Frau am Freitag Antworten statt „brat“

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Eine Kolumne von Nikola Nording
| 26.07.2024 10:17 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
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Will Präsidentin in den USA werden: Kamala Harris. Foto: Locher/AP/dpa
Will Präsidentin in den USA werden: Kamala Harris. Foto: Locher/AP/dpa
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Die Frau am Freitag beobachtet irritiert den US-Wahlkampf. Denn ihr fehlt eine Kleinigkeit: Wofür stehen die Kandidaten eigentlich – außer Popkultur.

„Let the Games beginn“, heißt es nicht nur die Tage bei den Olympischen Spielen oder im angriffslustigen Song „...Ready for it?“ von Sängerin Taylor Swift. Man könnte es auch auf den US-Präsidentschaftswahlkampf anwenden. Denn wo Joe Biden die Bühne verlassen hat, richtet sich der Scheinwerfer auf seine Vizepräsidentin Kamala Harris.

Nicht wenige Beobachter wirkten aufgrund dieser Entwicklung überrascht: Nach ihrem Einzug ins Weiße Haus als Nummer zwei wurde es ruhig um sie. Die 59-Jährige kümmerte sich um Themen wie Migrationspolitik und Abtreibung. Dankbare Themen sehen anders aus und ansonsten bewegte sie sich eben so, wie es von einer Vizepräsidentin erwartet wird: immer hinter dem Präsidenten.

Kamala Harris hat in den vergangenen Jahren also einfach ihren Job gemacht und muss sich jetzt anhören, sie sei blass geblieben. Nun startet sie durch und bekommt die Unterstützung aus der Popkultur. Die Sängerin Charli XCX hat sie als „brat“ geadelt. Übersetzt heißt „brat“ so viel wie „Göre“. Das ist bei Charli XCX kein Schimpfwort, sondern Ausdruck von Lebensfreude und Emanzipation. Zwei Dinge, die man Donald Trump jetzt nicht gerade unterstellen würde. Ob es wirklich ein Kompliment für Harris ist, bleibt auch fraglich – doch dem Internet gefällt es. Was will man mehr?

Was ich mich mehr frage: Wofür stehen die beiden Kandidaten? Wie soll ihr Amerika aussehen? Wie soll die Welt aussehen? Was sind ihre höheren Ziele? Diese Fragen gehen über die aktuelle Diskussion hinaus. Trump will abschaffen, was Biden aufgebaut hat, Harris will es bewahren. Aber was wollen sie ändern?

Ich will darauf Antworten. Stattdessen wird diskutiert, wer ihr Vize wird. Eine zweite Frau geht nicht – es kann nur eine (Frau) geben. Mehr sind dem Wahlvolk nicht zuzumuten. Willkommen im Jahr 2024. Bei Männern gab es die Überlegung noch nie. Im Gegenteil: Männer werden gelobt, wenn sie ihr Kabinett paritätisch aufstellen. Und dann muss sich Harris noch von Trumps Vize vorwerfen lassen, dass sie „nur“ Stiefmutter ist und keine eigenen Kinder geboren hat. Was soll man bei diesem Wahlkampf noch sagen? Ich rate – tapfer bleiben.

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