Freepsumer Gitarrenfestival Schweißtreibende Momente und Gänsehaut-Gefühle

Werner Jürgens
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Von Werner Jürgens
| 07.09.2024 14:21 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 3 Minuten
Das deutsch-chilenische Duo „Elun“ bestehend aus Christian Zack und Valentina Solis spielte am Freitag zum Festival-Auftakt. Foto: Jürgens
Das deutsch-chilenische Duo „Elun“ bestehend aus Christian Zack und Valentina Solis spielte am Freitag zum Festival-Auftakt. Foto: Jürgens
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Das 12. Internationale Freepsumer Gitarrenfestival überzeugte am Freitag und Samstag. Saiten-Virtuosen aus fünf Nationen sorgen für abwechslungsreiches Programm.

Freepsum - Im letzten Jahr mussten Decken verteilt werden, weil einigen Gästen kalt war. Am Freitag und Samstag in diesem Jahr gerieten viele angesichts schwül-warmer Temperaturen vor und auf der Bühne beim 12. Internationalen Gitarrenfestival im Freepsumer Gulfhof hingegen ordentlich ins Schwitzen. Der guten Stimmung tat das keinerlei Abbruch. Denn die Qualität der dargebotenen Live-Musik bewegte sich auf gewohnt konstant hohem Niveau.

Den Auftakt am Freitagabend machte das deutsch-chilenische Duo „Elún“, dessen anspruchsvolle Fusion aus Folklore, Jazz und Klassik etliche im Publikum buchstäblich von den Sitzen riss. Neben den typischen Latino-Riffs offenbarte Gitarrist Christian Zack unverkennbare Einflüsse von Johann Sebastian Bach und Pat Metheny. Seine Partnerin Valentina Solis ist ausgebildete Kontrabassistin mit langjähriger Orchestererfahrung, was sich am Freitag dadurch bemerkbar machte, dass ihr doch eher klobig anmutendes Instrument stellenweise leichtfüßig wie ein Cello erklang. Ab und an wechselte sie zu einem Charrango, einer Art Mini-Gitarre, dessen Resonanzkörper sich die südamerikanischen Ur-Einwohner einst aus dem getrockneten Panzer eines Gürteltiers gebastelt haben.

Instrumentale Hommage an die Großmutter

Sophie Chassée gilt ebenfalls als versierte Bassistin und begleitet in dieser Funktion seit geraumer Zeit die erfolgreiche Deutsch-Pop-Formation „Annen May Kantereit“. Unabhängig davon hat sich die Mönchengladbacherin aber längst als eigenständige Song-Poetin mit englischen Texten etabliert und weiß zudem mit filigranem Modern-Fingerstyle-Gitarrenspiel zu beeindrucken. Just am Freitag ist ihr neues Album „Attachment Theory“ offiziell veröffentlicht worden. Und das Freepsumer Festival-Publikum bekam daraus reichlich Kostproben serviert.

Gitarrist Sönke Meinen und Geiger Bjarke Falgren präsentierten bei ihrem Auftritt ihr gerade frisch erschienenes Album „The Circle“. Foto: Jürgens
Gitarrist Sönke Meinen und Geiger Bjarke Falgren präsentierten bei ihrem Auftritt ihr gerade frisch erschienenes Album „The Circle“. Foto: Jürgens

Auch gerade frisch erschienen ist „The Circle“, das zweite Album von dem Gitarristen und einem der künstlerischen Leiter des Festivals Sönke Meinen, das dieser mit dem dänischen Geiger Bjarke Falgren aufgenommen hat. Ihr aktuelles Werk knüpft nahtlos an den von Kritikern wie Fans gefeierten und für diverse internationale Preise nominierten Vorgänger „Postcard to Self“ an. Ähnlich wie im Studio konnte das Duo mit seiner tiefgründigen Mischung aus einfühlsamen Melodien und raffinierten Rhythmen auch live im Freepsumer Gulfhof überzeugen. Besonders bewegend geriet eine instrumentale Hommage, die der gebürtige Ostfriese Sönke Meinen seiner Großmutter gewidmet hat.

Unterschiedliche Instrumente verschmolzen

Der Konzertabend am zweiten Festivaltag startete mit der Niederländerin Roosmarijn, die bereits im letzten Jahr die Freepsumer Fangemeinde begeistert hatte, und das, obwohl sie nicht Gitarre, sondern Geige spielt. Allerdings bedient sie die nicht nur mit dem traditionell üblichen Bogenstrich, sondern zupft gern die Saiten oder nutzt den Resonanzkörper für Percussion-Effekte. Damit kreiert sie einen eigenwilligen experimentellen Sound, der am Samstag abermals zündete und für einen gelungenen Auftakt sorgte. Danach war der zweite künstlerische Leiter des Festivals Philipp Wiechert dran.

Auch dieser Gitarrenvirtuose kam nicht allein, sondern in Begleitung des Bass-Klarinettisten Falk Breitkreuz. Die Verschmelzung ihrer eigentlich recht unterschiedlichen Instrumente schuf reihenweise wahre Gänsehautgefühle, die manch einen das schwül-warm Wetter glatt für einen Moment vergessen ließ. Dafür wurde es zum Finale mit Jaimi Faulkner dann noch einmal richtig schweißtreibend. Der Australier präsentierte einen mitreißenden erdigen Blues-Rock-Folk-Country-Mix, der den würdigen Schlusspunkt unter ein erneut durchweg hochkarätiges besetztes Festival bildete.

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