DLRG-Rettungsschwimmerin gibt Tipps Notfall am Badesee – so sollte man sich verhalten
Julia Austen von der DLRG Aurich erklärt, warum grelle Badekleidung Leben retten kann und was insbesondere Eltern am Badesee beachten sollten. Hier kommen ihre Tipps.
Aurich - Das ging gerade noch einmal gut: Auch die Retter der Deutschen Lebens-Rettungs-Gesellschaft (DLRG) Aurich sind sehr erleichtert darüber, dass das sieben Jahre alte Mädchen, das am Dienstag beinahe im Badesee Großsander ertrunken wäre, gerettet wurde. „Natürlich kommt es auch an unserem Badesee in Tannenhausen immer wieder zu brenzligen Situationen, doch glücklicherweise hatten wir seit knapp 25 Jahren keinen Ertrinkungsfall mehr“, sagt Julia Austen. Die 28-Jährige ist seit mehr als 15 Jahren Rettungsschwimmerin und verantwortlich für die Koordination des Wasserrettungsdienstes der DLRG an dem Auricher Badesee.
Was sind die brenzligen Situationen?
Brenzlig ist es aus Sicht der Retter immer dann, wenn Kinder oder auch Erwachsene, die nicht oder nur wenig schwimmen können, sich überschätzen und zu tief ins Wasser gehen, sagt Julia Austen: „Die Eltern haben dem Kind zwar gesagt, dass es nicht zu tief ins Wasser soll oder nur vorne spielen darf, doch wenn sie das Kind nicht im Blick haben, passiert es schnell, dass es doch zu weit ins Wasser geht, plötzlich den Boden unter den Füßen verliert und abtaucht.“ Das passiere auch erwachsenen Nichtschwimmern. „Und selbst wenn das Kind bereits das Seepferdchen-Abzeichen hat, bedeutet das nicht, dass es ausreichend gut schwimmen kann“, betont Julia Austen.
Sie warnt zudem davor, sich auf die Anwesenheit von Rettungsschwimmern zu verlassen. „Na klar sind wir da und versuchen, alles im Blick zu behalten. Aber die Aufsichtspflicht liegt ganz eindeutig bei den Eltern. Und die können sie nicht abgeben.“ Es passiere so oft, dass die Retter Kinder allein am oder im Wasser sehen. Und wenn sie die dann ansprechen, erfahren sie meist: „Mama liegt da vorn“, berichtet Julia Austen. Doch die Mutter habe die Kinder oft gar nicht im Blick, weil sie lese oder sich sonne. „Und wir reden von Sekunden, in denen ein Kind untertaucht und weg ist“, so Austen.
Wann müssen die Retter ins Wasser?
„Tatsächlich müssen wir gar nicht so oft ins Wasser“, sagt Julia Austen. Und weiter: „Toi toi toi bleibt das so.“ Viel häufiger sprechen die Rettungsschwimmer Kinder und Jugendliche an, die allein da sind - präventiv. „Man fragt einfach, weil man sie im Blick hat.“
Die Baderegeln
1. Ich gehe nur baden, wenn ich mich gut fühle. 2. Ich gehe nur baden, wenn mir bei Problemen jemand helfen kann. 3. Wenn ich Probleme im Wasser habe, dann rufe ich laut um Hilfe und winke mit den Armen. Ich helfe anderen, wenn sie im Wasser Probleme haben. Ich rufe nie „Hilfe“, wenn alles in Ordnung ist. 4. Ich sage Bescheid, wenn ich ins Wasser gehe. 5. Ich gehe weder hungrig noch direkt nach dem Essen ins Wasser. 6. Ich kühle mich ab, bevor ich ins Wasser gehe. 7. Ich gehe nur da baden, wo es erlaubt ist. Ich springe nur da ins Wasser, wo das Wasser tief und frei ist. 8. Ich nehme Rücksicht! Ich renne nicht, schubse nicht und drücke niemanden unter Wasser. 9. Schwimmflügel, Schwimmtiere und Luftmatratze sind nicht sicher und schützen mich nicht vor dem Ertrinken. 10. Wenn ich draußen bade, gehe ich sofort aus dem Wasser, wenn es blitzt, donnert oder stark regnet. Baden bei Gewitter ist lebensgefährlich.
Und gelegentlich, wenn sich Jugendliche überschätzt haben und weiter geschwommen sind, als sie können, oder sich einfach verausgabt haben, springt dann auch ein Rettungsschwimmer in den See. „Meist hilft ein Griff unter die Arme, um zu helfen“, sagt Julia Austen. In Tannenhausen sei zwar alles abgeleint und der Nichtschwimmer-Bereich recht groß, doch dass sich jemand überschätzt und den Schritt in den Schwimmer-Bereich wagt, ohne schwimmen zu können, passiere dennoch.
