Ostfriesland Das Glücksrezept der Powerfrau
Ob lecker gefüllte Eclairs, Pralinen, Cupcakes oder sahnige Torten: Sarah Schweerke ist Meisterin der süßen Sachen. Konditorin ist sie auf dem zweiten Bildungsweg geworden.
Moordorf - Sarah Schweerke ist über sich hinausgewachsen. Innerhalb der vergangen drei Jahre legte die Moordorferin die Gesellenprüfung als Konditorin im Café Remmers in Norden ab, gleich danach sattelte sie die Meisterprüfung drauf. Mit dem Brief in der Tasche hat sich die 32-Jährige eine Existenzgrundlage geschaffen und die ihrer Familie gleich mit gesichert.
„Das war eine krasse Zeit. Mein normales Wochenpensum waren 120 bis 140 Arbeitsstunden“, erzählt Sarah Schweerke. Ohne die Rückendeckung von Schwester und Mutter sei das nicht möglich gewesen. „Wir stehen füreinander ein“, betont sie den Zusammenhalt in der Familie.
Den Sprung ins kalte Wasser gewagt
2020, ein Jahr vor ihrer Ausbildung zur Konditorin, übernahm sie gemeinsam mit ihrer Schwester Maike die Teestube Moorgold beim Moormuseum in Moordorf. Die hatte zuvor Mutter Silvia Schweerke geführt, neben dem Baugeschäft, welches ihr verstorbener Mann hinterlassen hatte. Beides wollte sie auflösen.
„Das Arbeitspensum war einfach zu viel. Aber die Teestube war immer ihr Traum“, erzählt Sarah Schweerke, die damals als Lagerlogistikmeisterin arbeitete, rückblickend. Zu der Zeit wurde ihrer Schwester Maike Schweerke als Malerin- und Lackiererin bei VW betriebsbedingt gekündigt. „Dann haben wir den Sprung ins kalte Wasser gewagt.“
Im Café und Restaurant übernahm Maike den Service und die Personalplanung, Mutter Schweerke als „Herz der Küche“ stellte kalte und warme Speisen her. Sarah kümmerte sich um das Büro und die süßen Backwaren.
Thementorten sind „echte Renner“
Dann kamen Corona, Lockdowns und „wir mussten uns schnell etwas einfallen lassen“. Die Frauen organisierten ein Catering-Angebot und den Außerhausverkauf von Gebäck aller Art. Frühstücksboxen und Thementorten entwickelten sich zu „echten Rennern“.
Leckereien aus Sahne, Buttercreme und Biskuit, verziert mit Marzipan, buntem Fondant, Comic-Figuren, Schokoladen-Ornamenten, Blumen und Früchten wurden geordert. „Die Nachfrage war so groß, dass wir das dann auf professionelle Beine stellen wollten“, sagt Sarah Schweerke.
Sie sattelte um und begann mit 29 Jahren auf dem zweiten Bildungsweg die Ausbildung zur Konditorin. Das erste Lehrjahr konnte sie aufgrund ihrer Qualifikationen als Lagerlogistikmeisterin überspringen. Nach dem Bestehen der Prüfung ging es im Eiltempo weiter. Im Juni legte die frisch gebackene Konditorin schließlich die praktische Meisterprüfung vor der Handwerkskammer Ostwestfalen-Lippe in Bielefeld ab.
Ottifanten aus Zucker, Krebse aus Marzipan
Innerhalb von drei Tagen kreierte sie 21 verschiedene Produkte – ein kleines Schlaraffenland zum Thema „Mein Ostfriesland. Meine Heimat“ mit einer Schautorte und Variationen von Gebäck und Pralinen.
Aus Baumkuchen „baute“ die Moordorferin einen Leuchtturm nach und setzte ihm eine Teekanne aus Kuvertüre auf. Drumherum platzierte sie Ottifanten aus Zuckerguss, Krebse, Hasen und Fischkisten aus Marzipan. Außerdem servierte sie den Prüfern deftige Eclairs mit Fischfüllung. „Mit etwas Glück und dank meiner guten Organisation konnte ich alles durchziehen“, sagt Sarah Schweerke und lächelt. Von ihren für die Meisterprüfung entwickelten Rezepten will sie jetzt das ein oder andere in die Teestube übernehmen.
Weil ihre Mutter kürzertreten möchte, wollen die Schwestern weg von der warmen Küche und das Konditoren-Geschäft ausweiten. „Ohne den Meisterbrief könnten wir aus der Teestube Moorgold nicht das machen, was wir vorhaben“, erzählt Schweerke.
Traum von eigener Baumkuchenmaschine
Sie will den Verkauf von Pralinen und Backwaren ankurbeln, einen Online-Shop aufbauen und mehr Instagram-Videos über ihre ungewöhnlichen Tortenkreationen drehen. „Das kommt bei den Kunden richtig gut an“, sagt sie. Drei Vollzeitkräfte und neun Aushilfen gehören neben Sarah und Maike zum Team des Moorgolds.
Die Meisterin träumt davon, eigenen Baumkuchen zu backen. Die Herstellung des aufwändigen Gebäcks zähle zu den Königsdisziplinen im Konditorenhandwerk, erklärt die 32-Jährige. „Man braucht wahnsinnig viel Fingerspitzengefühl.“ Leider sei die Maschine dafür sehr teuer, bedauert Sarah Schweerke. Vielleicht werde sie aber irgendwann eine anschaffen, man könne ja schließlich nie wissen, was kommt.