Landtag in Hannover Land will Meyer Werft in „existenzieller Krise“ helfen

Christopher Weckwerth (dpa) und Lars Löschen
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Von Christopher Weckwerth (dpa) und Lars Löschen
| 18.06.2024 13:35 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Die Meyer Werft an der Ems steht vor einer Restrukturierung und will mehr als 400 Stellen streichen. Archivfoto: Sina Schuldt/dpa
Die Meyer Werft an der Ems steht vor einer Restrukturierung und will mehr als 400 Stellen streichen. Archivfoto: Sina Schuldt/dpa
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Die für ihre Kreuzfahrtriesen bekannte Meyer Werft steckt in einer finanziellen Krise. Niedersachsens Landesregierung signalisiert Hilfsbereitschaft - stellt aber auch Forderungen.

Hannover - Die finanziell schwer angeschlagene Meyer Werft muss sich nach Vorstellung von Niedersachsens Landesregierung für Hilfen aus dem Landeshaushalt neu aufstellen. Das Land werde alles dafür tun, gemeinsam mit dem Bund Lösungen für eine zukunftsfähige Meyer Werft und für sichere Arbeitsplätze zu finden, sagte Wirtschaftsminister Olaf Lies (SPD) am Dienstag im Landtag in Hannover, wo auch mehrere Beschäftigte der Werft zu Gast waren. „Das setzt aber auch voraus, dass es kein Weiter so gibt.“

Die Meyer Werft baue die modernsten Kreuzfahrtschiffe der Welt und sei ein wichtiger Wirtschaftsfaktor nicht nur für Niedersachsen, sondern für ganz Deutschland, sagte Lies. Als international tätiger Konzern müsse sie aber auch entsprechende Strukturen haben: „Es braucht einen mitbestimmenden Aufsichtsrat, es braucht eine Konzernstruktur.“ Was nicht gehe, sei eine pauschale Botschaft des Unternehmens, dass sich die Zukunft nur mit dem Abbau von Stellen sichern lasse. „Das kann nicht die Maßgabe sein, das kann auch nicht im Interesse des Landes sein.“

Diskussion über Sitz der Werft in Luxemburg

Bereits am Wochenende hatte Lies gesagt, das Unternehmen müsse unter anderem seinen Firmensitz zurück nach Deutschland verlegen. Derzeit hat die Werft aus dem emsländischen Papenburg ihren Sitz in Luxemburg. Der SPD-Abgeordnete Nico Bloem, früher selbst Schiffbauer und Betriebsratsvorsitzender bei der Meyer Werft, bezeichnete den Sitz der Holding in Luxemburg im Landtag als „schwierig“.

Olaf Lies (SPD), Wirtschaftsminister von Niedersachsen, spricht bei einer Kundgebung am 4. Juni 2024 vor dem Werkstor zu der Belegschaft der Meyer Werft. Archivfoto: Sina Schuldt/dpa
Olaf Lies (SPD), Wirtschaftsminister von Niedersachsen, spricht bei einer Kundgebung am 4. Juni 2024 vor dem Werkstor zu der Belegschaft der Meyer Werft. Archivfoto: Sina Schuldt/dpa

Trotz voller Auftragsbücher muss die Werft bis Ende 2027 eine Finanzierungslücke von 2,7 Milliarden Euro füllen. Dabei geht es Lies zufolge um eine Erhöhung des Eigenkapitals sowie die Absicherung von Krediten mit Bürgschaften. „Es ist, das muss man deutlich sagen, eine existenzielle Krise, in der wir sind“, sagte der Minister über das Unternehmen.

CDU: Weil muss Rettung zur Chefsache machen

CDU-Fraktionschef Sebastian Lechner sagte, wenn die Meyer Werft huste, bekomme die ganze Region rund um Papenburg eine Lungenentzündung. Die CDU stelle sich daher der Verantwortung, in Bund und Land an einer Lösung mitzuarbeiten. Um Bürgschaften zu übernehmen, brauche es aber ein wirtschaftlich tragfähiges Konzept. „Das heißt auch, dass im Unternehmen nicht alles bleiben kann, wie es ist“, sagte Lechner. Es sei jedoch nicht die Aufgabe der Politik, dem Betriebsrat und der Geschäftsführung Ratschläge zu geben.

Lechner appellierte zudem an Ministerpräsident Stephan Weil (SPD), die Dimension der Krise sei so groß, dass dieser die Rettung der Meyer Werft zur Chefsache machen müsse. „Jetzt ist es Ihre Aufgabe, Herr Ministerpräsident, Bund und EU ins Boot zu holen“, sagte der CDU-Politiker.

Viel Geld für die Schiffe fließt erst bei Fertigstellung

Die Meyer Werft leidet unter Nachwirkungen der Corona-Pandemie und Preissteigerungen infolge des russischen Angriffs auf die Ukraine. Die Verträge für die Kreuzfahrtschiffe waren zum Teil vor der Pandemie abgeschlossen worden und sehen keine Anpassung an die drastisch gestiegenen Energie- und Rohstoffpreise vor. Die Werft bekommt rund 80 Prozent des Kaufpreises erst bei der Ablieferung und muss den Bau mit Krediten zwischenfinanzieren.

Trotz gefüllter Auftragsbücher hatte die Werft daher im Frühjahr den Sanierungsexperten Ralf Schmitz in die Geschäftsführung geholt. Dieser hatte Anfang Juni seine Absicht bekanntgegeben, 440 der rund 3000 Stellen in Papenburg zu streichen. Das stößt auf den Widerstand von Betriebsrat, IG Metall und Landesregierung.

Kreistag Leer bekundet volle Solidarität

In Leer bekunden die Kreistagsmitglieder einstimmig ihre Solidarität mit der Papenburger Meyer Werft und ihrer Belegschaft, heißt es in einer Mitteilung. „Wir stehen zu euch. Wir wollen eure Werft bei uns behalten.“ In einer Resolution richtet sich der Kreistag an diejenigen, die über den Fortbestand des Schiffbauunternehmens verhandeln oder entscheiden: „Tun Sie, was immer möglich ist, um den Werftstandort zu sichern. Alles andere hätte katastrophale wirtschaftliche und soziale Folgen, für die Beschäftigten und ihre Familien, die vielen Zulieferbetriebe, den Tourismus und die Kaufkraft in der Region. Meyer muss erhalten bleiben.“

Die Meyer Werft ist der größte Industrie-Arbeitgeber in dieser Region. Sie beschäftigt 3.000 Mitarbeiterinnen und Mitarbeiter; Hunderte von ihnen kommen aus dem Landkreis Leer. Auch zahlreiche Zulieferbetriebe hängen an dem Unternehmen.

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