Weihnachtsaktion 2024 Ein Tag bei den Alltagshelden in Wiesmoor
Armut lindern, das ist das Ziel der Alltagshelden. Doch wie sortiert, verpackt und verteilt der Verein die Spenden? Wir werfen einen Blick hinter die Kulissen.
Wiesmoor - Es ist kalt im Wiesmoorer Lager der Alltagshelden. Je weiter ich reingehe, desto stärker duftet es nach Kaffee. In der Küche der Alltagshelden in Wiesmoor sitzen sieben Helfer und Helferinnen dicht gedrängt. Sie reden über Privates, Lustiges, tauschen sich aus. Seit 8 Uhr sind die ersten von ihnen in dem Lager. Um 10 Uhr machen die Alltagshelden gemeinsam Pause. „Mittwochs gibt es Kuchen dazu“, sagt Lisa Mentz. Sie engagiert sich seit 2019 bei dem Verein und hat hier ein zweites Zuhause gefunden. Mit der diesjährigen Weihnachtsaktion will „Ein Herz für Ostfriesland“ zusammen mit der OZ, den ON und dem GA die Alltagshelden unterstützen. Der Verein hilft in ganz Ostfriesland Menschen in Notlagen mit Spenden, wie Kleidung oder Elektrogeräten.
In einem kleinen Büro gleich neben der Küche kümmert sich Lisa Mentz um den Papierkram, stellt die sogenannten Bedarfslisten auf und tritt in Kontakt mit den Spendenempfängern. Auf den Listen steht, was benötigt wird. Danach werden die Pakete gepackt. Ich darf heute mitmachen. „Wir wollen dich eine Bedarfsliste packen lassen“, schildert Lisa Mentz meine Aufgabe. Doch erst führt sie mich durch das Lager.
Enge Gänge und kaum Jungshosen
Wir laufen den Weg, den die Spenden in dem Lager nehmen. In der Spendenannahme starten wir. Das Rolltor zum Parkplatz steht fast den ganzen Tag offen, weil immer mal wieder Spenden angeliefert werden oder der vereinseigene Bulli Spendenpakete abholt. Deswegen stapeln sich an der einen Wand fertiggepackte Kisten. Zwei lange Tische stehen in dem Raum. Auf denen sortieren die Alltagshelden neu angekommenen Spenden vor und legen sie in Kartons. Wenn die voll sind, tragen die Alltagshelden sie nach nebenan ins Lager. Das ist größer als die Annahme, aber durch keine Tür abgegrenzt. Hier sind die Regale eng gestellt und bilden Abschnitte für die Abteilungen – mitten im Raum hängen die Winterjacken, die linke Hälfte des Raumes wird von Haushalts-, Spielwaren, Damen- und Herrenkleidung eingenommen. Rechts erstreckt sich die Kinderabteilung. Für den Verein ist die Hilfe für Kinder besonders wichtig, so Mentz. In einigen Fächern herrscht gähnende Leere. „Besonders die Kindergrößen von 50 bis 68 und 110 bis 134 haben wir immer zu wenig“, listet Mentz auf. „Jungenhosen brauchen wir ständig.“
Die vollen Kartons aus der Spendenannahme stapeln sich vor, unter und neben kleinen Tischen. Oben steht die Größe und dann folgen überall stets Pullover, Blusen, T-Shirts, Jeans, Jogging- und kurze Hosen. „Das System ist in jeder Abteilung gleich, damit wir in Ausnahmesituationen alle überall helfen können“, so Mentz zur Beschriftung. Unser Rundgang endet vor der Eingangstür zur Hauptstraße. „Wir haben extra hier die Bücher hingestellt, damit sie einen begrüßen und man sich gleich willkommen fühlt“, so Mentz. Auch die Bücher sind nach Altersgruppe eingeräumt. Hier stehen auch die Spendenpakete, die von den Empfängern selbst abgeholt werden.
