Schauspieler aus Friesland-Krimi Heimat Türkei? Nee, Norderney

Doris Zuidema
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Von Doris Zuidema
| 27.09.2024 12:34 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Yunus Cumartpay ist auf Norderney geboren und aufgewachsen. Dort machte er erst mal eine Elektrikerlehre. Foto: Agentur Neidig
Yunus Cumartpay ist auf Norderney geboren und aufgewachsen. Dort machte er erst mal eine Elektrikerlehre. Foto: Agentur Neidig
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Schauspieler Yunus Cumartpay ist bekannt durch die „Friesland“-Krimis. Nur wenige wissen: Er ist auf Norderney geboren und aufgewachsen und hat dort Elektriker gelernt. Die OZ sprach mit ihm.

Norderney - Yunus Cumartpay hat sich als deutscher Schauspieler einen Namen gemacht. Den Ostfriesen ist er vor allem als Bruder von Süher Özlügül aus den in Leer gedrehten „Friesland“-Krimis bekannt. Seit April besetzt er eine der Hauptrollen in der Telenovela „Rote Rosen“. In der Heute-Show war er als Migrationsexperte Mesut Güngen unterwegs. Was aber nur die wenigsten wissen: Yunus Cumartpay ist auf Norderney geboren und aufgewachsen. Das Schauspielen wurde dem Gastarbeiterkind nicht gerade in die Wiege gelegt. Er wurde erst mal Elektriker.

Moin, Yunus, du bist 1979 als Kind türkischer Eltern auf Norderney geboren und dort aufgewachsen. Da warst du doch sicher ein Exot, oder?

Yunus Cumartpay: Ja, das kann man wohl sagen. Auf Norderney gab es in jeder Schulklasse maximal ein Kind mit ausländischen Wurzeln.

Yunus Cumartpay liebt Wasser und Häfen. Und er liebt seine Heimat Norderney, Wenn er mal wieder in Ostfriesland einen „Friesland“-Krimi dreht, nutzt er die Gelegenheit zu einer Fahrt auf die Insel. Foto: Agentur: Neidig
Yunus Cumartpay liebt Wasser und Häfen. Und er liebt seine Heimat Norderney, Wenn er mal wieder in Ostfriesland einen „Friesland“-Krimi dreht, nutzt er die Gelegenheit zu einer Fahrt auf die Insel. Foto: Agentur: Neidig

Die Norderneyer gelten ja als eingeschworene Gemeinschaft. Wurdest du ausgegrenzt?

Nein, überhaupt nicht. Ich bin ja auf der Insel schon in den Kindergarten gegangen, habe später meine Freunde auf der Schule gefunden. Ich gehörte immer dazu. Für meine Eltern war das anders. Als Gastarbeiter haben sie immer versucht, nicht aufzufallen, sich anzupassen. Wir Kinder wurden angehalten, leise zu sein. Wir wohnten Am Wasserturm. Einige Nachbarn haben ihnen das Leben schwer gemacht. Aber das ist mir erst als Erwachsenem klar geworden.

Vom Inselkind zum Schauspieler: Wie hast du das geschafft? Ich bin inzwischen auch ganz erstaunt, dass das geklappt hat. Ich habe auf Norderney nach der Schule erst mal eine Lehre bei Elektro Onkes gemacht.

Und wärst beinahe Handwerker auf Norderney geblieben?

Ja, ich mag meinen Beruf. Und er hat mir schon manches Mal meinen Lebensunterhalt gesichert, wenn es mit den Engagements mal nicht so klappte. Aber mit 24 Jahren habe ich mich gefragt, ob ich das bis zur Rente weitermachen will. Mein Kumpel Fabiano Crivellari wollte aus seiner Kölner WG ausziehen. Er sagte: „Wenn du willst, suche ich eine Wohnung für uns beide. Komm doch mit und mach deinen Comedy-Kram.“

Und dann hast du es einfach gewagt?

Genau. Ich habe in Köln die Schauspielschulen und Agenturen abgeklappert und habe gesagt: „Moin, ich bin Yunus von Norderney und möchte gerne Schauspieler werden.“ Die haben sehr gelacht. Ein Schauspieler ohne Ausbildung hat in der Branche keine Chance. Ich bin selbst erstaunt, wie blauäugig ich an die Sache herangegangen bin.

Hat aber funktioniert!

