Unesco 15 Jahre, 15 Fakten – das Weltnaturerbe Wattenmeer feiert Geburtstag

| | 20.06.2024 13:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 6 Minuten
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Charlotte Pauling leistet ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Nationalparkhaus in Greetsiel. Dort informiert sie Besucherinnen und Besucher über das Weltnaturerbe Wattenmeer. Foto: Ortgies
Charlotte Pauling leistet ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Nationalparkhaus in Greetsiel. Dort informiert sie Besucherinnen und Besucher über das Weltnaturerbe Wattenmeer. Foto: Ortgies
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Seit 2009 gehört das Wattenmeer zu den Weltnaturerben. Damit steht es auf einer Liste etwa mit dem Great Barrier Reef vor der australischen Ostküste oder dem Grand Canyon in den USA.

Ostfriesland - Für Niederländer, Dänen und Norddeutsche beginnt das Weltwunder direkt vor der Haustür - auch wenn es mehr ein Wunder auf den zweiten Blick ist. Denn für manche mag das Wattenmeer öde und leblos wirken. Doch der Eindruck täuscht. Das Wattenmeer ist eine der ökologisch wertvollsten Regionen der Erde. Diesen „außergewöhnlichen und universellen Wert“ erkannte auch die UN-Kulturorganisation Unesco, als sie das Wattenmeer 2009 zum Weltnaturerbe ernannte. Wir haben zum 15. Geburtstag des Weltnaturerbes 15 Fakten über das Wattenmeer rausgesucht.

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Wir lieben Ostfriesland fürs Watt
04.11.2019

1. Artenvielfalt

Nach Auskunft der Unesco zeichnet sich das Wattenmeer durch ein sehr hohes Maß an Biodiversität aus: Mehr als 2300 Pflanzen- und Tierarten leben in und von den Salzwiesen, die marinen und brackwasserhaltigen Zonen beherbergen circa 2700 weitere Arten. Zu den im Wattenmeer lebenden Säugetieren zählen Seehunde, Kegelrobben und Schweinswale. Im Schlick tummeln sich Muscheln und Krebse, Faden- und Strudelwürmer, darüber hinaus ist das Watt Laichplatz von zahlreichen Meeresfischen wie Scholle und Seezunge. Das Wattenmeer dient als Rast-, Mauser- und Überwinterungsgebiet für Zug- und Brütvögel. Das Gebiet beherbergt bis zu 6,1 Millionen Vögel gleichzeitig.

Charlotte Pauling leistet ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Nationalparkhaus in Greetsiel. Dort gibt es auch Informationen über die Vögel im Wattenmeer. Foto: Ortgies
Charlotte Pauling leistet ein Freiwilliges Ökologisches Jahr im Nationalparkhaus in Greetsiel. Dort gibt es auch Informationen über die Vögel im Wattenmeer. Foto: Ortgies

2. Größe

Die Welterbestätte Wattenmeer erstreckt sich laut Unesco über eine rund 11.500 Quadratkilometer große Fläche. Das entspricht über 1.610.644 Fußballfeldern oder 4,5 Mal der Fläche Saarlands. Etwa 30 Prozent des Gebiets liegen in den Niederlanden, 60 Prozent in Deutschland und etwa zehn Prozent in Dänemark.

Diese Grafik zeigt das Weltnaturerbe Wattenmeer. Grafik: DPA
Diese Grafik zeigt das Weltnaturerbe Wattenmeer. Grafik: DPA

3. Nationalparks

Zu dem Weltnaturerbe Wattenmeer gehören in Deutschland drei Nationalparks: Nationalpark Schleswig-Holsteinisches Wattenmeer, Nationalpark Niedersächsisches Wattenmeer und der Nationalpark Hamburgisches Wattenmeer. Besonderes Augenmerk liegt dabei auf der nachhaltigen Bewirtschaftung der Inseln und Halligen, der Nutzung regenerativer Energiequellen sowie der Weiterentwicklung eines naturverträglichen Tourismus.

