Krankenhaus statt Eröffnungsspiel Niclas Füllkrug schießt Ostfriesen-Freund in Klinik

| | 18.06.2024 15:55 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
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Von der Allianz-Arena ging es für Kai Flathmann am Freitag in Trikot und Fanschal in ein Münchener Krankenhaus. Fotos: Privat
Von der Allianz-Arena ging es für Kai Flathmann am Freitag in Trikot und Fanschal in ein Münchener Krankenhaus. Fotos: Privat
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Nach einem Torschuss vorm Eröffnungsspiel war der Arm von Kai Flathmann gebrochen – Hospital statt 5:1-Party im Stadion. Wir sprachen mit dem Bremerhavener und seinem Ostfriesen-Kumpel, der dabei war.

München - An der verrücktesten Geschichte dieser Fußball-Europameisterschaft ist auch ein Buten-Ostfriese beteiligt. Der frühere Leerhafer Florian Kühn stand direkt daneben, als seinem Freund Kai Flathmann vor dem Eröffnungsspiel in der Münchener Allianz-Arena der Arm gebrochen wurde – von Nationalspieler Niclas Füllkrug bei einem Torschuss vor dem Spiel. Statt im Stadion verfolgte der Bremerhavener das famose 5:1 auf dem Handy auf dem Weg ins und im Krankenhaus.

Am Ende des Aufwärmens passierte der unglückliche „Schuss-Unfall“ mit Niclas Füllkrug. Foto: Imago
Am Ende des Aufwärmens passierte der unglückliche „Schuss-Unfall“ mit Niclas Füllkrug. Foto: Imago

„Die Hymne habe ich aber noch im Stadion auf der Krankenliege mitgesungen“, erzählt der 43-jährige Flathmann unserer Zeitung. Das Telefonat musste der große Fußballfan nach wenigen Minuten am Dienstagmittag unterbrechen und auf später verschieben. „Ich habe nun gleich ein Zoom-Gespräch mit ,Taff‘ von ProSieben.“

Von RTL bis Sky

Die meisten Medientermine am Tag vor dem zweiten deutschen Gruppenspiel gegen Ungarn (Mittwoch, 18 Uhr) hatten im deutschen Lager nicht Julian Nagelsmann, Toni Kroos oder Jamal Musiala. Durch einen Bericht in der „Bild-Zeitung“ bekamen ganz Deutschland und auch das europäische Ausland Wind von der Flathmann-Geschichte. „Freunde aus München riefen mich an, dass sie mich gerade auf der Titelseite der ,Bild‘-Zeitung gesehen haben. Wahnsinn, was das für Ausmaße annimmt.“ RTL, NDR, ProSieben, Sky, viele Zeitungen, diverse Radiosender – das Telefon stand bei Kai Flathmann am Dienstag nicht still.

Auch im Spiel landete Niclas Füllkrug einen Volltreffer. Mit 110 km/h schoss er den Ball ins Tor der Schotten. Foto: Imago
Auch im Spiel landete Niclas Füllkrug einen Volltreffer. Mit 110 km/h schoss er den Ball ins Tor der Schotten. Foto: Imago

Und immer wieder musste Kai Flathmann seine unglaubliche Geschichte von Freitagabend erzählen. Etwa 30 Minuten vor dem Anpfiff wollte er bei einem Torschuss des Dortmunders und Ex-Bremers Niclas Füllkrug beim Aufwärmprogramm den Ball in der Luft stoppen. Dabei flog das „Geschoss“ dann gegen seinen ausgestreckten Arm. „Wir standen direkt in der ersten Reihe hinterm Tor“, berichtet der in Leerhafe (Landkreis Wittmund) aufgewachsene und seit mehr als zehn Jahren in Beverstedt (Landkreis Cuxhaven) lebende Florian Kühn.

Platztausch vor dem Spiel

Flathmann schaute Kühn und die anderen Freunde an. „Ich glaube, der Arm ist durch.“ Er wollte aber erst noch bei den Kumpels bleiben und auch das Spiel verfolgen. Dann wurde er ziemlich blass und die von ihm aufgesuchten Sanitäter, von denen er eigentlich nur ein paar Kühlakkus holen wollte, behielten ihn dann da – und organisierten den Transport ins Krankenhaus. „Das war natürlich bitter für Kai. Wir haben uns alle so sehr auf dieses Spiel gefreut. Er hätte auch eigentlich woanders gesessen, konnte seine Karte dann aber noch tauschen, so dass er hinterm Tor stand“, so Kühn. Sein Bruder Bastian Kühn war einst ein talentierter Fußballer, bestritt U-Länderspiele, schaffte letztlich aber nicht den Sprung ins Profigeschäft. Er lebt in Wilhelmshaven.