OZ-Weihnachtsaktion 2024
Um den Alltagshelden Ostfriesland zu helfen, sammelt „Ein Herz für Ostfriesland“ für den Verein in Wiesmoor. Besonders Geldspenden sind für den Verein wichtig, da monatlich Kosten für Miete, Nebenkosten und mehr anfallen. Jede Spende hilft. Die Spendernamen werden bei der Weihnachtsaktion veröffentlicht. Wenn Sie spenden, aber nicht genannt werden wollen, vermerken Sie das bitte. Die Verwaltungskosten werden von der Zeitungsgruppe Ostfriesland getragen. Bei Beträgen ab 199 Euro kann per E-Mail an info@einherzfuerostfriesland.de eine Spendenquittung beantragt werden. Spendenkonto: Ein Herz für Ostfriesland gGmbH IBAN: DE89 2802 0050 7016 6111 01 Oldenburgische Landesbank AG Stichwort: OZ Weihnachtsaktion 2024
Spenden sortieren in der Kinderabteilung
Nun geht es für mich ans Spenden sortieren: Heute sind die beiden ehrenamtlichen Alltagsheldinnen Gesine Kiesow und Ulrike Binoit in der Kinderabteilung zugange. „Wir überprüfen die Kleidung, ob sie sauber und heil ist“, erklärt Gesine Kiesow. Sie streicht sorgfältig über einen Pullover, dreht ihn um und sieht ihn sich genau an. Der Pullover wird auf einem der kleinen Tische zusammengelegt und zum passenden Regal gebracht. „Das ist aber schön“, sagt Kiesow über den nächsten Pullover. Doch sie entdeckt ein Loch in dem blauen Stoff. Er landet statt im Regal in einem schwarzen Müllbeutel. „Wir haben die Regel, dass wir nur die Spenden annehmen, die wir selbst noch guten Gewissens nutzen oder verschenken würden“, so Mentz. Beim Zusammenlegen und Sortieren der Kleidung sind alle konzentriert. Wir begegnen uns oft auf den engen Gängen, machen Platz, während wir das richtige Fach suchen. Das offene Rolltor sorgt dafür, dass es recht kalt ist im Lager, doch die Bewegung hält warm. Manchmal höre ich, wie jemand fragt: „Welche Größe ist das denn jetzt?“ Bei einigen Stücken steht es nicht auf den Schildern oder wurde herausgeschnitten. Das geübte Auge und der Vergleich mit anderen Kleidungsstücken helfen.
„Die Taschenkontrolle finde ich unglaublich wichtig“, sagt Sabrina Krause-Barmann, die hier ehrenamtlich die Herrenkleidung sortiert. Immer wieder sind Taschentücher in den Hosen, sogar aus Stoff. Auch Kaugummis und Lutscher, Steine und andere Waldspaziergangsmitbringsel ziehen die Alltagshelden aus den Tiefen der gespendeten Hosen. Wenn mal ein Geldschein vergessen wurde, wandert er in die Spendenkasse. Monika Albachten ist bei den Alltagshelden fest angestellt und erinnert sich ganz besonders an einen Brief, der in einer Hose steckte. An die Namen kann sie sich nicht mehr erinnern. „Aber es war eine schwarze Jungenhose in der Größe 140. Da war ein Zettelchen drin und drauf stand: Ich liebe dich!“ Ob der Brief einfach vergessen wurde? Oder vielleicht haben die Eltern die Hose aussortiert und der Junge sucht nun verzweifelt seinen verschollenen Liebesbrief?
Pakete packen mit viel Herz
Das Telefon im Büro klingelt oft, die Klingel an der Tür auch. Es kommen einige, die Spenden abgeben wollen. Eine Familie holt mehrere Spendenkisten ab– eine Tüte mit Weihnachtsgeschenken ist ebenfalls dabei. Dankbar schütteln die Eltern Albachten die Hand und laden einen Kinderwagen in ihr Auto.
Albachten nimmt mich mit, um eine der Bedarfslisten zu packen. Darauf steht: Name, Telefonnummer und was gebraucht wird. Wir packen ein Paket für ein fünfjähriges Mädchen und für einen zweijährigen Jungen. „Jede Person, die auf einer Liste steht, bekommt von uns ein eigenes Paket. Das hat für uns auch etwas mit Wertschätzung zu tun“, so Albachten. In diesem Fall also zwei Kartons. Wir fangen mit dem Mädchen an.
„Es ist schwierig, bei Mädchen nicht immer nur Pferde und Rosa zu nehmen.“ Mir fällt auf, wie sehr die Alltagshelden auch darauf achten, den individuellen Geschmack zu treffen. Zuerst legt Albachten Schuhe und Socken in die Kiste, die ich halte. Dann folgen andere Kleidungsstücke und für Kinder gibt es immer noch ein paar Bücher und ein Kuscheltier obendrauf. „Wir wollen den Kindern Freude am Lesen vermitteln und in bestimmten Altersklassen auch auf die Schule vorbereiten“, sagt Albachten.
Bei dem Jungen darf ich aussuchen. Wir schauen noch mal nach, welches Alter er hat. Ich nehme ein Bilderbuch über Baustellen und eins mit Magneten. Es macht Spaß, die Sachen einzupacken und sich vorzustellen, wie sich der Junge darüber freut. „Ein Spendenkarton soll ein bisschen wie ein Geschenk sein“, so Albachten. „Wir wollen helfen und das Leben etwas einfacher machen“, und das tun sie mit viel Herz.