Woran erkenne ich, dass ein Mensch ertrinkt?
Ertrinken geht still vonstatten: „Es ist nicht wie im Film, dass jemand panisch strampelt und schreit“, sagt Julia Austen: Das tun dann eher die Leute rundherum, die mitbekommen, dass jemand ertrinkt. Meist schwebt die Person aufrecht im Wasser, den Kopf nach hinten gebeugt, so dass Nase und Mund untertauchen, die Arme waagerecht ausgestreckt, beschreibt die Retterin die Situation. „Die Bewegungen wirken unkontrolliert, Kraft zum Winken oder Schreien fehlt.“ Und gerade bei Kindern sei meist gar nichts zu sehen – „sie tauchen ab und sind weg. Die Wassertiefe ist da ganz egal“, sagt Austen.
Jemand schwebt in Gefahr – was ist zu tun?
Sieht man, dass jemand im Wasser in Gefahr ist, gilt: „Um Hilfe rufen, andere darauf aufmerksam machen und die Rettungsschwimmer informieren, wenn sie vor Ort sind“, sagt Julia Austen. Sollte die Badestelle unbewacht sein, unbedingt den Notruf 112 wählen. Dann einen Rettungsring ins Wasser werfen oder andere schwimmende Gegenstände, sei es ein Handtuch, ein Seil, ein Ast, an dem man sich festhalten kann. Und: „Die Stelle, an der die Person untergegangen ist, im Auge behalten. Das erleichtert den Rettungsschwimmern die Suche“, sagt die Retterin.
„Im Notfall gilt: Alles ist besser als nichts zu tun“, betont Julia Austen. Allerdings sieht sie als schlechteste Idee, selbst ins Wasser zu springen ohne Ausbildung, um jemanden zu retten. „Das ist nur die allerletzte Möglichkeit – man darf sich auf keinen Fall selbst gefährden.“ Bei Kindern jedoch gelte: Beherzt zugreifen und herausziehen, „ihnen kann man relativ schnell helfen“.
Welche Tipps gibt es für Sicherheit beim Baden?
„Grundsätzlich ist es gut, sich an die Baderegeln zu halten“, sagt Julia Austen. Zum Beispiel, als Nichtschwimmer maximal bis zum Bauchnabel ins Wasser zu gehen. „Allerdings kann das für Kinder schon zu hoch sein“, weiß die Rettungsschwimmerin. Deshalb gilt: Kinder immer im Blick behalten, auch wenn sie Schwimmflügel, eine Auftriebshilfe oder Schwimmweste tragen. „Natürlich bieten solche Auftriebshilfen mehr Sicherheit, aber eben nicht zu 100 Prozent“, betont Austen. Und: „Eltern und allen Erwachsene, die mit Kindern baden gehen, muss bewusst sein, dass sie immer die Verantwortung tragen und die Aufsichtspflicht haben. Die können sie nicht abgeben.“
Was für den Notfall hilfreich ist: Je greller die Farbe der Badekleidung, desto besser ist ein Kind oder Erwachsener unter Wasser zu erkennen. „Gut sichtbare Farben sind ein echter Mehrwert für eine Rettung“, sagt Julia Austen. Und das hat letztlich auch die Siebenjährige in Großsander gerettet: Ihr pinkfarbener Badeanzug schimmerte im Wasser und machte die Retterin auf das Mädchen aufmerksam.
Rot und Gelb für Sicherheit
Wehen am Strand rote und gelbe Fahnen, heißt das: Der Bereich wird von Rettungsschwimmern überwacht. Man sollte vor dem Baden immer hinschauen. Weht am Turm die gelbe Flagge, die gelbe Flagge mit Windsack oder sogar die rote? Weht eine rot-gelbe Flagge am Strandzugang oder auf dem Turm, sind die Rettungsschwimmer der DLRG oder der DRK-Wasserwacht im Dienst. Dann ist wichtig zu erkennen, was außerdem weht: Eine zusätzliche gelbe Flagge bedeutet, dass die Verhältnisse gefährlich sind und Baden nur etwas für geübte Schwimmer ist. Hängt obendrein der orangefarbene Windsack aus, herrscht ablandiger Wind, also Wind, der aufs Wasser hinaustreibt. Luftmatratzen, Schwimmtiere und alles andere sollten dann am Ufer bleiben. Eine einzelne rote Flagge wird bei akuter Gefahr wie Strömung, hoher Wellengang oder bei Wasserverschmutzung gesetzt. Schwimmen kann dann lebensgefährlich sein.