Frau am Freitag Die tägliche Gurke

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Eine Kolumne von Ute Nobel
| 23.08.2024 08:03 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 2 Minuten
Ob aus dem Spreewald oder dem eigenen Gewächshäuschen: Gurken sind gesund. Tägliche Rituale auch. Symbolfoto: Frank Hammerschmidt/dpa
Ob aus dem Spreewald oder dem eigenen Gewächshäuschen: Gurken sind gesund. Tägliche Rituale auch. Symbolfoto: Frank Hammerschmidt/dpa
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Rituale können uns im Alltag Sicherheit geben, das weiß die Frau am Freitag. Deshalb sollte jeder eine tägliche Gurke haben, findet sie.

Das Handy vibriert, eine Nachricht aus der Schul-Whatsapp-Gruppe ploppt auf, während ich den hungrigen Kindern das Frühstücksbrot schmiere und mit einem Auge auf die To-Do-Liste für den heutigen Tag schiele. Die Küchenuhr zeigt schon 6.45 Uhr, in spätestens einer halben Stunde müssen alle angezogen im Auto sitzen. Trotz des Zeitdrucks habe ich mir fest vorgenommen, dass ich mir für eine Sache immer Zeit nehme, komme, was wolle: für die tägliche Gurke.

Das ist keine echte Gurke, zumindest nicht in unserem Fall. Vielmehr ist die tägliche Gurke ein geflügeltes Wort, das der Kollege geprägt hat. Der erzählte nämlich von einer Kollegin, die täglich eine Gurke isst. Das mache sie schon seit langem und das sei ein richtiges Ritual geworden. Als ich den Kollegen fragte, was denn seine tägliche Gurke sei, antwortete er prompt: Kaffee und Zigaretten. Eine ziemlich ungesunde Gurke, aber jeder wie er mag. Dabei muss die tägliche Gurke gar nicht unbedingt etwas zum Essen sein. Eine andere Kollegin sagt, ihre tägliche Gurke sei der Morgengruß – eine Yoga-Übung, die sie gerne nach dem Aufstehen mache.

Ich denke, jeder sollte eine tägliche Gurke haben. Ein Ritual, für das man sich bewusst entscheidet, auch, wenn eigentlich gar keine Zeit ist oder noch genügend anderes Gemüse in der Obstschale liegt. Oft sind es nämlich die kleinen, unscheinbaren Rituale, die uns Halt und Struktur geben, die Orientierung und ein Gefühl der Sicherheit vermitteln.

Unsere tägliche Gurke ist das Kuscheln. Wir setzen uns jedem Morgen, kurz bevor wir das Haus verlassen und die Schuhe schon angezogen sind, im Flur auf eine kleine Bank und nehmen uns fest in den Arm – selbst, wenn es am Morgen hektisch war oder es Streit gegeben hat. Es ist ein Moment des Beisammenseins, ein stilles Versprechen an uns selbst, dass wir den Tag meistern werden – und tapfer bleiben.

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