Warsingsfehn / Leer Mit kleinen, leichten Bällen der schweren Krankheit trotzen
Strecken, bücken, genau hinsehen, den Ball treffen: Parkinson-Patienten schwören auf Tischtennis. Jetzt trafen sich 80 Erkrankte aus zehn Ping-Pong-Parkinson-Stützpunkten in der Region in Leer.
Moormerland - „Ich bin alt, ich bin krank und ich habe noch nie Sport gemacht“: Das hört Sven Hinrichs häufig, wenn Menschen anrufen, um sich eher zögerlich nach der Ping-PongParkinson-Gruppe in Warsingsfehn zu erkundigen. Hinrichs ermuntert die Anrufer dann, erst mal einfach so in die Turnhalle nach Warsingsfehn zu kommen. In Jeans. Nur Turnschuhe müssen sein.
Wenn sie dann erst einmal ein paar Bälle über das Netz gespielt haben, dann kommen die meisten von ihnen wieder. Und machen mit. Und haben Spaß. Und halten mit dem Sport ihre Krankheit in Schach.
Viele Erkrankte hören sofort auf zu zittern
Doch was bewirkt Ping-Pong-Parkinson (PPP) bei an Parkinson Erkrankten überhaupt? „Da spielen mehrere Faktoren eine Rolle“, sagt Sven Hinrichs. „Man kommt in eine Streckbewegung, Hand und Auge müssen koordiniert werden und beide Spieler müssen genau beobachten, wo der Ball auftrifft. Viele hören sofort auf zu zittern, wenn sie Ping-Pong spielen“, hat der Tischtennis-Spartenleiter des SV Warsingsfehn beobachtet.
Das Spielerische ist entscheidend
Eingeführt worden sind spezielle PPP-Trainingszeiten in Warsingsfehn vor vier Jahren, als der Schwiegervater von Sven Hinrichs an Parkinson erkrankte. „Ping-Pong ist auch was für Ältere oder für Menschen mit anderen Erkrankungen, beispielsweise Demenz oder nach einem Schlaganfall. Das Gute ist, dass Tischtennis auch im Sitzen betrieben werden kann“, so Hinrichs.
Allein, dass man sich so oft bücken müsse, sei schon hilfreich, um Alters- oder Krankheitsbeschwerden vorzubeugen. „Das Spielerische ist entscheidend. In der Physiotherapie machen die meisten schon nach acht Vorwärtsbeugen schlapp. Bei uns heben sie die kleinen Bälle 100 Mal vom Boden auf und merken die Anstrengung noch nicht einmal.“
Strecken und beugen, gucken und treffen
Ping-Pong-Parkinson-Stützpunkte gibt es inzwischen in der Region nahezu flächendeckend: in Emden, Papenburg, Cloppenburg, Oldenburg, Sande, Varel, Wiesmoor, Bremen, Neudorf und eben in Warsingsfehn. Neulich haben sich knapp 80 an Parkinson erkrankte Menschen aus den Stützpunkten in Leer getroffen. In videogestützten Vorträgen erfuhren sie viel über die Krankheit, den Sport und welche Veranstaltungen und Wettbewerbe es beim Ping-Pong-Parkinson gibt. Anschließend besichtigten alle gemeinsam das Leeraner Miniaturland.
Alle Teilnehmer sind sich einig, dass ihnen der Sport gut tut. „Viele ziehen sich zunächst nach der Diagnose zurück, igeln sich regelrecht ein“, weiß Sven Hinrichs. Er möchte den erkrankten Menschen Mut machen, Ping-Pong auszuprobieren.
Studien beweisen Wirksamkeit von PPP
„Inzwischen ist die Wirksamkeit durch Studien nachgewiesen. Viele Reha-Einrichtungen bieten den Sport an“, berichtet Hinrichs. Zu alt, zu krank, in der Vergangenheit zu wenig Sport getrieben – das zählt nicht als Ausrede. „Bei uns geht es nicht um Leistung, sondern um Spaß an der Bewegung“, betont der Abteilungsleiter.
Beim SV Warsingsfehn trainieren mittwochs zwischen 15 und 18 Uhr nacheinander zwei Ping-Pong-Parkinson-Gruppen. Wer Lust hat, mitzumachen, kann sich bei Sven Hinrichs unter Telefon 0 49 54 / 99 02 22 melden oder eine E-Mail an ppp@warsingsfehn-tt.de schreiben.