Kai Flathmann (Zweiter von rechts) hatte nach dem Spiel seinen Arm in Gips und wurde nach der Partie von seinen Kumpels (von links) Patrick, Florian, Tristan und Dennis wieder eingesammelt. Florian Kühn stammt ursprünglich aus Ostfriesland. Foto: Privat
Kai Flathmann (Zweiter von rechts) hatte nach dem Spiel seinen Arm in Gips und wurde nach der Partie von seinen Kumpels (von links) Patrick, Florian, Tristan und Dennis wieder eingesammelt. Florian Kühn stammt ursprünglich aus Ostfriesland. Foto: Privat

Um kurz vor 1 Uhr konnte Kai Flathmann in der Nacht zu Samstag das Krankenhaus dann verlassen. Er und seine Kumpels fanden wieder zusammen. Statt Party nach dem Spiel war nun längeres Warten auf den 5.14 Uhr-Zug nach Bremen angesagt. „Der Armbruch tat schon weh. Das Eröffnungsspiel nicht gesehen zu haben aber nochmal mehr.“

DFB meldete sich bereits

Der DFB hat sich auch schon gemeldet, will ein Paket mit Trikot und anderen Genesungsgeschenken schicken. „Das war ein nettes Gespräch. Es wurden auch Genesungswünsche von Niclas Füllkrug bestellt“, so der 43-Jährige. Das Trikot kommt mit den vielen Zeitungsberichten dann in einen Rahmen – als Erinnerung an den verrückten Tag.

Treffen mit dem „Füllkrug-Opfer“

Unter den 66.000 Zuschauern beim EM-Eröffnungsspiel am Freitag waren auch zahlreiche Ostfriesen – auch unsereins durfte das famose 5:1 gegen Schottland und einen unvergesslichen Tag in München mit überragenden Fans von der Insel erleben. Nur die Reise mit der Deutschen Bahn verdiente nicht das Prädikat „herausragend“. Besonders die Rückreise am Samstag war herausfordernd. In Nienburg an der Weser musste sogar der ICE verlassen werden. Die Strecke nach Bremen war gesperrt, ein Baum lag auf den Gleisen. Zurück nach Hannover? Ersatzbusse? Taxi nach Bremen? Die Dame am Serviceschalter war nicht zu beneiden. Vor mir in der Schlange standen drei Männer, die auch beim Eröffnungsspiel waren. Einer hatte den Arm in Gips. Man kam kurz ins Gespräch und hörte die unglaubliche Geschichte von Kai Flathmann persönlich. Die Reisetortur endete bei dem Fan-Trio aus der Nähe von Bremerhaven damit, dass die Frau eines Reisenden sie abholte. Eine Stunde warteten die drei Männer. Ich selbst fuhr dann in einem Taxi mit zwei türkischen Geschäftsleuten aus Istanbul nach Bremen. Man half den beiden noch, das Fahrgastformular auszufüllen und ist nun gespannt, was die Bahn einem zurückerstattet – und was Niclas Füllkrug und der DFB dem Pechvogel Kai Flathmann im Überraschungspaket alles zukommen lassen.

Sören Siemens

Kai Flathmann, Bastian Kühn und die anderen Kumpels sind glühende Deutschland-Fans und sammelten über ein Bonus-Punkte-System des Fanclubs Nationalmannschaft auch so viele Punkte, dass sie vermutlich alle deutschen EM-Spiele live im Stadion sehen können.

Kai Flathmann hat den Gips nun im EM-Design. Foto: Privat
Kai Flathmann hat den Gips nun im EM-Design. Foto: Privat

Am Mittwoch sitzt die Gruppe wieder im Zug, diesmal nach Stuttgart. Wenn es um 5.37 Uhr in Bremerhaven losgeht, ist auch Kai Flathmann an Bord. „Nachdem ich schon das erste Spiel verpasst habe, will ich nun auf jeden Fall dabei sein.“ Der Mann von der „Bild-Titelseite“ dürfte in Stuttgart sicherlich den einen oder anderen Selfie-Wunsch erfüllen. Sein Gips ist inzwischen auch im EM-Design – aus blau wurde schwarz, rot und gold.

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