Waffenruhe in Nahost Diese aus Israel entführten Geiseln sollen freikommen

Cindy Riechau, dpa
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Von Cindy Riechau, dpa
| 30.01.2025 04:33 Uhr | 0 Kommentare | Lesedauer: ca. 5 Minuten
Israel wollte, dass die 29 Jahre alte Deutsch-Israelin Arbel Yehud als Zivilistin schon am vergangenen Samstag freikommt. Foto: Mahmoud illean/AP/dpa
Israel wollte, dass die 29 Jahre alte Deutsch-Israelin Arbel Yehud als Zivilistin schon am vergangenen Samstag freikommt. Foto: Mahmoud illean/AP/dpa
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Nach gegenseitigen Vorwürfen, die Waffenruhe-Vereinbarung verletzt zu haben, haben Israel und die Hamas nachverhandelt. Das Ergebnis: Weitere Geiseln kommen aus Gaza frei. Wer sind die Menschen?

Weitere aus Israel entführte Menschen kommen aus ihrer Geiselhaft im Gazastreifen frei. Israel und die Hamas haben sich kürzlich unter Vermittlung Katars auf die Freilassung von drei israelischen Geiseln außer der Reihe sowie auf weitere Punkte geeinigt. Zuvor hatten sich beide Konfliktparteien gegenseitig vorgeworfen, gegen die Waffenruhe-Vereinbarung zu verstoßen.

Da die Hamas am vergangenen Samstag nicht wie vereinbart eine israelisch-deutsche Zivilistin freigelassen hatte, blockierte Israels Armee vorübergehend die Rückkehr der in den Süden vertriebenen Gaza-Anwohner in den Norden des Gebiets. Nach der Einigung zwischen Israel und der Hamas dürfen sich die Menschen nun seit einigen Tagen in den Norden des Gazastreifens bewegen.

Israelischen Berichten zufolge sollen zusätzlich zu den drei israelischen Geiseln auch fünf aus Israel entführte thailändische Arbeiter freikommen. Ihre Namen sollen demnach erst nach ihrer Freilassung bekanntgegeben werden.

Im Gegenzug für die drei israelischen Geiseln entlässt Israel wieder mehr als 100 palästinensische Häftlinge aus israelischen Gefängnissen. 

Dies sind die drei Verschleppten:

Arbel Yehud

Die 29 Jahre alte Deutsch-Israelin Arbel Yehud sollte als Zivilistin eigentlich Teil der zweiten Geisel-Gruppe sein, die am vergangenen Samstag freikam. Die junge Frau wird nicht von der Hamas, sondern dem Palästinensischen Islamischen Dschihad (PIJ) festgehalten, hieß es aus Kreisen der Terrororganisation. Israelische Medien mutmaßten, dies sei der Grund, warum sie nicht gleich freigelassen worden sei. Die Organisation veröffentlichte vor einigen Tagen auch ein Video der jungen Frau. 

Yehud wurde am 7. Oktober gemeinsam mit ihrem Freund aus ihrem Haus im Kibbuz Nir Oz verschleppt. Ihr Partner wird weiter als Geisel im Gazastreifen festgehalten. Der Bruder der Frau, der ebenfalls in dem Ort in der Nähe des Gazastreifens wohnte, wurde während des Terrorangriffs getötet. Die Terroristen erschossen auch den Hund des Paares.

Berichten zufolge interessiert sich die junge Frau für Astronomie. Sie arbeitete demnach als Ausbilderin zu dem Thema in einer Regionalverwaltung im Süden des Landes.

Ihr Vater äußerten Medien gegenüber mehrfach seine große Sorge, dass die Deutsch-Israelin gefoltert oder sexuell missbraucht worden sein könnte. Der Mann hatte sich in israelischen Medien auch enttäuscht über Deutschlands Rolle bei den Bemühungen um die Geisel-Freilassung geäußert. Er warf der Bundesrepublik Untätigkeit vor.