4. Watt

Als Watt bezeichnet man Flächen in der Gezeitenzone der Küsten, die bei Niedrigwasser trockenfallen. Dabei kann es sich um Sand-, Misch-, Schlick- oder Felswatt handeln. Das Wort „Watt“ leitet sich vom altfriesischen Wortstamm „wada“ ab, was so viel bedeutet wie „durch waten passierbar“.

Auch die Pflanzen werden im Greetsieler Nationalparkhaus ausgestellt. Foto: Ortgies
Auch die Pflanzen werden im Greetsieler Nationalparkhaus ausgestellt. Foto: Ortgies

5. Tide

Das Watt wird zweimal am Tag während des Hochwassers überflutet und fällt bei Niedrigwasser wieder trocken. Dabei werden durchschnittlich 15 Kubikkilometer Meerwasser durch die Wattrinnen und Priele in das Tidenbecken bewegt, in dem in etwa dieselbe Wassermenge bei Ebbe verbleibt. Bei normalem Hochwasser befinden sich so bis zu 30 Kubikkilometer Wasser im Watt. Der zeitliche Abstand zwischen einem Hochwasser und einem Niedrigwasser beträgt durchschnittlich sechs Stunden und zwölf Minuten.

6. Entstehung

Vor etwa 8000 Jahren nahm der Anstieg des Meeresspiegels als Folge der Eiszeit ab und ermöglichte so die Entstehung des Wattenmeeres, schreibt das Common Wadden Sea Secretariat auf seiner Website. Das Gebiet entwickelte sich, indem es zur offenen See hin durch eine Barriere aus Düneninseln und sandigen Untiefen geschützt und zur Landseite hin von Tidenbereichen und Salzwiesen bestimmt wurde. Die heutige Landschaft und Unterwasserwelt hat sich fast vollständig als Folge der letzten drei Eiszeiten gebildet.

7. Aufnahme als Weltnaturerbe

Um als Welterbe ausgezeichnet zu werden, muss ein Auswahlkriterium erfüllt sein. Das Wattenmeer punktete gleich dreimal: Unter anderem wegen der geologischen und ökologischen Bedeutung wurden am 26. Juni 2009 große Teile des deutschen und niederländischen Wattenmeeres in das Unesco-Weltnaturerbe aufgenommen. 2011 wurde die Liste um das Hamburgische Wattenmeer erweitert, 2014 kam das dänische Wattenmeer hinzu. Es muss für heutige und künftige Generationen erhalten werden. Beim Schutz des Wattenmeeres arbeiten Dänemark, Deutschland und die Niederlande schon seit 1978 zusammen - allerdings ohne eine rechtlich bindende Vereinbarung. Die Aufnahme in die Weltnaturerbe-Liste wird als „Goldmedaille im Naturschutz“ angesehen.

8. Inseln

Das Wattenmeer umfasst rund 50 Inseln. Die von Gletschermoränen gebildeten größeren Inseln formen vom südwestlichen Ende des Wattenmeeres bis zu seinem nordöstlichen Ende eine Kette von Barriereinseln. Die weiteren, kleineren Inseln, zum Beispiel die Halligen Marschinseln, sind laut Wikipedia teilweise Reste eines ehemaligen Salzmarsches, der vom Meer zerstört wurde. Die Ostfriesischen Inseln gehören zu den Barriereinseln, die aus Sandbänken entstanden sind.

9. Priele

Priele sind laut Nationalparkverwaltung Wasserläufe im Watt, die sich bis in die Salzwiesen hinein ziehen. Sie sind auch bei Ebbe mit Wasser gefüllt und dienen somit Tieren, die das Trockenfallen nicht vertragen, als Lebensraum. Wie ein großes Geflecht von Adern durchzieht das Netz aus Wasserläufen das Watt, von kleineren Prielen und Rinnen bis hin zu den großen Seegats zwischen den Inseln. Durch diese Wasserläufe fließt bei Ebbe das Wasser in die Nordsee ab und strömt bei Flut wieder herein.

