Leer Eine kleine Freude für geschlagene Frauen


Die Selbsthilfegruppe „Sag ja, zu Dir“ unterstützt Opfer von häuslicher Gewalt. Gründerin Mary-Ann Müller-Pirzkall hat erneut Spenden für die Frauenhäuser in Ostfriesland gesammelt.
Bunde - Mary-Ann Müller-Pirzkall ist glücklich. Drei Wagenladungen voller Spielsachen und Waren für den täglichen Bedarf im Wert von rund 1000 Euro hat sie mit ihrem Dacia vor Weihnachten zu den Frauenhäusern in Emden, Aurich und Leer transportiert. „Die Physiotherapie-Praxis Marc Ostendorp in Weener hat eine Toniebox gespendet, DM, Edeka und Combi in Weener haben ganz viele Hygieneartikel, Zahnbürsten, Spielzeug und vieles mehr gegeben“, berichtet sie.
Eigene Erfahrungen mit häuslicher Gewalt
Dass diese Dinge in den Frauenhäusern in Ostfriesland für die geschlagenen und vor ihren gewalttätigen Männer geflohenen Frauen einfach da sind, ist Mary-Ann Müller-Pirzkall eine Herzensangelegenheit, denn: „Ich war selber vor vielen Jahren in dieser Situation.“ Wenige Tage vor Weihnachten waren die damals Schwangere und ihre elfjährige Tochter von der Polizei aus ihrem Haus gerettet und in ein Frauenhaus gebracht worden. Nachbarn hatten die Beamten informiert, weil sie den ausufernden Streit bei der Familie nebenan gehört hatten.
Selbsthilfegruppe vor drei Jahren gegründet
„Wir hatten nichts als einen Rucksack mit dem Allernötigsten dabei“, schildert sie die Situation. Damals kehrte sie nach vier, fünf Tagen zu ihrem Ehemann zurück, immer in der Hoffnung auf eine Veränderung. Die trat aber niemals ein, so dass sich Mary-Ann Müller-Pirzkall von ihrem Mann trennte. Fünf Jahre lang hatte sie das Martyrium ertragen.
Um anderen Frauen in solch schrecklichen Situationen zu helfen, hat die 45-Jährige, die in Stapelmoorerheide lebt, vor drei Jahren die Selbsthilfegruppe „Sag ja, zu Dir“ für von Gewalt betroffene Frauen in Bunde gegründet. In diesem Rahmen sammelt sie zweimal im Jahr – im Frühjahr und im Herbst – Spenden für die Frauenhäuser. Dabei geht die Mutter einer 21-jährigen Tochter und eines zehnjährigen Sohnes proaktiv vor. Sie ruft die Firmen an und bittet um Unterstützung. „Jedes Jahr wird es mehr“, gibt ihr der Erfolg Auftrieb.
Frauen aller Gesellschaftsschichten betroffen
Zur Selbsthilfegruppe „Sag ja, zu Dir“ kommen regelmäßig etwa 20 Frauen, mal mehr, mal weniger. „Einige sind von Anfang an dabei, die Gemeinschaft gibt ihnen Sicherheit. Andere gehen nach einigen Monaten wieder. Sie wollen ihren Weg alleine weitergehen“, sagt Mary-Ann Müller-Pirzkall, die auch Einzelgespräche anbietet. „Einige Frauen sind noch nicht so weit, ihre Erlebnisse mit anderen teilen zu können.“
Von häuslicher Gewalt betroffen seien Frauen aller Gesellschaftsschichten, berichtet sie. Die meisten verbergen jahrelang, was sie in ihrer Familie erleiden müssen. „Sie schämen sich“, sagt Mary-Ann Müller-Pirzkall. Oft haben die Frauen bereits früher Erfahrungen mit Schlägen und sexuellem Missbrauch gemacht. Warum ausgerechnet sie sich einen gewalttätigen Mann als Partner aussuchen, erklärt Mary-Ann Müller-Pirzkall so: „Man nimmt, was man kennt.“
Betroffene haben oft als Kinder Gewalt erfahren
Sie selbst hatte eine schwere Kindheit, wurde von ihrem Stiefvater missbraucht. „Ein Mann, der liebevoll und wertschätzend mit mir umgeht, machte mich früher eher misstrauisch. Wo ist der Haken, habe ich mich gefragt.“ Erst eine Traumatherapie habe das aufgelöst und ihr ermöglicht, eine harmonische Partnerschaft einzugehen.
Diese Lebenserfahrung möchte die 45-Jährige teilen und andere Frauen ermuntern, über ihre Erfahrungen mit häuslicher Gewalt zu sprechen. Denn eines, ist für sie ganz klar. „Wer schlägt, ist Schuld. Wer schlägt, muss gehen.“ Die Selbsthilfegruppe „Sag ja, zu Dir“ trifft sich jeden zweiten und vierten Montag im Familienzentrum Bunde. Jeden ersten und dritten Montag gibt es eine Videokonferenz via Zoom. Nähere Informationen gibt es unter Telefon 0173/4023861.
Zu den Spendern gehörten neben den genannten auch die Kinocenter in Papenburg, Leer und Aurich, Multi Süd, das Handelshaus Bünting sowie Anja Bröker und Janina Hofburg als Privatpersonen.