Emden / Berlin Ausprobiert, ein Land zu regieren

Doris Zuidema
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Von Doris Zuidema
| 25.10.2024 11:30 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 4 Minuten
Maurits Fühner aus Emden durfte als fiktiver Abgeordneten vier Tage lang im Bundestag mitbestimmen. Foto: privat
Maurits Fühner aus Emden durfte als fiktiver Abgeordneten vier Tage lang im Bundestag mitbestimmen. Foto: privat
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In Fraktionen beraten, in Ausschüssen gerungen, über Gesetze abgestimmt. Maurits Fühner (18) aus Emden und weitere 300 Jugendliche aus Deutschland sind in die Rollen fiktiver Abgeordneter geschlüpft.

Emden / Berlin - Vier Tage lang war Maurits Fühner Abgeordneter im Deutschen Bundestag. Auf Einladung des SPD-Bundestagsabgeordneten Johann Saathoff nahm der 18-jährige Schüler des Max-Windmüller-Gymnasiums Emden vom 12. bis 15. Oktober an der viertägigen Veranstaltung „Jugend und Parlament“ teil. Insgesamt schlüpften mehr als 300 Jugendliche aus ganz Deutschland in die Rollen von fiktiven Abgeordneten und agierten in Fraktionen, Arbeitsgruppen und Ausschüssen. Sie debattierten über Gesetzesentwürfe und stimmten im Plenarsaal des Reichstages darüber ab. Die OZ hat mit Mauritz Fühner über seine Erfahrungen gesprochen.

Moin, Herr Fühner, wie war’s als Abgeordneter in Berlin?

Maurits Fühner: Es hat sich angefühlt wie im echten Bundestag. Zunächst bekam jeder von uns eine Rolle zugewiesen. Ich war Personalberater aus Bad Homburg, der gerade neu in den Bundestag gewählt worden war.

Für welche Partei?

Maurits Fühner: Die Parteien waren fiktiv. Es gab die Partei für Engagement und Verantwortung (PEV), eine Mischung aus FDP und Grünen, die gemeinsam mit der Gerechtigkeitspartei (GP) die Regierung bildete. In der Opposition war die Bewahrer-Partei, die am ehesten mit der CDU/CSU gleichzusetzen war. Zu meiner PEV gehörten 90 Abgeordnete, aufgeteilt in drei Ländergruppen. In meiner Ländergruppe waren wir 24 Abgeordnete.

Sie haben dann auch über Gesetze abgestimmt?

Maurits Fühner: Es gab vier Gesetze, über die abgestimmt wurde. Beispielsweise, inwieweit es ausländischen Firmen erlaubt sein sollte, in Deutschland zu investieren. Oder eines über die Einführung der Klarnamenpflicht in digitalen Medien. Ich war an der Entscheidung über eine Wahlrechtsreform beteiligt. Darin ging es darum, ob Mitglieder der Europäischen Union, die ihren Wohnsitz in Deutschland haben, hier auch mitwählen dürfen. Meine Partei war dafür, konnte die notwendige Zwei-Drittel-Mehrheit dafür aber nicht erreichen. Überrascht war ich darüber, wie sehr man sich sogar innerhalb der Koalition uneins sein kann.

Dann haben Sie also hart gerungen?

Maurits Fühner: Die Verhandlungen waren hart, und wir haben nach dem Einführungstag zwei Tage lang voll durchgearbeitet. Dabei waren wir ein beratender Ausschuss und konnten nur eine Empfehlung abgeben. Für die Abstimmung über das Gesetz hatten wir einen Zeitrahmen von drei Stunden eingeräumt bekommen. Den haben wir um mehr als eine Stunde überzogen.

Haben Sie jetzt ein anderes Bild von der Arbeit von Bundestagsabgeordneten?

Maurits Fühner: Ich habe jetzt mehr Verständnis dafür, wie sehr es sich von ersten Beratungen bis hin zu einem fertigen Gesetz hinziehen kann. Zum anderen waren wir, als lediglich fiktive Abgeordnete, auch immer erst nach zwölf Stunden Arbeit im Parlament wieder zurück in unserem Hotel. Jetzt kann ich den Stress, den echte Bundestagsabgeordnete haben, nachvollziehen und weiß deren Arbeit mehr zu schätzen.

Sie sind von Johann Saathoff auch deshalb ausgewählt worden, weil sie bereits Fraktionsvorsitzender der Jusos in Emden sind und zuvor im Jugendparlament aktiv waren. Können auch Jugendliche teilnehmen, die noch gar nichts mit Politik am Hut haben?

Maurits Fühner: Grundsätzlich kann sich jeder bewerben. Allerdings können nur weniger als die Hälfte der Bundestagsabgeordneten je einen Platz bei „Jugend und Parlament“ vergeben. Von den rund 300 Jugendlichen, die mit mir in Berlin waren, gehörten nur ganz wenige keiner Partei an. Die meisten hatten eine Zugehörigkeit, alle Parteien waren vertreten.

Sie sind 18 Jahre alt und machen 2025 Ihr Abitur. Und danach? Ein Studium der Politologie?

Maurits Fühner: Nein, ich mache zunächst eine Ausbildung. Ein Studium wäre mir zu theoretisch. Ich möchte gerne einen besseren Zugang zur Realität bekommen und wissen, was den Menschen Kummer bereitet. Darum habe ich mich auf eine Ausbildungsstelle als Feuerwehrmann und Notfallsanitäter in Hamburg beworben. Hier bin ich Mitglied der freiwilligen Feuerwehr. Daher kommt mein Berufswunsch.

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