Ein Luftbild von einem Priel im Wattenmeer. Foto: Wikipedia
Ein Luftbild von einem Priel im Wattenmeer. Foto: Wikipedia

10. Tourismus

Nicht nur zahlreiche Tier- und Pflanzenarten leben von und im Wattenmeer. Jedes Jahr kommen Tausende Touristen an die Küsten, um das Wattenmeer zu besuchen. Einerseits können deren Aktivitäten wie Wandern, Radfahren oder Wassersport die geschützten Lebensräume, Tiere und Pflanzen stark beeinträchtigen. Andererseits wollen die Nationalparkverwaltungen das Naturerlebnis trotzdem erlebbar machen. Deshalb setzen sich die Nationalparkverwaltungen und Tourismus-Verantwortlichen gemeinsam dafür ein, die Besucherinnen und Besucher behutsam an die Natur heranzuführen.

11. Fischerei

Von und mit dem Wattenmeer leben auch die Krabben- und Muschelfischer. Der Titel Weltnaturerbe sei auch eine Auszeichnung für die Fischerei, sagt Gerold Conradi, zweiter Vorsitzender des Landesfischereiverbandes Weser-Ems, und Sprecher der Fischer aus Greetsiel. „Für uns ist die Auszeichnung sehr gut“, sagt der ehemalige Fischer. Denn der Fischerei, die es schon lange vor dem Welterbetitel im Wattenmeer gegeben habe, gewähre die Auszeichnung auch eine Art Bestandsschutz - gerade in Zeiten, in denen von verschiedenen Seiten eine nachhaltigere Fischerei im Wattenmeer gefordert werde.

12. Klimawandel

Folgen der Klimaveränderung an Land und auf See verändern zunehmend auf verschiedenen Ebenen das Ökosystem im Weltnaturerbe. Zu diesem Ergebnis kam ein Anfang dieses Jahres veröffentlichter neuer Qualitätsstatusbericht, den das Wattenmeersekretariat veröffentlichte. „Beispiellose Veränderungen“ seien seit der Veröffentlichung des vergangenen Statusberichtes 2017 im Wattenmeer zu beobachten gewesen, sagte damals die Hauptautorin des Berichts, Katja Philippart. Sie zählte dazu etwa ein Massensterben von Herzmuscheln infolge einer Hitzewelle 2018 sowie den Anstieg des Meeresspiegels.

13. Rückschlag durch Öl und Erdgas

Nach 15 Jahren Welterbe-Titel droht dem Wattenmeer ein herber Rückschlag. Rohstoffe wie Öl, Erdgas und Salz am Rande des Gebiets oder sogar innerhalb des Wattenmeeres zu fördern, sei nicht mit dem Welterbestatus vereinbar, machte die Welterbe-Kommission der Unesco im vergangenen September deutlich. Die Unesco forderte daher die Anrainerstaaten auf, von Probebohrungen und neuen Rohstoffgewinnungen abzusehen. Außerdem sollten beim Bau neuer Stromleitungen für Offshore-Windparks Schutzmaßnahmen getroffen werden, mahnte die Unesco.

14. Bildung

In Deutschland informieren mehr als 40 Nationalpark-Infoeinrichtungen entlang der Küste mit Ausstellungen und Veranstaltungen über die Nationalparks und das Weltnaturerbe Wattenmeer. Alle Nationalpark-Stationen, -Häuser und -Zentren haben unterschiedliche Themenschwerpunkte. In den Ferienorten stehen die Nationalpark-Häuser und -Zentren vor allem für Freizeitgestaltung und Naturerlebnis. Verregnete Urlaubstage können genutzt werden, um in den Ausstellungen das eigene Bild vom Wattenmeer um weitere Facetten zu ergänzen. Auch die Öffentlichkeitsarbeit ist wichtiger Bestandteil der Nationalparks.

15. Aktionen zum Geburtstag

Zum 15. Geburtstag des Weltnaturerbes Wattenmeer sind am letzten Juni Wochenende jede Menge Veranstaltungen geplant. So kann man zum Beispiel an kostenlosen Wattwanderungen teilnehmen. Einen Überblick über die gebotenen Aktionen und Veranstaltungen gibt es hier.

Mit Material von DPA

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