In einer vom Forum der Geisel-Familien verbreiteten Erklärung teilten ihre Eltern wenige Tage vor ihrer angekündigten Freilassung mit, dass die Familie schwierige und nervenaufreibende Tage erlebe. „Wir sehnen uns nach dem Moment, in dem wir unsere Arbel wieder in die Arme schließen können.“

Gadi Moses

Der 80 Jahre alte Gadi Moses besitzt Berichten zufolge ebenfalls die deutsche Staatsangehörigkeit. Er lebte im Kibbuz Nir Oz. Er ist Agronom und hat mit seinem Fachwissen über Landwirtschaft beim Weinanbau und beim Gemüsegarten seines Heimatorts in Grenznähe zum Gazastreifen geholfen, wie das Forum der Geiselangehörigen mitteilte. Seine Familie beschreibt ihn demnach als hingebungsvollen Vater und liebenden Großvater. Berichten zufolge hat er drei Kinder und zwölf Enkel.

Moses wurde während des Hamas-Massakers aus dem Kibbuz entführt, seine Partnerin wurde damals bei einem Schusswechsel zwischen Terroristen und der israelischen Armee getötet. 

Laut israelischen Medien engagierte sich der 80-Jährige für ein friedliches Zusammenleben mit den Palästinensern. Terroristen verwüsteten seinen Kibbuz Nir Oz schwer. Sie töteten oder entführten ein Viertel aller Einwohner des Orts.

Der Palästinensische Islamische Dschihad (PIJ) veröffentlichte im Dezember 2023 ein Video von Moses. Angehörige sagten israelischen Medien damals, dass er darin nicht gut ausgesehen habe.

Agam Berger

Agam Berger ist eine Soldatin, die gemeinsam mit den vier am vergangenen Samstag freigelassenen Späherinnen der israelischen Armee von einem Militärstützpunkt in Nahal Oz entführt wurde. Die 20-Jährige blieb als einzige der Gruppe zunächst im Gazastreifen zurück. Die israelische Regierung hatte vor wenigen Tagen angekündigt, dass auch Berger neben Yehud am Donnerstag freikommen werde.

Auf Aufnahmen, die ihre Entführung festhalten, ist die Soldatin blutüberströmt und nur mit einem Schlafanzug bekleidet zu sehen. Ein Mitschnitt der verstörenden Bodycam-Aufnahmen der Terroristen wurde veröffentlicht, Szenen schwerster Gewalt wurden dabei nicht gezeigt. 

In ihrem letzten Anruf vor der Entführung sagte Berger, die seit vielen Jahren Geige spielt, Berichten zufolge zu ihrer Mutter, dass Terroristen auf sie schießen würden und alle weinten, sie aber keine Angst habe. 

Ein erstes Lebenszeichen aus ihrer Gefangenschaft im Gazastreifen erhielten die Eltern erst knapp zwei Monate später. Eine im November 2023 freigelassene entführte Frau sollte kurz nach ihrer Rückkehr in Bergers Namen deren Vater zum Geburtstag anrufen und ihm gratulieren. 

Die ehemalige Geisel erzählte Bergers Eltern demnach auch, dass ihre Tochter viel bete, aber auch Hunger leide. Die Frau berichtete den Eltern der Soldatin demnach auch von Momenten der Krise während Bergers Geiselhaft. Aus der Geiselhaft freigelassene Frauen sagten israelischen Medien aber auch, dass die 20-Jährige ihnen vor ihrer Rückkehr nach Israel die Haare geflochten habe und für andere Entführte eine Stütze gewesen sei.

15 Späherinnen wurden israelischen Angaben zufolge bei dem beispiellosen Angriff auf den Militärstützpunkt getötet, sieben entführt. Eine der Frauen wurde nach 23 Tagen von israelischen Einsatzkräften aus dem Gazastreifen gerettet, eine andere in Gefangenschaft getötet. Ihre Leiche wurde von der Armee aus dem Gazastreifen geborgen. Vier der Soldatinnen ließ die Hamas vergangenen Samstag frei.

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