Ja, ich war öfter mal zur richtigen Zeit am richtigen Ort. So hatte ich mich zum Beispiel in Köln bei einem Kurzfilm-Casting beworben. Das Casting fand an einer frisch gegründeten Schauspielschule statt. Der Direktor wurde auf mich aufmerksam und ermunterte mich, mich an der neuen Schauspielschule zu bewerben. Das habe ich gemacht, wurde angenommen, habe mein Handwerk gelernt und war dort zehn Jahre lang als Dozent tätig.

Yunus Cumartpay liebt Wasser und Häfen. Und er liebt seine Heimat Norderney, Wenn er mal wieder in Ostfriesland einen „Friesland“-Krimi dreht, nutzt er die Gelegenheit zu einer Fahrt auf die Insel. Foto: Agentur: Neidig
Yunus Cumartpay liebt Wasser und Häfen. Und er liebt seine Heimat Norderney, Wenn er mal wieder in Ostfriesland einen „Friesland“-Krimi dreht, nutzt er die Gelegenheit zu einer Fahrt auf die Insel. Foto: Agentur: Neidig

Vielen Ostfriesen bist du ja vor allem als Yunus, der Bruder von Polizistin Süher Özlügül aus den „Friesland“-Krimis, bekannt. Gedreht wird in Leer. Fährst du dann nach Norderney?

Ja, ich nutze die drehfreien Tage immer für einen Abstecher. Wenn ich erzähle, dass ich in die Heimat fahre, fragen alle: „Ach, in die Türkei?“ „Nee, nach Norderney!“

Inzwischen bist du von Köln nach Lüneburg gezogen, um bei der Telenovela „Rote Rosen“ die Rolle des Familienvaters Mo Kilic zu übernehmen. Was macht mehr Spaß: „Friesland“ oder „Rote Rosen“?

Das ist schwer zu sagen. Bei „Rote Rosen“ drehen wir jeden Tag eine 50-minütige Folge. Das bedeutet rund 30 Szenen die Woche, 100 Seiten Drehbuch. Manchmal denke ich, ich gehe jeden Morgen in eine Fabrik und produziere Szenen. Das geht darstellerisch längst nicht so in die Tiefe wie die „Friesland“-Krimis. Aber: Bei „Rote Rosen“ hast du als Schauspieler die Möglichkeit, jeden Tag zu spielen. Das macht Spaß. Beim „Friesland“-Krimi habe ich auch viel Leerlauf, tauche in mancher Szene nur auf, um gleich danach wieder abzutauchen.

Was würdest du jungen Leuten raten, wenn Sie Schauspieler werden wollen?

Macht erst mal eine Lehre und dann verwirklicht euren Traum.

Hast du noch Angehörige auf Norderney?

Ja, meinen Bruder und einen Onkel. Zwei Cousins betreiben einen Fahrradverleih. Meine Eltern sind allerdings als Rentner in die Türkei zurückgekehrt. Ich habe es nicht für möglich gehalten, dass sie nach 42 Jahren in Deutschland dort wieder Fuß fassen können und bin überrascht, wie sehr sie dort, in ihrer alten Heimat, aufgeblüht sind.

Als Schauspieler mit Migrationshintergrund und einem südländischen Äußeren kannst du keinen germanischen Helden spielen. Ist es eher von Vorteil, wenn man als Schauspieler einen bestimmten Typus bedient oder von Nachteil, weil man eher auf Rollen festgelegt wird?

Ich sehe das nicht als Nachteil. Und es hat nicht unbedingt mit der Nationalität zu tun. Ein Dicker kann ja auch keinen Sportler spielen. Aber klar ist, dass für mich nur bestimmte Rollen in Frage kommen. Als ich vor 20 Jahren anfing, gab es bei den Castings nur zwei Handvoll Darsteller, die für dieselben Rollen infrage gekommen wären. Heute sind das deutlich mehr, dafür ist aber auch das Rollenspektrum breiter und diverser geworden.

Könntest du auch in der Türkei als Schauspieler arbeiten?

Ja, aber dort müsste ich dann einen Ausländer spielen. Mein Türkisch ist nicht türkisch genug.

Im „Friesland“-Krimi heißt deine Rolle auch Yunus. Ist das Zufall?

Nein, die Darstellerin meiner Filmschwester, Sophie Dal, fand den Namen so schön und hat ihn beim Dreh einfach verwendet. Ihren erstgeborenen Sohn hat sie sogar mit zweitem Vornamen so genannt.

Sprichst du eigentlich Platt?

Nicht wirklich. Ich kann Plattdeutsch verstehen, aber die Aussprache passt nicht. Das ist so ähnlich wie mit Türkisch.

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