon, den Welthit „99 Luftballons“ singend. Von dem Lieblingsshirt mit Nena drauf und dem von ihrem Style inspirierten umfunktionierten Herrenhemd des Vaters.
Nena kann die Massen mitreißen, daran ließ sie an diesem Abend keine Zweifel aufkommen. Mit ihren 64 Jahren ist Gabriele Susanne Kerner längst Oma. Und offenbar ein Familienmensch durch und durch, davon konnte sich in Wiesmoor jeder überzeugen. Zunächst stand ihre Tochter Larissa Kerner auf der Bühne unter freiem Himmel. Zusammen mit Janick Zebrowski tritt die als Issa Bloch auf – und verbreitete als Support-Act mit fetten Bässen gute Laune. Dabei hatte sie auch ihre Tochter und ihren Sohn – der filmte den Auftritt seiner Mama live auf der Bühne der an diesem Abend ausverkauften, idyllisch gelegenen Veranstaltungsfläche. Später sang Larissa Kerner auch im Background ihrer Mutter.
Nenas Musik bringt Generationen zusammen
Spätestens bei den ersten Takten von Nenas „Nur geträumt“ aber gab es kein Halten mehr. Mit Esprit und viel Stimme, dazu stilsicher wie eh und je in schwarzem Leder, schickte die Sängerin samt zehnköpfiger Band ihre Zuhörer direkt mit dem ersten Song auf eine Zeitreise. Anders als für die meisten Fans, die diesem Moment über Monate hinweg entgegengefiebert hatten, fand sich Christel Jepp an ihrem 80. Geburtstag recht spontan bei diesem Konzert wieder. „Das war eine Überraschung“. Ihre Tochter Simone aus Norden habe ihr die Tickets erst am Nachmittag geschenkt. Die Seniorin im Rollstuhl freute sich über den wilden Ritt in die Vergangenheit. Sie ist passionierte Konzertbesucherin: Udo Lindenberg, Simon & Garfunkel, Phil Collins – die hat sie alle schon live erlebt. Nichts aber geht über The Rolling Stones, verrät sie mit einem wissenden Lächeln.
Nena bringt die Generationen zusammen, das gilt auf der Bühne und wird auch beim Blick in die Menge deutlich. Das Durchschnittsalter, es scheint an diesem Abend auf der Freilichtbühne schwer greifbar. Kinder sind in Begleitung ihrer Eltern unterwegs, dazu zahlreiche Gruppen junger Menschen unter 25. Imke Zielinski, Natascha Eihusen und Anna Bednarek aus Wiesmoor sind 23 beziehungsweise 24 Jahre jung und haben sich für diesen Abend extra Nena-Shirts zugelegt. Was für sie bei diesem Konzert keinesfalls fehlen darf? „Die älteren Sachen, die man von früher kennt.“ Sie sollten nicht enttäuscht werden: „Richtig gut“, schwärmt Bednarek gegen Ende des Konzertes. Die meisten Konzertbesucher aber dürften die Glanzzeiten von Nena, damals noch als fünfköpfige Band, noch aktiv miterlebt haben.
Nena hat es noch drauf
Für die Wiesmoorerin Sandra Landherr ist der Auftritt von Nena in ihrer Stadt etwas ganz Besonderes. „Sie war mein Kindheitsstar“, verrät sie und verweist auf unzählige Poster aus den Jugendzeitschriften „Bravo“ und „Popcorn“. „Mein Zimmer war damit tapeziert.“ Sie hat nicht nur ihre Freundin Annika Wischnewski dabei, sondern je auch einen Luftballon. Mit dieser Idee waren die Frauen nicht allein: Gerade „99 Luftballons“, der größte Hit von Nena aus dem Jahr 1983, hat offenbar einen bleibenden Eindruck hinterlassen: Nicht wenige hatten einen eigenen Ballon mitgebracht. Nena auch – mit rund einem Meter Durchmesser war der deutlich größer als die anderen. Während sie den Welthit sang, warf sie ihren Luftballon ins Publikum. Auch für Landherr ist genau dieser Titel ein ganz besonderer, erinnert sie sich lachend: „Den hab ich damals auf dem Mullberger Erntefest gesungen.“
Nach diesem Auftritt in Wiesmoor dürfte jedem klar sein: Nena hat es auch nach mehr als 40 Jahren im Musikgeschäft noch drauf. Ihre Musik verbindet Menschen und weckt Emotionen. Vor der Bühne wurden Tränen der Rührung geweint und Tränen der Freude gelacht. Menschen lagen sich in den Armen und genossen einfach eine unbeschwerte Zeit.