Literatur-Trend „New Adult“ - Junge Leserinnen beflügeln die Buchbranche

Jenny Tobien, dpa
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Von Jenny Tobien, dpa
| 17.10.2024 11:25 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Junge Leute - besser junge Frauen - lesen (wieder) gern: Das Genre „New Adult“ hat viele Fans. Foto: Boris Roessler/dpa
Junge Leute - besser junge Frauen - lesen (wieder) gern: Das Genre „New Adult“ hat viele Fans. Foto: Boris Roessler/dpa
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Die Bücher liefern viel Gefühl und Herzklopfen - und sind vor allem eins: erfolgreich. „New Adult“ spielt eine zentrale Rolle auf der Frankfurter Buchmesse. Doch was steckt genau dahinter?

Junge Menschen, die voller Begeisterung lesen? Echte Bücher? In Zeiten der Digitalisierung und von Social Media glaubten viele, dass das junge Publikum dem Literaturmarkt verloren geht. Doch aktuell ist eher das Gegenteil der Fall. Junge Leser - oder vielmehr junge Leserinnen - sind ein großer Hoffnungsschimmer für die Branche - nicht trotz, sondern gerade wegen Instagram, Tiktok und Co.

„Wir beobachten bei jungen Menschen zwischen 12 und 29 Jahren, und besonders bei weiblichen Jugendlichen, die stärksten Wachstumsraten“, sagt der Chef von Deutschlands größtem Buchhändler Thalia, Ingo Kretzschmar. 

„Während bislang eher die ältere Zielgruppe als die sichere Bank des Buchmarkts galt, beflügeln aktuell die jungen Leserinnen und Leser das Buchgeschäft“, sagte Karin Schmidt-Friderichs, Vorsteherin des Börsenvereins des Deutschen Buchhandels, schon im Sommer. 

„New Adult“ heißt der Trend. Dabei handelt es sich um „mitreißende, romantische und prickelnde Bücher mit ganz viel Gefühl und einer ordentlichen Portion Herzklopfen“, beschreibt es der Verlag Piper (everlove). Und dtv meint, es gehe um „die besten Geschichten übers Erwachsenwerden“ voller Romantik und großer Gefühle. 

Buchmesse erstmals mit Halle für „New Adult“

Auf der Frankfurter Buchmesse wurde eigens eine ganze Halle - für die „New Adult Area“ bereitgestellt. „Wir greifen neue Entwicklungen des Marktes auf“, erläutert Buchmesse-Direktor Juergen Boos. In der „New Adult Area“ habe die Messe „eher den Charakter einer Convention“. So gehe es um das Signieren oder um Selfies mit den Autorinnen oder Autoren. Aber nicht nur Herzschmerz-Literatur, auch Fantasy oder eine „Romantasy“, eine Mischung von beiden, wird in der Halle geboten. 

„“New Adult“ schließt eine Lücke zwischen Jugendliteratur - also dem Young Adult - und Erwachsenen-Literatur. Die Kerngruppe liegt etwa zwischen 18 und 25 Jahren“, erklärt Programmvorstand Simon Decot von Bastei Lübbe. „Ein richtiger Schub kam in der Corona-Zeit. Dadurch dass die Zielgruppe sehr viel zu Hause war, sehr viel gelesen hat und gleichzeitig #Booktok ein Riesenthema wurde.“ Unter dem Hashtag #Booktok teilen Leser, Verlage sowie Autorinnen und Autoren auf Tiktok Lesetipps und mehr.

Serie „Maxton Hall“ bringt Verlag Wachstumsschub

Ein enormer Erfolg für den Verlag war die „Maxton Hall“-Verfilmung auf Amazon Prime Video nach der „Save me“-Reihe von Mona Kasten. In der Startwoche landete die deutsche Serie in mehr als 120 Ländern auf Platz eins der Prime-Video-Charts. 

Erzählt wird die College-Lovestory des arroganten Millionärssohns James Beaufort und der bodenständigen schlauen Ruby Bell. 

„Save me“ erschien bei Lyx, einer Verlagsmarke von Bastei Lübbe, die sich ganz auf „New Adult“ konzentriert. Und während „Maxton Hall – Die Welt zwischen uns“ Anfang Mai Premiere beim Streamingdienst feierte, schnellte der Umsatz bei Lyx im Frühjahrsquartal um 72 Prozent nach oben. 

Der Stand des Lyx-Verlags auf der Frankfurter Buchmesse. Foto: Boris Roessler/dpa
Der Stand des Lyx-Verlags auf der Frankfurter Buchmesse. Foto: Boris Roessler/dpa

Natürlich ist Lyx auch auf der Messe mit einem großen Stand dabei. Dieser ist in Pastellrosa gehalten und mit Blumen und Kerzen dekoriert. Neben Büchern gibt es dort allerlei Merch wie Armbändchen, Postkarten oder Schlüsselanhänger. Nachdem der Stand im vergangenen Jahr regelrecht überrannt worden war, werden am Wochenende, wenn die Messe für das Publikum öffnet, kostenfreie Tickets für einen bestimmten Zeit-Slot angeboten. Ähnlich ist es mit den Signierstunden der Autorinnen in der „New Adult Area“.

Mehr Nahbarkeit durch Social Media

Mit einem eigenen Stand auf der Area ist auch die Autorin „D.C. Odesza“ vertreten, die größtenteils über Selfpublishing veröffentlicht und mit ihren eher düsteren Büchern nicht ganz klassisch zum Genre zählt. „Social Media spielt eine extrem große Rolle“, sagt die blonde Frau. „Das ermöglicht eine viel stärkere Bindung zur Leserschaft und den direkten Austausch. Da ist schon eine neue Nahbarkeit.“ Zugleich sei ihr aber Privatsphäre wichtig, weshalb sie unter einem Pseudonym publiziere und ihren echten Namen nicht veröffentlicht sehen will. Ebenso wie Lyx organisiert auch D.C. Odesza am Rande der Buchmesse eine Party für ihre Fan-Community, „die direkt ausverkauft war“.

„Social Media ist sehr wichtig, denn letztlich konnte das Genre nur so stark werden, weil die Zielgruppe einen Raum hatte, sich auszutauschen und Wünsche zu formulieren“, sagt auch Simon Decot von Bastei Lübbe. Viele hätten auch selbst angefangen zu schreiben. „Ein Stück weit ist das schon eine Art Selbstermächtigung der Zielgruppe“. Und: „Die Begeisterung für das Medium Buch bei den jungen Leserinnen ist etwas, wo uns in der Branche nur das Herz aufgehen kann.“

Gelingt der Sprung zu anderen Literatursegmenten?

Und was sagt er zu der Kritik, dass es sich bei „New Adult“ eher um seichte Literatur handle?: „Ich tue mich sehr schwer damit, wenn man Leserinnen vorschreiben möchte, was sie lesen sollen oder auf ihre Lesebedürfnisse herabschaut.“ Der Verlag habe zudem festgestellt, dass das Interesse der jungen Leserschaft auch in anderen literarischen Segmenten zunehme.

Ähnlich sieht es Schmidt-Friderichs vom Börsenverein: „New Adult“, „Young Adult“ und „Romantasy“ brächten ganz viele junge Menschen zum Lesen. Und das Tolle sei, dass sie von dieser Literatur aus dann durchaus auch zu Klassikern greifen. „Das heißt, sie springen auch in das eher feuilletonistische Lesen über.“ Was die Inhalte von „New Adult“ betrifft, meint Sie: „Lassen Sie mich autobiografisch antworten. Nicht alles, was ich von 15 bis 25 gelesen habe, würde mich jetzt heute noch so umhauen.“

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